Die innerdeutsche Grenze teilte Deutschland fast 40 Jahre lang – davon zwei Drittel der Zeit durch Mauern, Stacheldraht und die sogenannte Todeszone. In diesem für den Menschen gefährlichen Streifen Landschaft erblühte dadurch jedoch ein Refugium für die Tier- und Pflanzenwelt. “Das Grüne Band” nennt man diesen besonderen Naturraum heute. Mehr über die Geschichte des Bandes und den Kampf, es zu erhalten, erfährst Du in diesem Artikel.
Wusstest Du schon…?
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland in vier Besatzungszonen unterteilt. Die Siegermächte USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion hatten sich so Deutschland untereinander aufgeteilt. In der sowjetischen Besatzungszone kam es immer mehr zu einer Flucht der Bewohner in die westlichen Zonen. Um diese sogenannte Landflucht zu verhindern, baute die Sowjetunion eine Mauer. Diese Grenze wurde durch Wachtürme, Schießanlagen und Hunde nahezu unüberwindbar und wurde deswegen auch “Todeszone” genannt.
Entstehung des Grünen Bandes
Die innerdeutsche Grenze teilte Ost- und Westdeutschland ab 1949. Den Höhepunkt dieser Teilung erlangte die Grenze mit dem Mauerbau 1961, die auf einem 1.400 Kilometer langen Streifen mit 50 bis 200 Metern Breite bis 1989 Bestand hatte. Durch die jahrzehntelange Ungestörtheit, die durch die “Todeszone” entstand, erlangten Tier- und Pflanzenarten ein Refugium. Dieser Rückzugsort beheimatet heute mehr als 5.000 unterschiedliche Arten, 1.200 davon sind selten oder gefährdet. Ungefähr zwei Drittel der 177 Quadratkilometer großen Fläche besteht aus gefährdeten Biotopen. 17 Naturräume und 9 Bundesländer sowie 146 Lebensraumtypen werden durch den Streifen Natur miteinander vernetzt und ermöglichen den Austausch von Tier- und Pflanzenarten. Also genau das, von dem jede:r Naturschützer:in nur träumen kann. Denn ein genetischer Austausch fördert die Gesundheit von Populationen und sorgt für eine kontinuierliche Ausbreitung von Arten.

Langer Atem für den Naturschutz
Damit dieser Verbund von Lebensräumen als erhaltenswerte Besonderheit geschützt werden darf, benötigten Naturschützer:innen einen langen Atem und einiges an Überredungskunst.
Der Naturschützer Kai Frobel, der bereits 1975 begann, die Vogelwelt im Grenzstreifen zu untersuchen, organisierte nach dem Mauerfall das erste Treffen von Naturschützer:innen im wiedervereinigten Deutschland. Bei diesem Treffen wird der Gedanke des Grünen Bandes geboren. Bis zu seiner Umsetzung sollten jedoch viele Jahre vergehen.
Nach der Wende galt der grüne Streifen zeitweise als “rechtsfreier Raum”. In althergebrachten Ackerbauregionen sind die Flächen dadurch in kürzester Zeit wieder zu Ackerland umgewandelt worden. Auch das “Mauergrundstücksgesetz” bereitete den Naturschützer:innen Kopfschmerzen. Nach diesem Gesetz sollten die Grenzflächen den ehemaligen Besitzer:innen oder ihren Erb:innen für einen geringen Preis übergeben werden. Andere Flächen sollten auch ohne Besitzer:in aus dem Besitz des Bundes verkauft werden. Also wie gelang der Umbruch heraus aus diesen Ideen hin zum Schutz der grünen Oasen?

Übertragung der Flächen an den Naturschutz
Die herausragende naturschutzfachliche Bedeutung des Grünen Bandes ist zwischen 2001 und 2002 durch eine Bestandesaufnahme der Flora und Fauna belegt worden. Dies legte den Grundstein dafür, dass die Gebiete heute im Bundesnaturschutzgesetz verankert sind. In den Koalitionsvereinbarungen von 2005, 2009, 2013 und 2018 schaffte es das Grüne Band neben anderen Naturflächen dann in eine Auswahl von Lebensräumen, welche die Regierung unentgeltlich an den Naturschutz abgeben wollte. Damit wollten sie eine Privatisierung von besonderen Flächen verhindern und eine Pflege mit naturschutzfachlichen Zielen fördern. Bis heute sind insgesamt 165.000 Hektar an Naturschutz-Akteure übergeben worden, womit sie zum “Nationalen Naturerbe” Deutschlands gehören. Circa die Hälfte des Grünen Bandes sind dadurch geschützt und 87 Prozent gelten als naturnah.
Wusstest Du schon…?
“Nationale Naturmonumente” beschreiben seit 2010 eine neue Schutzgebietskategorie. In Thüringen wurde das Grüne Band dadurch 2018 im gesamten Bundesland unter Schutz gestellt. 2019 folgte Sachsen-Anhalt dem Beispiel. Der Slogan “Vom Todesstreifen zur Lebenslinie“ verbindet dabei ganz bewusst Erinnerungskultur und Naturschutz.

Grünes Band Europa – gewagte Vision
Der “Eiserne Vorhang” schlängelte sich jedoch nicht nur durch Deutschland, sondern durch ganz Europa. Entlang der damaligen länderübergreifenden Grenze befindet sich nun ein zusammenhängendes Refugium für Tiere und Pflanzen. Auf einer Länge von circa 1.400 km verbindet es Vegetations- und Klimazonen miteinander und schafft so einen grünen Korridor des Austausches mit globaler Bedeutung.
Seit 2003 arbeiten verschiedene Organisationen in 24 Ländern in der Initiative Grünes Band Europa, um die wertvolle Natur entlang der alten Grenze zu erhalten und zu fördern.
Es gibt vier Hauptregionen: Fennoskandinavien (klug für die geologisch-geografische Fläche von Norwegen, Schweden, Finnland und einem vorgelagerten Bereich Russlands), Ostsee, Zentraleuropa und den Balkan. Neben weiten Wäldern finden sich hier auch Moore, Seen, Flüsse oder Meeresküsten. Durch die vielfältigen Habitate bietet das Grüne Band Europa neben Großräubern wie Elchen, Braunbären oder Wölfen auch Kegelrobben oder Fischottern eine Heimat.
Es steht damit nicht nur für intakte Ökosysteme und herausragenden Naturschutz, sondern ist ein bemerkenswertes Beispiel für internationale Zusammenarbeit.

Wusstest Du schon…?
Neben den Naturschutzverbänden pflegt auch der Deutsche Staat selbst die grünen Oasen. Dazu beauftragt der Bund sowie auch einige der Naturschutzorganisationen den Bundesforst. Der Bundesforst betreut Flächen des Staates und achtet darauf, dass die wertvollen Lebensräume ihre Qualität behalten. Durch gezielte forstliche Eingriffe pflegen sie die Landschaft – nicht nur förster-typisch den Wald – und verbessern Biotope wenn möglich noch weiter.
Hat der Artikel Euch neugierig gemacht und Ihr wüsstet gerne mehr dazu? Dann lasst uns gerne in den Kommentaren wissen, ob Euch auch Ausflugsziele in diesen grünen Streifen interessieren.
Bis dahin könnt Ihr schon mal mit dem Rad den 160 km langen Mauerradweg in Berlin erkunden!
Quellen:
https://www.bfn.de/gruenes-band
https://www.bund.net/themen/gruenes-band/gruenes-band-europa
https://www.bund.net/gruenes-band
https://www.bund-naturschutz.de/natur-und-landschaft/gruenes-band
https://www.bund-naturschutz.de/natur-und-landschaft/gruenes-band#c124962
https://www.bund-naturschutz.de/natur-und-landschaft/gruenes-band/geschichte-gruenes-band

