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​​Die Küstentanne: Eine Tanne für den Wald der Zukunft?  

Schon seit geraumer Zeit bereiten der Klimawandel und das Wohlergehen unserer Wälder den Förster:innen Sorge. Die Folgen der Erderwärmung machen den meisten unserer heimischen Baumarten zu schaffen, reißen Lücken in das Ökosystem Wald und wirken sich so auch auf die Verfügbarkeit von Holz aus.
Die Küstentanne (Abies grandis), die eigentlich aus dem Westen Nordamerikas stammt, könnte Abhilfe schaffen und Lücken im Wald wieder füllen, den Holzvorrat wieder aufstocken und eine Zukunft in unseren Wäldern haben. Warum die Küstentanne gar nicht so neu ist, was sie sonst noch besonders macht und wie Ihr sie erkennt, erfahrt Ihr in diesem Artikel.

In dem Revier, in dem Simon Förster ist, stehen beachtliche Küstentannen.

Die Küstentanne erkennen

Die Küstentanne ist ein immergrüner Nadelbaum. Wenn sie noch jung ist, könnt Ihr sie an der glatten und grauen Rinde erkennen. Danach bilden sich kleine Blasen an der Rinde. Wenn Ihr diese mit dem Fingernagel ankratzt, quillt Baumharz hervor. Die Rinde wird mit zunehmendem Alter schuppig, rissig und dunkelbraun.

Wie viele Tannenarten auch hat die Küstentanne glänzende, flache und weiche Nadeln, welche auf der Unterseite zwei helle Streifen haben. Wenn Ihr die Nadeln mal in die Hände nehmt und zerreibt, könnt Ihr einen Zitrusduft wahrnehmen.

In Deutschland gehört die Küstentanne zu einer der höchsten Baumarten und kann bis zu 50 Meter groß werden. Von weitem könnt Ihr sie daran erkennen, dass ihre Krone spitz zuläuft.

Für Zitrusgeruch einfach ein paar Nadeln in der Hand zerreiben.

Wusstest Du schon…?
Die Küstentanne kann in ihrer eigentlichen Heimat im Westen Nordamerikas sogar eine Höhe von bis zu 100 Metern erreichen und gehört damit zu den höchsten Tannen der Welt. Die größten Exemplare stehen in den USA.

Herkunft der Küstentanne

Die Küstentanne stammt aus Nordamerika und wächst dort vor allem in regenreichen Wäldern an der Westküste der USA und Kanada. Wegen der guten Holzqualität und des schnellen Wachstums wurde ihr Saatgut schon 1833 nach Europa und Deutschland gebracht, wo forstliche Versuchsanstalten mit den ersten Anbauversuchen begannen.

Die Ende des 19. Jahrhunderts gestarteten Anbauversuche waren erfolgreich. So wurden damals einige der heutigen Bestandsflächen, also Küstentannen-Flächen, begründet. Diese liegen heute in Deutschland vor allem in Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Mittlerweile wird die Küstentanne vor allem in Mischbeständen, also Wäldern mit vielen verschiedenen Baumarten wie Buchen oder Douglasien, gepflanzt.

Obwohl die Küstentanne schon lange in Deutschland vorkommt, ist ihr Bestand relativ gering, besonders im Vergleich zu unseren Hauptbaumarten wie Fichte, Kiefer, Buche oder Eiche.

Das könnte sich jedoch in Zukunft ändern. Denn gerade im Hinblick darauf, wie sich unser Wald in den letzten Jahren schon verändert hat, rückt die Küstentanne durch einige interessante Eigenschaften weiter ins Bewusstsein vieler Förster:innen.

In diesem Mischwald vermehrt sich die Küstentanne natürlich. Auf dem Waldboden sind einige junge Exemplare zu sehen.

Küstentanne gegen den Klimawandel?

Die Küstentanne kann sich sehr gut an verschiedene Bodenverhältnisse anpassen und hat eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Schädlingen und Pilzkrankheiten, die in den Wäldern zunehmend problematisch werden.

Auch beim Stichwort Dürreperioden und extreme Stürme, welche in Zeiten des Klimawandels zunehmen werden, ist die Küstentanne zum Beispiel durch ihr tiefes Pfahlwurzelsystem gut vorbereitet. Das Pfahlwurzelsystem verleiht der Küstentanne die Eigenschaft, auch in trockenen Zeiten an Wasser in tieferen Schichten des Bodens zu kommen. Die tiefen Wurzeln machen die Küstentanne außerdem stabiler und weniger anfällig für die heftigen Stürme.

Einige Eigenschaften sprechen also dafür, dass die Küstentanne gut gegen Folgen des Klimawandels gerüstet ist. Damit wäre sie in unseren Mischwäldern der Zukunft zumindest für ein stabiles und intaktes Ökosystem und vielleicht ja auch für die Produktion von Holz ein echter Gewinn.

Edit:
Wir haben von Euch Feedback bekommen, dass es der Küstentanne in Euren Wäldern nicht so gut geht, wie bisher veröffentlichte Forschung uns glauben lässt. Das nehmen wir natürlich ernst! Daraufhin haben wir direkt in der Wissenschaft nachgefragt. Die Küstentanne wird als Zukunftsbaum untersucht und schien bis vor Kurzem klimawandelresistent. Doch die letzten ein bis zwei Jahre haben leider etwas anderes gezeigt und die Küstentanne ist scheinbar anfälliger gegenüber Pilzen und Krankheiten. Diese Erkenntnisse sind allerdings so neu, dass sie noch nicht veröffentlich wurden! Manchmal kann der Prozess wissenschaftlichen Arbeitens eben nicht mit dem Klimawandel mithalten.

Ein Meer aus kleinen Küstentannen.

Eine produktive Tanne?

Die Küstentanne ist nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern auch für die Holzproduktion und Holzindustrie spannend für die Zukunft, denn Ihr Holz ist weich und lässt sich gut verarbeiten.

Das Holz der Küstentanne ist außerdem eher wenig verharzt, was sowohl bei der Bearbeitung im Sägewerk, als auch bei der Trocknung vorteilhaft ist. Im Sägewerk verschmutzt und verklebt Harz oft die Maschinen und bei der Trocknung führt es dazu, dass Wasser nicht gut aus dem Holz entweichen kann. Holz, das besonders viel Harz hat, trocknet also langsamer und unregelmäßiger. Das Holz der Küstentanne ist wegen dieser Eigenschaften in der Papierproduktion und im Möbelbau beliebt.

Die Küstentanne wächst außerdem schneller als viele heimische Baumarten und hat noch eine weitere wichtige Eigenschaft: Ihr Stamm ist vollholzig. Vollholzig beschreibt die Form des Stammes und dass dieser auch oben in der Krone noch relativ dick ist. Das Gegenteil von vollholzig ist abholzig und beschreibt einen Stamm, der mit zunehmender Höhe stetig dünner wird.

Der sonnenbestrahlte Stamm der Tanne.

Dass der Stamm der Küstentanne auch hoch oben in der Krone noch einen relevanten Durchmesser aufweist, steigert natürlich die Menge Holz, die man ernten kann. Das führt natürlich auch dazu, dass wir im gesamten vielleicht weniger Bäume fällen müssen. So sparen wir nicht nur Aufwand und Mühen, sondern auch Kosten.

All diese Eigenschaften der Küstentanne führen also zu einer hohen Produktivität in der Holzproduktion und machen sie damit auch zu einem wichtigen Faktor für die Forstwirtschaft der Zukunft.

Wusstest Du schon…?
Wegen ihrer Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel spricht man bei Baumarten wie der Küstentanne von sogenannten Zukunftsbäumen.

Mit dem Begriff Zukunftsbäume sind solche Arten gemeint, die mit den zukünftigen Veränderungen des Klimas in Deutschland und Europa umgehen können.

Diese Arten werden also womöglich zu einem festen, stabilen und wichtigen Bestandteil unserer Wälder der Zukunft sein. Damit könnten die Zukunftsbäume die ein oder andere heimische Baumart, die sich nicht an die Veränderungen des Klimas anpassen kann, ersetzen.

Und die Nachteile?

Trotz ihrer Vorteile gibt es auch Bedenken bei der verstärkten Nutzung der Küstentanne. Es bleibt zum Beispiel die Sorge, dass sie als nicht heimische Baumart langfristige ökologische Auswirkungen auf unsere Wälder hat. Solche Auswirkungen kann man erst nach langfristigen Anbauversuchen mit entsprechender wissenschaftlicher Untersuchung herausfinden. Die Küstentanne benötigt in jungen Jahren außerdem ausreichend Feuchtigkeit, um gut anzuwachsen, was in trockenen Regionen Deutschlands durchaus ein Problem darstellen kann.

Außerdem besteht wie auch bei allen anderen Baumarten natürlich die Gefahr, dass sich vor allem bei zu starker Monokultur-Nutzung künftig Schädlinge auf sie spezialisieren und so eine solche Kultur erheblich bedrohen könnten.

In Mischbeständen machen die kleinen Tannen eine gute Figur.

Wie viel Küstentanne braucht unser Wald?

Noch ist die Küstentanne in unseren Wäldern eine eher seltene Erscheinung. Trotzdem ist sie längst mehr als ein forstliches Versuchsexperiment und hat sich nun schon seit einiger Zeit bewährt und sich in viele Mischbestände integriert.

Gerade ihre Eigenschaft, gut mit Trockenperioden umzugehen, sowie die Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge sprechen dafür, dass wir die Küstentanne in Zukunft noch mehr in unsere Mischbestände einbringen sollten, wenn wir dem Klimawandel etwas entgegensetzen wollen.

Wie hoch der Anteil der Küstentanne in unseren Wäldern der Zukunft allerdings wirklich sein wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch, dass sie auch heute schon als Ergänzung heimischer Baumarten eine Bereicherung für klimastabile Wälder darstellt und für die Zukunft ein großes Potenzial bereithält.

Quellen:

https://www.holzvomfach.de/fachwissen-holz/glossar/abholzigkeit/

https://www.waldwissen.net/de/waldwirtschaft/waldbau/grosse-kuestentanne#c79245

https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/baeume-und-waldpflanzen/nadelbaeume/hoehenwachstum-der-grossen-kuestentanne

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