Bits statt Bäume zählen – Willkommen im digitalen Wald!

Mit Zollstock und Maßband durch den Wald spazieren und hier und da mal an einen Baum halten – das reicht leider nicht, um einen Wald und das Holz darin sinnvoll zu vermessen. Dafür hat man verschiedene Methoden und Instrumente entwickelt, die das Ganze etwas leichter machen. Aber der Wald entwickelt sich immer weiter, unsere Ansprüche an ihn verändern sich und damit auch unsere Methoden: Herzlich willkommen im digitalen Wald. In diesem Artikel nehmen wir Euch mit zu Forschungsprojekten, die sich mit genau dieser Entwicklung beschäftigen und die wir für zwei Videoproduktionen begleiten durften!

Unser Wald verändert sich

Über Jahrzehnte hat man im Wald vor allem eins im Fokus gehabt: die Holzproduktion. So entstanden – vor allem in der Nachkriegszeit – Monokulturen, oder forstlich richtig Reinbestände. Heute wollen wir lieber Mischwälder haben, warum lest Ihr am besten hier nach. Das bedeutet, die Bäume stehen nicht mehr auf gleicher Höhe und mit gleicher Dicke in Reih und Glied. Wir können nicht mehr durch den Wald durchschauen, sondern blicken auf eine grüne Wand. Während so ein Mischwald einige Vorteile hat, bringt er auch eine klare Schwierigkeit mit sich: Es ist viel anspruchsvoller, den Überblick zu behalten. Wie viel Holz steht im Wald? Wie ist der Zustand des Waldes? Diese Fragen lassen sich nicht mehr auf den ersten Blick beantworten und auch die Nutzung unserer bisherigen Messinstrumente wird schwieriger.

Wie messen wir den Wald?

Mit Kluppe, Bitterlichstab und Baumhöhenmessgerät. Wer jetzt nur Fragezeichen in den Augen stehen hat, keine Sorge. Hier kommt eine kurze Erklärung:

  • Kluppe: Die Kluppe ist ein Messgerät, um den Durchmesser von Bäumen bzw. Rundhölzern zu messen. An einem Messstab ist ein bewegliches Element, das man verschieben und so an den Baum anpassen kann. Dadurch kann man den Durchmesser einfach ablesen. Das macht man meist auf Brusthöhe.
  • Bitterlichstab: Der Bitterlichstab, benannt nach seinem Erfinder, sieht in etwa so aus wie ein Zollstock, hat aber andere Zählfaktoren. Mit der Dicke der Plättchen am Bitterlichstab kann man die Dicke von Bäumen anpeilen und kriegt so relativ schnell einen Überblick, wie viel Holz auf einer Fläche steht.
  • Baumhöhenmessgerät: Diese Gerät misst – Überraschung – die Höhe der Bäume. Und das ganz ohne in die Krone des Baumes hochzuklettern!

Das klingt alles ganz logisch, aber erscheint recht mühselig. Ein geübter Mensch kann mit diesen Methoden circa 30 Hektar Wald am Tag vermessen. Eine Drohne vermisst ganz entspannt 100 Hektar pro Stunde. Und damit kommen wir zu den neuen Möglichkeiten und in den digitalen Wald!

3D-Forst

Hier seht Ihr den Wald im Computerspiel-Modus.

Die Forschungsprojekte arbeiten mit Drohnen, KI und 3D- Erfassungstechniken, um die Waldinventur zu vereinfachen. So kann man sogar digitale 3D-Modelle von ganzen Waldflächen erstellen! Das sieht dann ein bisschen so aus wie bei Zoo Tycoon, falls Ihr das Computerspiel noch kennt, ist aber enorm hilfreich. Es sind verschiedene Darstellungen möglich, die uns Infos über die verschiedenen Ebenen im Wald geben. Man kann sich die Geländebeschaffenheit mit dem Wegenetz anzeigen lassen, die Höhe der Baumkronen und jeder einzelne Baum wird gezählt.

Möglich ist dies durch Satelliten, Flugzeuge und in diesem Projekt vor allem Drohnen. Diese Drohnen sind unter anderem mit besonderen Sensoren ausgestattet, den sogenannten Lidar-Sensoren. Diese senden Laserstrahlen aus und vermessen anhand der Rücklaufzeit dieser Strahlen, was da im Wald steht und wie groß das ist. Noch genauer kann diese Messung werden, wenn man zusätzlich noch mit den Lidar-Sensoren durch den Wald läuft, so erfasst man zum Beispiel auch den Brusthöhendurchmesser.

Felix und die Drohne vermessen jetzt den Wald.

Wusstest Du schon…?
Der Brusthöhendurchmesser ist im Forst eine wichtige Größe. Will man den Durchmesser eines Baumes angeben, wenn das Holz zum Beispiel in den Verkauf geht, misst man diesen immer auf Brusthöhe. Damit man immer die gleichen Werte misst, hat man die Brusthöhe irgendwann auf 1,30 Meter festgelegt. Ganz egal, ob die messende Person 1,50 oder 2 Meter groß ist!

Wege im digitalen Wald

In dem zweiten Projekt, das wir filmisch begleiten durften, steht nicht das Holz im Wald im Vordergrund, sondern die Wege. In Deutschland sind so gut wie alle Waldflächen mit einem Wegenetz erschlossen. Das ist auch gut so, denn Waldwege haben einige Funktionen: Sie erleichtern den Abtransport des Rohstoffes Holz, sie dienen als Rettungswege und schützen den restlichen Wald. Die schweren LKWs und andere Fahrzeuge halten sich an diese Fahrspuren, sodass der Waldboden möglichst unangetastet bleibt. Wichtig dafür ist, dass man einen guten Zustand dieser Wege erhält.

Da Waldwege nie eine geschlossene Fahrbahndecke haben, entstehen bei der Nutzung durch schwere Fahrzeuge immer wieder Schäden. Sie drücken das Material der Wege an die Ränder und darüber hinaus und es entstehen Schlaglöcher. Man muss also regelmäßig erfassen, wie viel Wegstrecke beschädigt ist, denn um ein einzelnes Schlagloch zu reparieren, fährt niemand los.

Dafür nutzt man bisher zum Beispiel eine Art Laufrad, mit dem man die Strecke ablaufen kann. Das dauert. Stattdessen haben findige Forschende um Prof. Notni eine digitale Lösung entwickelt.

Dieses sehr, sehr teure Auto misst die Waldwege. So kommen sie vom echten in den digitalen Wald!

Auf einem Fahrzeug sind so viele Kameras und Technik angebracht, dass das Ding insgesamt so viel kostet wie ein Haus. Dafür kann es auch sehr viel! Verschiedene Kameras und Lidar-Sensoren messen den Zustand der Wege, indem man sie ganz einfach abfährt. Dabei geht es nicht nur um das ein oder andere Schlagloch, man misst auch zu den Seiten hin und nach oben. Damit Wege lange erhalten bleiben und große Fahrzeugen über sie hinweg düsen können, dürfen Wege möglichst nicht überwachsen sein.

Zusätzlich steht auf dem Auto noch ein Server, der die Daten direkt verarbeitet. Man kann sich also in Echtzeit anschauen, wie ein Modell des Wegenetzes entsteht! Ganz schön cool, oder?

Wofür das Ganze?

Skeptische Personen können jetzt einwenden, wofür das alles? Warum muss man teure Instrumente entwickeln, wenn es doch Messmethoden gibt?

Die Digitalisierung des Waldes bringt vor allem zwei Vorteile. Zum einen sind die so erfassten Daten wesentlich genauer und es ist einfacher, diese Informationen aktuell zu halten. Die Laser sind zum Teil auf den Zentimeter genau, sodass sie aus der Luft anhand der Rinde die Baumart bestimmen können. So umfangreiche Informationen über ganze Wälder zu sammeln war bisher einfach nicht möglich. Bisher wissen wir noch gar nicht, was für ungenutzte Möglichkeiten in diesen umfangreichen und genauen Daten liegen. Da eröffnen sich gerade ganz neue Richtungen!

Zum anderen spart man extrem viel Zeit. Da der Fachkräftemangel vor dem Forst keinen Halt macht, ist das ein nicht zu unterschätzender Faktor. Die Digitalisierung ist daher auch im Wald notwendig, damit sich Forstleute weiter gut um unsere Wälder kümmern können.

Der (gespielt) derangierte Felix findet gut, wenn man die Wälder leichter messen und in Stand halten kann!

Wie gefällt Euch dieser Einblick in die Forschung und Entwicklung? Wir sind total gespannt, was noch alles möglich sein wird. Habt Ihr noch mehr Beispiele? Oder Fragen? Schreibt es uns in die Kommentare!

Quellen:

https://www.fnr.de

https://digitalisierung.fnr.de/videos

https://www.hs-nb.de

https://www.ogf.de

https://www.fh-erfurt.de

https://www.tu-ilmenau.de

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