Der Sanddorn (Hippophaë rhamnoides) aka Zitrone des Nordens, hat nicht nur viele verrückte Namen, sondern auch so einiges Verrücktes drauf. In der Forstwelt ist er zwar nicht von großer Bedeutung, aber wahrscheinlich habt Ihr schon von seinen gesunden Früchten gehört (neuer Spitzname: Superfood-Sanddorn). Was der Sanddorn sonst so Cooles kann, erfahrt Ihr in diesem Artikel!
Schön, aber wehrhaft
Der Sanddorn gehört zur Familie der Elaeagnaceae, auf deutsch: Ölweidengewächse. Er kann entweder als Strauch bis zu 3 m hoch werden oder als kleines Bäumchen bis zu 6 m. Seine Blätter sehen ein wenig aus wie die Blätter einer Weide. Sie sind lang, schmal und dunkelgrün auf der Oberseite. Auf der Unterseite haben sie kleine weiße Schildhaare.
Schildhaare sind abgestorbene Zellen der Haut des Blattes (auf schlau nennen wir sie “abgestorbene Epidermiszellen”), die dem Sanddorn dabei helfen Wasser einerseits aufzunehmen und andererseits in der Pflanze zu halten. Sie sind für den Sanddorn also eine Art Verdunstungsschutz und verleihen seinen Blättern einen silbrigen Schimmer. Neben den Schildhaaren ist der Sanddorn, wie der Name schon verrät, mit Dornen ausgestattet. Seine Dornen helfen ihm dabei, nicht gefressen zu werden. Für uns können die Dornen allerdings ein ziemliches Hindernis sein. Wollt Ihr zum Beispiel seine schönen orange-leuchtenden Früchte pflücken, werdet Ihr merken, dass die Dornen des Sanddorns ganz schön pieksen!
Hinter den Dornen: bunte Früchte
Die Früchte (botanisch korrekt eigentlich Steinfrüchte) sind meistens orange, können aber auch ins rötliche oder gelbe gehen. Die Steinfrüchte findet Ihr allerdings nicht an allen Exemplaren, der Sanddorn ist nämlich diözisch. Das heißt, dass es rein männliche und rein weibliche Sanddorne gibt, so ähnlich wie beim Menschen. Das bedeutet, dass einige Pflanzen männliche Blüten ausbilden und andere wiederum weibliche. Dies geschieht zwischen April und Mai. Die Bestäubung beim Sanddorn übernimmt der Wind. Findet der Pollen eines männlichen Sanddorns seinen Weg in die Blüte eines weiblichen Sanddorns, entsteht dort eine Steinfrucht. Dadurch verhindern die Bäume Inzucht auf eine effektive Weise. Eine weitere Baumart, die diözisch ist, ist zum Beispiel die Eibe.
Wusstest Du schon…?
Der Sanddorn trägt den poetischen Namen “Zitrone des Nordens”, weil seine Steinfrüchte mehr Vitamin C enthalten als Zitronen oder Orangen.
Wunderbares Wurzelwerk
Der Sanddorn bevorzugt sandige und kalkige Böden, denn mit Säure kann er nicht so gut umgehen. Außerdem braucht er viel Licht. Er stirbt, wenn ihm andere Bäume das Licht oder den Platz der Wurzeln streitig machen. Ihr fragt Euch jetzt bestimmt, wie das überhaupt zusammenpassen soll – ein Strauch oder ein Bäumchen, das maximal 6 m hoch wird, wird doch bestimmt von anderen Bäumen überwachsen. So eine Buche z. B. kann ziemlich groß werden. Der Sanddorn hat das Problem recht gut gelöst: anstatt sich im Wald mit den anderen Bäumen um Licht und Platz zu kabbeln, fühlt er sich dort wohl, wo niemand sonst hin will. Wie der Name schon verrät mag der Sanddorn es sandig (oder auch kiesig, aber Kiesdorn klingt nicht so schön), weshalb er häufig auf Dünen vorkommt. Er hat auch kein Problem mit Salz und dort ist es in der Regel sonnig und konkurrenzlos.
Sanddorn sagt „Bis bald im Wald“
Sein Rückzug aus dem Wald wird unter anderem durch seine Wurzeln ermöglicht. Diese können bis zu 12 m in jede Richtung wachsen und bilden so ein riesiges Wurzelsystem, das tief in den Boden reicht. Dadurch kann der Sanddorn nicht nur gut Nährstoffe aus dem Boden ziehen, er kann sich auch gut im sandigen Boden verankern. Für die Dünen ist dies besonders wichtig, weil der Sanddorn dadurch verhindert, dass die Düne weggespült oder weggeweht wird. Deshalb stehen die Dünen-Sanddorn-Gebüsche auf den sogenannten Graudünen an der Nord- und der Ostseeküste in Deutschland unter Schutz.
Das ist allerdings noch lange nicht alles, was die Wurzeln des Sanddorns zu bieten haben. Neben der vegetativen Vermehrung, die ebenfalls über die Wurzeln geschieht, bildet der Sanddorn eine Symbiose mit den Knöllchenbakterien Aktinorrhiza an seiner Wurzel, ähnlich wie die Erle. Diese fixieren den Luftstickstoff und versorgen damit den Sanddorn, der Stickstoff zum Wachsen benötigt. Dafür brauchen die Knöllchenbakterien allerdings Wasser und deshalb passt dem Sanddorn der Lebensraum an der Küste Norddeutschlands so gut. Da pladdert dat regelmäßig!
Wusstest Du schon…?
Der Sanddorn mag es, wie bereits erwähnt, gerne nass. Die Folgen, wenn ihm zu trocken wird, sind leider echt gravierend. Es gibt da nämlich einen Pilz (oder mehrere Pilzarten – die Forschung ist noch am Untersuchen), die den Sanddorn befallen, wenn es ihm ohnehin schon schlecht geht, z. B. durch die Trockenheit. Auf schlau heißen die Pilze dann: Sekundärschädlinge. Deshalb kam es in den letzten Jahren durch die steigenden Temperaturen zu immer mehr befallenen Sanddörnern. Durch das Gießen alleine wird das Problem allerdings nicht gelöst, scheinbar gibt es noch andere Faktoren, die dem Sanddorn zurzeit nicht gut tun. Es müssen also noch einige Experimente gemacht werden.
Liebevoll geteilt
Der Sanddorn versorgt mithilfe seiner Knöllchenbakterien nicht nur sich selbst mit Stickstoff, auch anderen helfen die zusätzlichen Nährstoffe. So profitieren z. B. der schwarze Holunder, die Hundsrose oder auch der Weißdorn von der Symbiose des Sanddorns. Dies führt dazu, dass sich die Graudünen weiter verbuschen, was schließlich in einer Bewaldung resultieren kann. Deshalb wird der Sanddorn gelegentlich als Pionierbaumart bezeichnet.
Wusstest Du schon…?
Graudünen sind Dünen, die etwas weiter vom Wasser entfernt sind. Sie liegen hinter den sogenannten Weißdünen. Wenn Ihr Euch eine Düne vorstellt, klassisch mit hellem Sand und ein wenig Gras, dann denkt Ihr Euch bestimmt an eine Weißdüne. Graudünen hingegen zeichnen sich dadurch aus, dass sie weniger Veränderung durch Wasser und Wetter ausgesetzt sind, da sie von z. B. Gräsern oder Sträuchern bewachsen sind, die die Dünen festigen. Diese Pflanzen tragen zur Bildung einer dünnen Schicht Humus bei.
Nicht nur seinen Stickstoff teilt der Sanddorn. Viele verschiedene Vogelarten fühlen sich bei ihm wohl und bauen zwischen seinen Ästen Nester, da er ihnen mit seinen Stacheln Schutz vor Angreifern bietet. Zudem versorgt er sie mit ausreichend Nahrung in Form seiner leuchtenden Früchte. Für die Vögel ist der Sanddorn also fast wie ein all-inclusive Hotel: er bietet Schutz, Nahrung und Meerblick! Die Vögel danken ihm, indem sie seine Samen verbreiten.
Wir essen, trinken, cremen, schmieren Sanddorn
Auch wir Menschen naschen gelegentlich die Früchte des Sanddorns, allerdings in der Regel nicht roh, da sie ziemlich sauer schmecken. Häufig bereiten wir den Sanddorn als Gelee, Saft oder Mus zu, es gibt jedoch auch Tee, Likör oder sogar Sirup. Unsere Obsession mit dem Sanddorn beschränkt sich nicht nur auf Nahrungsmittel. Es gibt auch diverse Cremes, Öle und andere Pflegeprodukte, die Sanddornfrüchte enthalten. Dies kommt daher, dass den orange-leuchtenden Früchten nachgesagt wird, sie seien gut für unser Immunsystem. Sie enthalten nämlich Vitamin C – und davon ganz schön viel! Wenig Saft einer einzelnen Frucht langt schon, um den Tagesbedarf eines Erwachsenen zu decken. Vitamin C hilft unter anderem beim Aufbau von unseren Knochen, unseren Zähnen oder bei der Verdauung. Außerdem enthält die Frucht Vitamin B12. Vitamin B12 ist ziemlich besonders, da es nur selten in Pflanzen vorkommt und sonst eher in tierischen Stoffen.
Er hat also wirklich für jeden etwas zu bieten. Naturschützer:innen freuen sich über die Dünen-Gebüsche, Ornitholog:innen können die Vielfalt der Vögel beobachten und wir alle können den gesunden Saft schlürfen. Was interessiert Euch am Sanddorn? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!
Quellen:
https://www.pflanzen-vielfalt.net/baeume-straeucher-a-z/baeume-uebersicht-l-z/sanddorn/
https://www.uibk.ac.at/elearning/eprojekte/projekte11/skript_bau-funktion_20111229-zu-2011240.pdf
https://www.wsl.ch/gehoelze/Sanddorn.pdf
https://www.infoflora.ch/de/flora/hippopha%C3%AB-rhamnoides.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Sanddorn#cite_note-Heinisch1947-3
https://www.deutschlands-natur.de/lebensraeume/duenen/duenen-mit-hippophae-rhamnoides
https://www.sanddorn.net/2020/index.php/ueber-uns/die-pflanze
https://www.bund.net/themen/tiere-pflanzen/pflanzen/sanddorn