Pioniere des Waldes

Pioniere sind Abenteurer. Sie wagen sich in die weite Welt hinaus und entdecken neue Gebiete. Das kann manchmal ganz schön holprig und auch gefährlich sein. Doch durch ihren Mut bereiten sie den Weg für andere und besiedeln neuen Boden. Solche Pioniere gibt es auch in der Pflanzenwelt. Welche Bäume dazu gehören und was ihre Besonderheiten sind, erfahrt Ihr in diesem Artikel.

Was zeichnet Pionierbäume aus?

Pionierbäume besitzen eine Reihe besonderer Fähigkeiten, die sie von anderen Baumarten wie der Buche oder der Eiche unterscheiden. Wahre Pioniere erschließen in kurzer Zeit neue Lebensräume. Sie können somit Borkenkäfer- oder Windwurfflächen schnell wieder bewalden. Das schaffen sie durch ihre sehr leichten Samen, die sich über große Entfernungen mit Hilfe des Windes weit verbreiten. Außerdem stellen sie ihre Verbreitung durch die Produktion von sehr, sehr vielen Samen sicher – und das jährlich. 

Pionierbäume brauchen viel Licht. Das macht sie zu perfekten Kandidaten für eine Freifläche. Sie zeichnen sich durch ein extrem schnelles Wachstum in den ersten Jahren aus, wodurch sie keine Gefahr laufen, von Konkurrenzvegetation wie Brombeeren oder großen Gräsern ausgedunkelt zu werden. Durch ihren Pioniercharakter kommen die Bäume natürlicherweise mit erschwerten Bedingungen zurecht. Sie haben geringe Ansprüche an die Wasser- und Nährstoffversorgung. Außerdem sind sie gegen extreme Wetterschwankungen, wie Spätfrost im Frühling oder Hitze im Sommer, gut gewappnet. In einem bestehenden Wald können sie sich allerdings nur schwer etablieren, da unter einem dichten Kronendach von Rot-Buchen oder anderen Baumarten zu wenig Licht auf den Boden fällt.

Die wichtigsten Eigenschaften von Pionierbäumen

  1. Viele Samen breiten sich über große Entfernungen aus
  2. Fruktifikation (Geschlechtsreife) schon in jungen Jahren
  3. Schnelles Jugendwachstum
  4. Geringe Standortansprüche
  5. Gut gewappnet gegen Extremwetter
  6. Geringe Schattentoleranz

Welche Pionierbaumarten gibt es?

Die Liste von Pionierbaumarten ist lang. Beispielhaft sind hier verschiedene Pappel- und Weiden-Arten zu nennen, über Birken und Vogelbeeren haben wir bereits Artikel geschrieben. Kiefern und Lärchen sind zwar nicht direkt Pionierbaumarten, aber haben ebenfalls gewisse Eigenschaften, die eine Pionierbaumart auszeichnen. So sind Lärchen durch ihr großes Lichtbedürfnis gut für die Bewaldung von Freiflächen geeignet und Kiefern können auf Standorten wachsen, die für andere Baumarten zu anspruchsvoll sind. Deshalb findet man sie übrigens auf den sandigen Böden in Brandenburg so häufig.

Weiden findet man meistens entlang von Gewässern. Eine Ausnahme bildet die Sal-Weide. Sie wird umgangssprachlich auch als “Wald-Weide” bezeichnet, denn sie wächst auch gerne an Waldrändern oder auf Freiflächen und erfüllt eine wichtige ökologische Funktion. Sie blüht bereits sehr früh im Jahr und bietet damit wichtige Nahrung für viele Insekten. Deshalb gilt sie als Lebensraum für über 1.000 verschiedene Insektenarten. Diese sind wiederum die Nahrungsgrundlage für zahlreiche Vögel, wie zum Beispiel den seltenen Kleinspecht. Ihr seht, jede Baumart hat eine wichtige Funktion im Ökosystem.

Wusstest Du schon…?
Die Zitter-Pappel ist ebenfalls eine Pionierbaumart. Ihr kennt sie vielleicht unter dem Namen “Aspe” oder “Espe”. Ihren Namen hat sie vermutlich durch die kleinen, feinen Blätter, die sich selbst bei wenig Wind bewegen. So hat sich das Sprichwort “Du zitterst wie Espenlaub” etabliert, wenn jemand vor Kälte oder Angst stark zittert.

Birken gehören zu den häufigsten Pionierbaumarten in Deutschland.

Die wichtige Funktion von Pionerbäumen

Viele Jahrzehnte wurden Birke, Erle und Aspe als lästig angesehen, da sie eine Konkurrenz zu den ertragreichen Hauptbaumarten darstellen. Heute hat sich dieses Bild ein wenig geändert und man duldet sie zumindest als Begleitbaumarten oder nutzt sie sogar manchmal als wirtschaftliche Hauptbaumart.

Pionierbaumarten erfüllen eine wichtige ökologische Funktion. Denn sie besiedeln als erste Bäume Freiflächen und erhalten somit ein kühles Waldklima. Und zwar ganz ohne zusätzliche Kosten für Pflanz- oder Saatgut. Die Pionierbäume bilden auf Kalamitätsflächen einen sogenannten Vorwald. Für Baumarten, die Schatten für ein ordentliches Wachstum benötigen, ebnen sie den Weg. Die Schattbaumart Rot-Buche kann beispielsweise unter besten Bedingungen unter dem Blätterdach eines Birkenvorwaldes anwachsen.

Profiteure vom Klimawandel

Man geht davon aus, dass Pionierbäume vom Klimawandel profitieren könnten und zukünftig eine noch wichtigere Rolle spielen werden als heute. Einerseits bieten sie großes Potential, um kostengünstig und schnell einen neuen Wald zu etablieren, wo Stürme oder der Borkenkäfer die letzten Jahre gewütet haben. Auch wenn man ertragreichere Baumarten, wie zum Beispiel die Eiche, pflanzen will, könnten Pionierbäume dabei helfen, Nahrung für Wildtiere zu bieten und damit den Verbissdruck auf die Eichen zu reduzieren.

Um Wildschäden an den jungen Douglasien zu reduzieren, können Pionierbäume hilfreich sein.

Durch den Klimawandel haben viele Bäume große Probleme. Sie können sich oftmals nicht schnell genug an die wärmeren Temperaturen und extremeren Wetterbedingungen anpassen. Hier haben Pionierbäume einen Vorteil. Durch die vielen Samen entsteht immer wieder eine genetische Selektion der Bäume, die am besten mit den neuen Gegebenheiten zurechtkommen. Außerdem passen sie ihr Wuchsverhalten sehr flexibel den Umständen an. So sind sie beispielsweise dazu in der Lage, tiefere Wurzeln auszubilden, wenn das Wasser knapp werden sollte. Pionierbäume sind somit wohl die Gruppe von Bäumen, die am besten für den Klimawandel gewappnet sind.

Auch lässt sich bei richtiger Pflege mit Weichlaubhölzern ertragreiches Wertholz “produzieren”. In anderen Ländern, wie beispielsweise Schweden, wird die Birke bereits sehr erfolgreich im Möbelbau verwendet. Schaut Euch doch mal eure Möbel an, habt Ihr auch bereits Holz von Pionierbäumen im Haus?

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