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Neophyten – Pflanzliche Migration

Im Containerschiff oder unter der Schuhsohle  – nicht heimische Pflanzenarten gelangen auf vielen Wegen zu uns. Manche davon beabsichtigt, andere kommen eher zufällig nach Deutschland. Zu den sogenannten Neophyten gehören auch die Tomate oder die Kartoffel – gut schmeckende Neophyten. Andere Neophyten können Förster:innen das Leben schwer machen, denn sie verdrängen heimische Baumarten. Was genau Neophyten sind, warum sie Gefahren für unsere heimischen Ökosysteme bergen und wie Ihr selbst dazu beitragen könnt, dass sie sich gar nicht erst ausbreiten, erfahrt Ihr in diesem Artikel.

Was genau sind Neophyten?

Diese schöne Zimmerpflanze ist aktuell sehr beliebt und steht zum Beispiel im Forst erklärt-Büro. Im Wald hat die Monstera allerdings nichts zu suchen!

Im Allgemeinen werden alle Arten, die nicht in Deutschland heimisch sind, sondern durch den Menschen hierher gebracht wurden, als Neobiota bezeichnet. Wenn eingeschleppte Tiere gemeint sind, nennen wir das Neozoen. Nicht heimische Pflanzen dagegen heißen Neophyten. Und um die geht es heute. Oftmals wird dabei auch von nicht heimischen oder gebietsfremden Arten gesprochen. Zu den Neophyten gehören zum Beispiel das Indische Springkraut und die Kanadische Goldrute. Diese Pflanzen sieht man mittlerweile sehr häufig an Waldrändern oder Böschungen. 

Wusstest Du schon…?
Das Jahr 1492 gilt als Stichjahr für die starke Ausbreitung von gebietsfremden Arten. In diesem Jahr entdeckte Christoph Kolumbus Amerika und der weltweite Handel stieg stark an. Alle Arten, die nach diesem Jahr neu eingeführt wurden, werden als Neobiota bezeichnet.

Wie gelangen Neophyten zu uns?

Doch wie gelangen diese Arten überhaupt hierher? Das kann ganz unterschiedliche Ursachen haben. Unter anderem durch den immer weiter ansteigenden, globalen Austausch von Waren und Handelsgütern. Beispielsweise können wir heute Möbel aus tropischem Holz (Teak, Mahagoni etc.) kaufen, das hier gar nicht wachsen würde. Oder uns ganz verrückte Zimmerpflanzen in die Bude stellen. Oder jeden Tag Toast mit Avocado essen. 

Mais ist eine attraktive Nutzpflanze, die vielfältig eingesetzt werden kann und heute großflächig auf über 2 Mio. Hektar in Deutschland angebaut wird. 

Manche Neophyten wurden beabsichtigt hier eingeführt, weil man sie zum Beispiel in der Landwirtschaft oder als Gartenpflanze nutzen wollte. Klassische Beispiele dafür sind Mais, Tomaten oder Kartoffeln. Diese Arten werden heute ganz normal in der Landwirtschaft angebaut. 

Wusstest Du schon…?
Die Hälfte der bei uns etablierten Neophyten wurde mit Absicht eingeführt. Die meisten davon als Zierpflanzen und der Rest für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke, also als Nutzpflanze. Die andere Hälfte gelangte unbeabsichtigt zu uns, bspw. als blinder Passagier beim Warentransport oder auf dem Rückweg aus dem Sommerurlaub am Autoreifen oder der Schuhsohle.

Diese schönen Blüten sind Euch vielleicht bereits an einem Waldrand aufgefallen. Das Indische Springkraut kommt ursprünglich aus dem Himalaya Gebiet und breitet sich vor allem an Wasser stark aus, wo es heimische Pflanzenarten verdrängt.

Ein weiteres Beispiel ist die Spätblühende Traubenkirsche aus Nordamerika. Diese konnte man bereits in 1623 in Gärten in Frankreich nachweisen. Eigentlich brachte man sie als Zierpflanze für Gärten und Parks nach Europa. Später gab es auch im Wald Pflanzversuche, wobei sich jedoch herausstellte, dass diese Baumart bei uns nur zu einem Strauch und nicht zu einem richtigen Baum wächst. Viele Förster:innen haben heute Probleme, diese Baumart wieder “weg” zu bekommen, denn sie breitet sich sehr schnell und großflächig aus. Dabei nimmt sie so viel Platz ein, dass andere Baumarten keine Chance haben, unter dem Neophyt zu wachsen.

Teilweise ist die Spätblühende Traubenkirsche in reinen Kiefernbeständen nützlich, da sie als Brand- und Windschutz fungiert und durch ihr Laub den Boden verbessern kann. Ein richtiger Baum wird bei uns aber nicht daraus. 

Blinde Passagiere

Die Kermesbeere breitet sich so stark aus, dass die heimischen Baumarten sich nicht mehr verjüngen können. Vermutlich gelangte sie durch achtlos entsorgte Gartenabfälle in den Wald.

Teilweise kommen Samen oder Pflanzenteile aber auch unbeabsichtigt, also als blinde Passagiere, bspw. an Bord eines Schiffs oder sogar unter der Schuhsohle mit hierher und können sich dann in der Natur und im Wald ausbreiten. 

Auch durch Abfälle, bspw. aus dem eigenen Garten, die achtlos im Wald entsorgt werden, gelangen neue Arten auf einmal in das Ökosystem und können riesige Schäden anrichten. Im Rhein-Main-Gebiet gibt es seit einiger Zeit zum Beispiel die Kermesbeere. Diese Strauchart breitet sich in einigen Waldgebieten, bspw. in Rheinland-Pfalz, extrem stark aus. Andere Baumarten, die natürlicherweise dort wachsen würden, werden dadurch so verdrängt, dass sie gar nicht mehr wachsen können oder absterben. So hat es der Förster Alex mittlerweile echt schwer einen klimastabilen Wald für die Zukunft zu etablieren. Mehr dazu erfahrt Ihr in diesem Video.

Wieso sind Neophyten problematisch?

Teilweise verschwinden die eingeschleppten Arten einfach wieder, da sie unter den neuen Bedingungen nicht überleben können. Wenn eine Art jedoch, ohne dass der Mensch weiter eingreift, bestehen bleiben kann und sich von alleine verbreitet, gilt sie als etabliert.

Wie bereits beschrieben, können Neophyten heimische Arten verdrängen, indem sie ihnen Nährstoffe oder Licht wegnehmen. Eingeschleppte Pflanzenarten können aber auch neue Krankheiten mitbringen. In ihrer Heimat hatten sie viele Jahrhunderte Zeit einen wirksamen Schutz gegen eine Krankheit zu entwickeln. Die einheimische Art kennt den neuen Erreger allerdings nicht und hat auch keine Abwehrmechanismen entwickelt. Das kann zum Absterben einer Baumart innerhalb eines großen Gebietes führen.

Auch für uns Menschen können Neophyten problematisch sein. Ein Beispiel dafür ist der Riesenbärenklau. Wenn Ihr diese Pflanze berührt, kann es zu starkem Hautausschlag kommen, denn diese Pflanze zerstört den natürlichen Sonnenschutz der Haut, wodurch es zu starken Verbrennungen kommen kann. 

Der Riesenbärenklau kann bis zu 3 m hoch werden. Anfassen solltet Ihr die Pflanze besser nicht. 

Was bedeutet invasive Art?

Das Bundesamt für Naturschutz beobachtet neuartige etablierte Arten. Dabei prüfen sie, ob die Pflanzenart invasiv ist. Invasiv bedeutet, dass diese Art negative Auswirkungen auf (eine) andere heimische Art(en) hat. Dabei wird auch unterschieden, ob die Art potentiell invasiv werden könnte oder bereits invasiv ist. 

Wusstest Du schon…?
Etwa 10 % der etablierten gebietsfremden Tier- und Pflanzenarten führen zu Problemen und Schäden innerhalb des heimischen Ökosystems. 

Doch nicht bei allen Arten ist die Einschätzung zur Invasivität vollständig geklärt. Eine umstrittene Art ist beispielsweise die Douglasie. Diese wird seit einigen Jahrzehnten vermehrt angebaut, da sie als Zukunftsbaumart als Ersatz für die Fichte gilt. Im Gegensatz zur Fichte wird sie vermutlich besser mit der zunehmenden Hitze und Trockenheit klar kommen. Das Bundesamt für Naturschutz stuft die Douglasie allerdings als invasiv ein, da sie “aus Sicht des Naturschutzes eine Gefährdung der heimischen Biodiversität darstellt” (Pukall 2014). Der Deutsche Verband Forstlicher Versuchsanstalten (DVFFA) vertritt hier eine weniger starke Kategorisierung. Mehr dazu könnt Ihr hier nachlesen.

Was kann man gegen invasive Arten tun?

Durch die Globalisierung ist es kaum zu vermeiden, dass nicht heimische Arten zu uns gelangen und sich eventuell auch hier ausbreiten.

Ihr könnt aber darauf achten, keine Gartenabfälle in den Wald zu werfen. Denn auch dadurch kann sich eine Pflanze auf einmal ungehindert ausbreiten, siehe Kermesbeere. 

Schuhe putzen!

Wenn Ihr in einem Gebiet unterwegs seid, wo es bereits Neophyten gibt, macht es Sinn die Schuhe nach dem Spaziergang dort ordentlich zu reinigen. So verhindert Ihr, dass sich dieser Neophyt auch in eurem heimischen Wald ausbreitet. Habt Ihr noch mehr Tipps? Schreibt sie uns gerne in die Kommentare!

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