Er gehört zu den größten Greifvögeln Mitteleuropas. Lange Zeit war diese Art stark vom Aussterben bedroht. Nun erholt sie sich endlich wieder und seit den 80er-Jahren nehmen die Brutpaare vor allem im Norden Deutschlands zum Glück wieder zu: Der Seeadler gehört zu den besonders eindrucksvollen heimischen Vogelarten bei uns. Doch wo kann man ihn beobachten? Und wie erkennt Ihr ihn sicher? Wir möchten Euch den Seeadler vorstellen.

Wie erkennt Ihr den Seeadler?
Einen ausgewachsenen Seeadler erkennt Ihr sitzend meist schon an seiner deutlichen Größe und dem insgesamt eher bullig wirkenden Körperbau. Seeadler können eine Körperlänge von über 90 cm erlangen. Die Vögel besitzen ein dunkelbraunes Gefieder mit etwas dunkleren Federenden mit einem meist etwas helleren Kopf. Der Stoß (oder auch Schwanzfeder) ist weiß und der Schnabel gelb gefärbt. Auch seine kräftigen Füße, diese bezeichnet man bei Greifvögeln als Fänge, sind gelb.
Im Flug ist der Seeadler vor allem wieder gut an seiner Größe und am bullig wirkenden Körper zu erkennen. Der Hals und der Kopf sind stark nach vorne gestreckt und der Stoß sieht vergleichsweise relativ kurz aus.
Unverwechselbar sind seine aufgespannten Flügel, die sehr breit und stark gefingert sind. Sie sehen etwas ausgefranst aus. Der weiße Stoß ist im Flug auch gut zu erkennen, aber natürlich nur, wenn der Adler nicht hunderte Meter über Euch fliegt (was er meistens tut). Die Flügelspannweite der Tiere kann bis zu 2,50 m betragen. Hammer krass!

Unterschiede zwischen jung und alt
Junge Seeadler haben ein etwas dunkleres, braunes Federkleid mit deutlich mehr grauen Tönen im Gefieder. Erst mit ca. 5 Jahren sind sie ausgewachsen und haben das typische Federkleid eines ausgewachsenen Seeadlers. Die weiblichen Seeadler sind deutlich größer und schwerer als die männlichen Tiere. Während die weiblichen Vögel bis zu 7 kg schwer werden, liegen die männlichen Adler eher bei 3 – 5 kg.
Wusstest Du schon…?
Bei vielen Greifvögeln, nicht nur beim Seeadler, sind die weiblichen Artgenossen größer als die männlichen. Zum Beispiel ist das beim Habicht, Sperber oder verschiedenen Eulenarten so. Schlaumeier nennen das auch Sexualdimorphismus. Aber warum ist das so? Die Größe der Weibchen ist zum Beispiel nützlich beim Ausbrüten der Eier. Sie können so mehr Wärme spenden. Die Weibchen können außerdem größere Beutetiere jagen, während sich die männlichen Vögel auf kleinere Tiere spezialisieren. So wird das Beuteangebot für die ganze Art größer. Ziemlich clever, die Natur!
Neben dem Aussehen könnt Ihr den Seeadler außerdem an seinem typischen Ruf erkennen. Der Balzgesang hört sich hoch an und es werden kurze Rufe hintereinander wiederholt, was sich etwa wie ein “klü, klü, klü, klü, klü” oder “rick, rick, rick, rick, rick” anhört. Der Ruf erinnert ein bisschen an den Ruf des Schwarzspechtes.

Wo lebt der Seeadler?
Wie der Name bereits verrät, ist der Seeadler eine Art, die vom Vorkommen von Gewässern abhängig ist. Am liebsten größere Seen, die von Wald umgeben sind. Hier findet der Vogel ausreichend Nahrung und Brutplätze. Das Vorkommen des Seeadlers erstreckt sich deshalb vor allem auf den Nordosten Deutschlands. Das Jagdverhalten des Seeadlers ist sehr eindrucksvoll. Vor allem steht Fisch auf dem Speiseplan. Bis zu 5 kg schwere Fische kann der Seeadler aus dem Wasser erbeuten. Diese werden, wenn sie relativ nah an der Wasseroberfläche schwimmen, im Flug gejagt und mit den Fängen aus dem Wasser geholt. Daneben erbeutet der Adler aber auch andere Säugetiere, Vögel und Aas. Hier beschränkt sich die Jagd vor allem auf kranke und schwache Tiere. Gerne nutzt der Adler auch die Luderplätze der Jäger:innen. An diesen Plätzen verbleiben die nicht genutzten Innereien des Wildes im Wald. Doch teilweise wird dem Seeadler genau das zum Verhängnis…

Zu den größten Vorkommensgebieten zählen die Müritzregion in Mecklenburg-Vorpommern sowie die Oberlausitz in Sachsen. Im Seeadlerland Mecklenburg-Vorpommern gibt es mittlerweile wieder etwa 400 Brutpaare (Stand 2020). Das macht fast die Hälfte des nationalen Brutbestandes dieser Art aus. Auch im wasserreichen Schleswig-Holstein waren im Jahr 2024 149 Seeadler Reviere besetzt. Solltet Ihr einmal einen Urlaub im Norden Deutschlands planen, so könnt Ihr hier mit etwas Glück Seeadler beim Jagen beobachten.
Treuer Vogel
Erwachsene Seeadler gehören zu den sogenannten Standvögeln. Das bedeutet, sie bleiben das ganze Jahr über in ihrem Revier. Auch ihren Partnern bleiben die Greifvögel treu und bleiben meist das ganze Leben über zusammen. Das kann eine ganz schön lange Zeit werden! Ein beringter Seeadler hat im vergangenen Jahr den bisher bekannten Altersrekord von wildlebenden Seeadlern gebrochen. Er ist 39 Jahre alt geworden.
Wusstest Du schon…?
Horst ist nicht nur ein extrem cooler Vorname. Die großen Nester vieler Greifvogelarten, darunter auch der Seeadler, werden als Horste bezeichnet. Oftmals befinden sich diese größeren Nester in Bäumen, Felsvorsprüngen oder auf Strommasten.
Ihre Horste bauen die Seeadler in großen, älteren Bäumen wie Rotbuchen oder auch Waldkiefern (davon gibt es in Nordostdeutschland so einige) oder auch an Klippen. Neu angelegte Horste können einen Durchmesser von bis zu 1,5 m haben. Ein Horst, den ein Brutpaar über Jahrzehnte hinweg wieder und wieder nutzt, kann sogar einen Durchmesser von bis zu 2 m besitzen und bis zu 600 kg schwer sein.
Wusstest Du schon…?
In Nordeuropa, beispielsweise in Norwegen, brüten Seeadler an Küsten oftmals an Felswänden.
Wie schützen wir Seeadler?
Wichtig für den Erfolg ist, dass man die Adler während der Brutzeit nicht stört. Förster:innen (oder andere Flächenverwalter:innen) errichten deshalb, sobald sie in ihrem Revier solch einen Adlerhorst entdecken, eine sogenannte Horstschutzzone. Diese Schutzzone ist überaus wichtig für den Bruterfolg der Vögel und garantiert, dass Sie nicht gestört werden. Die Errichtung dieser Horstschutzzonen ist gesetzlich vorgeschrieben und durch die Naturschutzgesetze der jeweiligen Bundesländer geregelt.
In Mecklenburg-Vorpommern werden zwei Horstschutzzonen errichtet. In der Horstschutzzone I (100 m um den Horst) darf kein Baum entfernt werden oder irgendetwas so am Waldbestand verändert werden, dass es die Vögel negativ beeinträchtigen würde. Nach der Zone I bis 300 m um den Standort beginnt Horstschutzzone II. Dort darf man vom 01. März bis 31. August des Jahres keine Holzernte oder Jagd betreiben.
Seeadler beginnen mit ihrer Brut im Gegensatz zu den meisten anderen Vogelarten schon relativ früh im Jahr, bereits ab Mitte Februar bzw. Mitte März. Das Gelege besteht meist aus ein bis drei Eiern. Das Weibchen brütet überwiegend, wobei auch das Männchen das Weibchen ablöst. Insgesamt dauert die Brutzeit ca. 38 Tage. Die Jungvögel beginnen dann nach etwa 75 Tagen langsam, das Nest zu verlassen, klettern zum Beispiel mal auf umliegende Zweige. Deshalb bezeichnet man diese Zeit auch als Ästlingsstadium. Mit den ersten kürzeren Flügen beginnen die Adlerchen dann nach ca. 90 Tagen.
Ausrottung des Seeadlers
Mittlerweile gilt der Seeadler bei uns als ungefährdete Art. In ganz Deutschland gibt es heute ca. 850 Brutpaare (Stand 2019). Das war jedoch nicht immer so und konnte sich nur aufgrund intensiver Schutzmaßnahmen so positiv entwickeln.

Der Seeadler war bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts in Westeuropa mehr oder weniger ausgerottet. Es gab bereits in den 1920er-Jahren erste Schutzmaßnahmen, die dazu beitragen sollten, dass sich die Bestände wieder erholen konnten.
Doch schon in den 50er-Jahren brach die Population wieder stark ein. Grund dafür war das ab ca. 1945 eingesetzte Insektizid DDT. Es führte dazu, dass die Eierschalen des Seeadlers und anderen Greifvögeln sehr dünn wurden. Dadurch zerbrachen die Eier und es gab kaum noch erfolgreiche Bruten bei den Vögeln. Anfang der 70er-Jahre wurde DDT verboten und die Bruterfolge nahmen endlich wieder zu. Auch weitere Naturschutzmaßnahmen, wie zum Beispiel das Errichten von Horstschutzzonen, führten dazu, dass sich die Tiere vor allem auf regionaler Ebene wieder sehr gut erholen konnten.
Der Seeadler ist immer noch gefährdet
Heutzutage sind die meisten Todesursachen der Seeadler immer noch auf den Menschen zurückzuführen. So gelten Reste von mit Bleimunition erlegten Wildtiere weiterhin als häufige Todesursache, aber auch Kollisionen mit Windrädern, Zügen oder Hochspannungsleitungen. Je nach Region unterscheiden sich die Häufigkeiten dieser Todesursachen. In Schleswig-Holstein gilt der Zusammenprall mit Windenergieanlagen als die Häufigste.
Bleivergiftungen treten durch das Fressen von Aas auf. Die Verwendung von Bleischrot auf Wasservögel oder Hasen und Füchse oder bleihaltige Kugelmunition, um Schalenwild zu erlegen, ist mittlerweile in allen Landesforstverwaltungen in Deutschland verboten. Die Splitter der Munition verbleiben in den Tierkadavern. Häufig lassen Jäger:innen die Innereien im Wald zurück, sie bieten sich für den Seeadler als leichte Beute an. In der Magensäure der Vögel wird das Schwermetall sehr schnell aufgelöst und gelangt in die Blutbahn, wo es dann zu starken Schädigungen des Zentralen Nervensystems führt. Die Vögel erblinden, haben nervöse Unruhezustände und sterben dann einen qualvollen Tod. Sehr eindrucksvoll ist dies in einem Ausschnitt einer kürzlich erschienenen Doku des NDR zu sehen.
Jäger:innen außerhalb von Staatswaldgebieten (Wald der dem Land gehört) haben in M-V noch die Möglichkeit, die restliche bleihaltige Munition zu verschießen. Ein komplettes Verbot Bleihaltiger Munition tritt erst 2027 in Kraft. Dies sorgte zuletzt für viel Kritik, vor allem weil bleifreie Munition mittlerweile überall zu kaufen ist. Gefordert wird z.B. durch den ÖJV (Ökologischer Jagdverband) in M-V, dass man früher keine bleihaltige Munition mehr nutzt.
Was könnt Ihr für den Schutz tun?
Wie Ihr in diesem Artikel erfahren habt, können wir heute zum Glück von einer positiven Bestandsentwicklung der Seeadler in Deutschland berichten. Das ist nicht selbstverständlich und wurde nur durch eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen durch den Naturschutz erreicht. In Schleswig-Holstein gibt es zum Beispiel die Projektgruppe Seeadlerschutz, die sich seit Jahren dafür einsetzt, dass Seeadler und ihr Lebensraum weiterhin geschützt sind. Auf der Website findet Ihr spannende Infos zu aktuellen Projekten und Bestandsentwicklungen der Seeadler in verschiedenen Bundesländern. Dort suchen sie immer ehrenamtliche Unterstützer:innen, falls Ihr Euch aktiv einbringen möchtet. Ihr könnt auch Kontakt mit den Expert:innen aufnehmen, falls Ihr zum Beispiel einen verletzten oder verendeten Seeadler findet. Verletzte Vögel kann man in Pflegestationen wieder aufpäppeln. Bei toten Tieren wird die Todesursache, soweit sie äußerlich nicht feststellbar ist, untersucht.
Generell solltet Ihr bei Hinweisen auf Horststandorte ausreichend Abstand halten und den Lebensraum der Tiere nicht negativ beeinflussen.
Wenn Ihr Euch die ganze spannende NDR Doku zum Thema Seeadler anschauen wollt, findet Ihr hier den Link dazu.