Freut Euch schon mal, denn bald beeindruckt sie uns wieder mit einem weißen Blütenmeer. Und im Herbst basteln die Kinder wieder Figuren aus den Früchten. Ihr könnt es Euch bestimmt denken, heute geht es um die Kastanie!

Vom Balkan bis nach Westeuropa – die Verbreitung der Rosskastanie

Mit ihren cremeweißen Blüten erregt die Kastanie Aufmerksamkeit.

Ihren Ursprung hat die Rosskastanie (wissenschaftlicher Name Aesculus hippocastanum) in den Bergwäldern des Balkans, in Nordgriechenland und Kleinasien. Dort wächst sie auf nährstoffreichen Sand- und Lehmböden. 

Im 16. Jahrhundert wurde sie dann in Westeuropa wieder eingebracht. Zum einen von den Osmanen, die damals die Kastaniensamen als Pferdeheilmittel verwendeten, zum anderen durch den Botaniker Carolus Clusius, der sie erstmals in Wien anpflanzte.

Wusstest du schon…? 
Ob Früchte, Knospen oder Wurzel, die Kastanie wird schon seit über 400 Jahren als Heilpflanze verwendet. Die Früchte enthalten zum Beispiel Aescin. Dieses Extrakt stellt die Basis für diverse Heilmittel dar, da es durchblutungsfördernd und abschwellend wirkt. Speziell für Venenerkrankungen wird es eingesetzt. Auch die Knospen werden z.B. in Sonnencremes oder anderen Kosmetika verwendet. 

Schon seit Ludwig XIV. sind Kastanien besonders als Zier-, Park- und Straßenbaum nicht mehr wegzudenken. Doch durch den Klimawandel ist auch diese Art durch Insekten und Parasiten gefährdet.

Kurz und knapp: die Erkennungsmerkmale der Kastanie

So sehen die fingerförmigen Blätter der Kastanie aus. Der Blattrand wird als „einfach oder doppelt gesägt“ bezeichnet – Ihr erkennt, warum.

Am schnellsten erkennt Ihr die Kastanie an ihren fingerförmigen Blättern. Meistens sind 5-7 davon an einem Blattstiel. Schon bald, Mai bis Juni, könnt ihr die cremeweißen Blüten bewundern. Bis September reifen dann die Früchte, auch einfach Kastanien genannt, in stacheligen Kapseln. Diese platzen auf und die Früchte fallen zu Boden. Jeder und jede von uns kennt die glänzend braunen Samen mit dem weißen Fleck, die von vielen gerne aufgesammelt werden. Der weiße Fleck ist übrigens der Nabelfleck, also der Punkt, an dem die Frucht mit der Kapsel verbunden war. Falls Eure Finger geklebt haben, nachdem Ihr Euch die Kastanie genauer angeguckt habt, liegt das an den Endknospen (die Knospen am Ende der Triebe/Äste). Diese Knospen sind sehr groß, rotbraun und bilden Harz aus, was dann an Euren Fingern klebt.

Wusstest Du schon…? 
Besonders interessant ist die “Ampelanlage“ der Blüten der Rosskastanien. Die obersten beiden Kronblätter weisen einen Farbfleck auf, das sogenannte Saftmal. Dieses Mal färbt sich gelb oder rot und sendet damit eindeutige Signale an die Insekten. Das Gelb lockt an, die Blüte ist bestäubungsbereit und es ist noch genügend Nektar vorhanden. Ist der Nektar jedoch aufgebraucht, wird das Saftmal rot. Das ist für die Insekten nicht mehr attraktiv und sie wissen, dass der Anflug sich nicht lohnt.

Erzähl mir nichts vom Pferd!

Im Gegensatz zu den Maronen sind Kastanien ungenießbar und für uns Menschen sogar schwach giftig. Für verschiedene Tiere bieten sie dagegen wertvolle Nahrung. Sie sind reich an Stärke, ähnlich wie die Kartoffel. Früher wurden die Samen den Pferden als Heilmittel gefüttert, woher unter anderem auch der Beiname “Ross“ stammt.

Sammelt die Kastanien nicht für Euren Verzehr! Für Eure Tiere vielleicht schon.

Weiß nicht genau wohin sie will: das besondere Wuchsverhalten der Kastanie

Der graubraune Stamm der Kastanie weist eine grobe Schuppenborke und bei genauerem Hinsehen auffallenden Drehwuchs auf. Drehwuchs bedeutet, dass die Holzstrukturen längs des Stammes nicht genau senkrecht orientiert, sondern verdreht sind. Durch diese Eigenschaft wird die Verarbeitung erheblich beeinträchtigt. Bis jetzt ist noch nicht geklärt woher dieses Wuchsverhalten, bei fast 90 % der Kastanien, stammt. 

Das Holz der Rosskastanie ist gelblich gefärbt. Es eignet sich nicht besonders gut als Bauholz, da es sehr weich und wenig dauerhaft ist. Beliebt ist das Holz jedoch als Ziergehölz für z.B. Klavierbauteile oder Spielzeuge. 

Im Vergleich zu anderen Baumarten hat die Kastanie eher eine untergeordnete Rolle im Wald. Da aber ihre nahrhaften Früchte im Herbst gerne von Damwild und Wildschweinen aufgesucht werden, pflanzen Förster:innen Rosskastanien teilweise in Mischwäldern an. 

Paradies für Kinder (und auch einige Erwachsene): Kastanien sammeln und Figürchen basteln.

Der Biergartenbaum

Fast jede:r kennt den eindrucksvollen Anblick der RK in Biergärten. Zunächst hatte diese jedoch weniger mit der Biertrinkerei an sich zu tun. Früher bepflanzte man die Keller zusätzlich noch mit Bäumen, damit das gelagerte Bier über den gesamten Sommer für die Kunden frisch und kühl gehalten werden konnte. Dabei wurde oft die RK verwendet, da diese mit ihrer wolkigen Kronenstruktur viel Schatten spendet und mit flach liegenden Wurzeln Feuchte gut im Boden halten kann. Daraus entwickelte sich später der Direktverkauf und dann die heutigen Biergärten mit den schattenspendenden Kastanien. 

Kastanie in Gefahr!

Bis vor einigen Jahren galt die Rosskastanie als eine kaum schädlingsanfällige und robuste Baumart. Jedoch beobachtet man immer häufiger unter unseren klassischen Straßenbäumen kranke und sogar abgestorbene  Exemplare…

Die harzig-klebrige Knospe der Kastanie.

Seit den 90er Jahren befällt die Rosskastanien-Miniermotte (Cameraria ohridella) die Bäume in Deutschland. Diese 3 mm große Motte legt zur Blütezeit bis zu 100 Eier auf den Blättern ab. Die geschlüpften Larven bohren sich in die Blätter und fressen Gänge durch das Gewebe und verpuppen sich dort. Die befallenen Blätter fallen meist durch die Schädigungen im Hochsommer ab und verwelken. Da die Larven im Laub überwintern, kann jeder von uns zum Schutz das Laub rechen und ordnungsgemäß entsorgen, um so der Vermehrung entgegenzuwirken! 

Des Weiteren ist seit 2007 das “Rosskastanien-Sterben” durch das Bakterium Pseudomonas syringae hinzugekommen. Das Bakterium sorgt nicht nur für eine Schwächung des Baumes, wie bei der Miniermotte, sondern er stirbt sogar häufig komplett ab bzw. muss aus Sicherheitsgründen gefällt werden!  Bei einem Befall treten zuerst schwarze Stellen am Stamm auf, der Baum blutet. Die dabei entstandenen Eintrittspforten werden von Pilzen besiedelt, was dann erst zur wirklichen Zerstörung des Holzaufbaus führt. Äußerlich sind senkrecht verlaufende Risse im Holz zu sehen und meist sterben zu Beginn einzelne Äste oder Teile der Krone ab. Grund dafür ist Nährstoff- und Wassermangel sowie die unterbrochene Versorgung  ab.

Im Herbst platzen die Kapseln auf und die Früchte fallen heraus.

Nun werden heute eher seltener Kastanien gepflanzt und zudem auch kranke Bäume aus Sicherheitsgründen für den Straßenverkehr immer öfter gefällt.  Ihr einst prachtvolles Erscheinungsbild und auch der starke Kühlungseffekt des Blätterdaches,  werden durch die extremen, klimatischen Veränderungen stark beeinträchtigt. Es ist abzuwarten wie sich ihre Anfälligkeit gegenüber Abgasen, Trockenheit und Hitze weiter entwickelt.

Tipp für den nächsten Waldspaziergang?

Ein Mythos besagt, dass man immer drei Kastanien in der Tasche haben soll, um vor rheumatischen Krankheiten und Gicht geschützt zu sein.  Den Tipp könnt Ihr ja vielleicht bei der nächsten Waldwanderung mal ausprobieren, wenn die Füße anschwellen!

Quellen

https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/baeume-und-waldpflanzen/laubbaeume/die-rosskastanie#c95002
https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/baeume-und-waldpflanzen/laubbaeume/die-rosskastanie-aesculus-hippocastanum
https://www.lwf.bayern.de/mam/cms04/boden-klima/dateien/w48_biologie_und_oekologie_der_rosskastanie_gesch.pdf
https://www.galk.de/startseite/komplexerkrankung-der-rosskastanien
https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Wetterextreme-und-Krankheiten-Kastanien-leiden-,kastanien164.html
https://mluk.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/Bakterielles-Rosskastaniensterben.pdf