Jagdhunde, denn „Jagd ohne Hund ist Schund“

Sitzt man in einem Vorlesungssaal einer Veranstaltung im Forstwirtschaftsstudium, überrascht es häufig, wie viele vierbeinige Begleiter einfach so unter den Tischen liegen und dort schlafen. An einigen Hochschulen mit einer forstlichen Fakultät ist das Gang und Gäbe, hier werden Hunde geduldet.  Die Jagdweisheit  “Jagd ohne Hund ist Schund” ist nicht nur ein Sprichwort, sondern sogar im Gesetz verankert. So lautet §4 Abs. 1 des Niedersächsischen Jagdgesetzes “Den Jagdausübungsberechtigten muss ein für den Jagdbezirk brauchbarer Jagdhund, der geprüft ist, zur Verfügung stehen.” Welche Hunde auch Jagdhunde sind, was es mit dem Begriff “brauchbar” auf sich hat und welche Hunde wir bei Forst Erklärt haben, erfahrt Ihr in diesem Artikel!

Was sind Jagdhunde?

Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, wie man vielleicht meinen könnte. Denn im Grunde hat jede Rasse ihren Ursprung als Jagdhund. Viele Rassen, die man heutzutage nie mit der Jagd in Verbindung bringen würde, wurden einst als Jagdhunde verwendet. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass Pudel eigentlich für das Apportieren, also vornehmlich das Bringen von erlegten Enten aus dem Wasser,  ausgebildet worden sind?

Das Jagdhundewesen in Deutschland wird durch den Jagdgebrauchshundeverein (JGHV) als Dachverband organisiert. Dieser Verein führt eine Liste mit allen Hunderassen, die für die Jagd zugelassen sind und somit zu den in Deutschland anerkannten Jagdhunden gehören. Die Vereine dieser Hunderassen können dem JGHV als Mitglied beitreten und alle notwendigen Prüfungen abhalten, welche für die Jagd notwendig sind.

Links: Ardelle, die Kopov Bracke von Felix – Rechts: Maira, die Deutsch Kurzhaar Hündin von Simon

Was hat es mit den Prüfungen auf sich?

Die Verwendung der Jagdhunde dient zur Unterstützung der Jäger:innen, aber vor allem auch dem Tierschutz. Wenn zum Beispiel durch einen schlechten Schuss ein Tier mal nicht richtig getroffen wird, dann läuft es verletzt weg. Das ist eine sehr bedauerliche Situation, kommt aber leider hin und wieder vor. Jetzt ist der Zeitpunkt, einen speziell für die Nachsuche ausgebildeten Hund einzusetzen, der das verletzte Tier sicher finden kann. Das ist eine extrem hohe Verantwortung, der nicht unbedingt jeder Hund gerecht werden kann.

Die Brauchbarkeistprüfungen: der Führerschein für Jagdhunde

Um sicherzustellen, dass nur dafür “brauchbare” Jagdhunde eingesetzt werden, gibt es die Brauchbarkeitsprüfungen. In diesen wird festgestellt, ob der Hund die hierfür notwendige Leistung erbringen kann. Dafür ist eine lange und intensive Ausbildung der Hunde, aber auch der Besitzer:innen nötig. Während der Ausbildung werden zum Beispiel Entennachbildungen für das Apportieren eingesetzt oder mit künstlichem Blut die Fährte eines verletzten Tieres imitiert. Ihr seht also, nur weil man einen Jagdhund hat, heißt das noch lange nicht, dass man auch einen brauchbaren Hund für die jagdliche Praxis besitzt.

Neben den Brauchbarkeitsprüfungen gibt es auch noch verschiedene Leistungsprüfungen und die Anlagenprüfungen. Bei Letzteren ermitteln die Richter:innen welche Junghunde gute natürliche Anlagen mitbringen, also zum Beispiel sehr wasserfreudig sind. Außerdem sollen sie keine vererbbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen haben. Solche Hunde sollen ihre guten Gene an die nächste Generation weitergeben und werden deshalb als “zuchttauglich” eingestuft. Diese Prüfungen sind also vor allem für Züchter:innen interessant.

Wusstest Du schon…?
Jäger:innen mit einem eigenen Jagdrevier  sind dazu verpflichtet, bei Wildunfällen im Straßenverkehr für eine Nachsuche nach dem angefahrenen Tier zu sorgen. Diese Nachsuche müssen sie nicht selbst durchführen. Dann liegt es aber in ihrer Verantwortung, ein dafür ausgebildetes Nachsuchengespann zu beauftragen. Alle wichtigen Informationen zum Unfall bekommen die Revierinhaber:innen direkt von der Polizei übermittelt. Viele Unfälle werden aber leider gar nicht der Polizei gemeldet, was dazu führt, dass die verletzten Tiere oft qualvoll sterben müssen. Manchmal laufen sie zufällig den Jäger:innen über den Weg, aber größtenteils findet man lange Zeit später nur noch deren Überreste. Deshalb unser Appell an Euch: Bitte meldet alle Wildunfälle bei der Polizei. Das ist keine Schande und sorgt dafür, dass die Tiere nicht unnötig leiden müssen!

Die verschiedenen Einsatzbereiche der Jagdhunde

Die Jagd hat viele Facetten. Sie reicht von der Beizjagd mit Greifvögeln, über Treib- und Drückjagden, bis hin zur Nachsuche von verletztem Wild. Und für jeden Einsatzzweck gibt es speziell dafür, teilweise über Jahrhunderte, gezüchtete Rassen. Der Trend geht heutzutage jedoch weg von den reinen Spezialisten, hin zu den vielseitigen Jagdgebrauchshunden. Diese bringen es zwar nicht unbedingt zu wahren Meisterleistungen, machen aber dafür in allen Bereichen gute Arbeit. Sie sind also die Zehnkämpfer unter den Jagdhunden.

Vorstehhunde

Hier sieht man, wie Maira vorsteht.

Bei den Vorstehhunden handelt es sich um diese Zehnkämpfer. Ihre besondere Eigenschaft ist jedoch das namensgebende Vorstehen. Hierbei verharren sie in einer bestimmten Position und zeigen damit an, dass sie Wild gefunden haben, ohne es aufzuscheuchen. Da sie hierbei eng mit ihren Führer:innen zusammenarbeiten, sind diese Rassen sehr gehorsam und teilweise leichter zu erziehen. Das macht sie gleichzeitig zu einem angenehmen Familienhund und sind deshalb auch die am verbreitetsten Jagdhunde in Deutschland. Zu ihnen gehören u. a. der Deutsch Kurzhaar, Weimaraner, verschiedene Setter, sowie der Kleine und Große Münsterländer.

Bauhunde

Für die Baujagd braucht man kleine Hunde. Deshalb verwendet man hierfür Dackel und verschiedene Terrierrassen. Sie sollen in den Bau hineingehen und den Fuchs oder Dachs heraustreiben. Dafür müssen sie besonders mutig, aber nicht leichtsinnig sein. Denn dort drin sind sie auf sich allein gestellt. Der besonders kleine Kaninchenteckel wurde speziell für die Jagd im Kaninchenbau gezüchtet. Heutzutage ist die Baujagd allerdings nur noch eine Begleiterscheinung und die meisten Dackel werden für die Nachsuche oder bei Drückjagden auf Rehwild eingesetzt.

Apportierhunde

Erlegtes Federwild zu apportieren ist eine wichtige Aufgabe der Jagdhunde.

Zu ihnen gehören die verschiedenen Retrieverrassen. Der Labrador Retriever ist wohl das beste Beispiel für einen Jagdhund, der nicht unbedingt für die Jagd brauchbar ist. Eigentlich für das Apportieren von Federwild aus dem Wasser gedacht, findet er heutzutage größtenteils als familienfreundlicher Haushund den Weg in unseren Alltag. Das geht bei dem Labrador sogar so weit, dass sich eine sogenannte Arbeitslinie entwickelt hat, bei der die Zucht das Ziel eines sportlichen Arbeitshundes hat. Die gegenteilige Showlinie hat das Ziel eines ruhigen und ausgeglichenen Familienhundes, der mit Jagd nicht viel am Hut hat.

Stöberhunde

Die Aufgabe der Stöberhunde ist das selbstständige Suchen (Aufstöbern) von Wild. Wenn Wild gefunden wurde, dann sollen die Stöberhunde aber nicht verharren wie es die Vorstehhunde machen, sondern es in Bewegung bringen und mit lautem Gebell verfolgen. Das macht sie zur ersten Wahl bei Treib- und Drückjagden. Doch auch die Stöberhunde sind vielseitig einsetzbar und können gut apportieren oder Nachsuchenarbeit erledigen. Zu ihnen gehören verschiedene Spaniel Rassen. Während der Englische Cocker Spaniel oft nur als Familienhund gehalten wird, gibt es viele Wachtelhunde (das ist die deutsche Variante der Spaniel), die von Förster:innen im Wald eingesetzt werden.

Schweißhunde

Sowohl der Hannoversche Schweißhund (HS) als auch der Bayrische Gebirgsschweißhund (BGS) sind wahre Experten auf ihrem Gebiet. Sie zeichnen sich durch eine besonders gute Nasenleistung und gleichzeitig einem ausgeglichenen und ruhigen Wesen aus, was unabdingbar für ihr Einsatzgebiet ist. Einzig und allein für die Nachsuche auf verletztes Wild sind sie die vielleicht wichtigsten aller Jagdhunde. Denn sie widmen sich ausschließlich dem Abwenden von Tierleid. Es ist eine große Verantwortung und viel Arbeit einen dieser Hunde zu führen. Deshalb gibt es auch besonders hohe Anforderungen an Jäger:innen, die sich dem Ausbilden und Führen eines Schweißhundes widmen möchten.

Jagende Hunde

Zu ihnen gehören alle möglichen Schläge von Bracken. Bei uns häufige Vertreter sind zum Beispiel die Deutsche Bracke, die Brandlbracke oder auch der Beagle. Mit ihrer mittleren Größe, ihrem kurzen Fell und den langen Schlappohren, wird man als Brackenbesitzer:in oft mit den Worten: “Oh, das ist aber ein schöner Hund!” angesprochen. Doch diese schönen Hunde können es auch faustdick hinter den Ohren haben. Vom Charakter sehr sensibel, aber gleichzeitig auch stur und willensstark, sind sie nicht unbedingt leicht zu erziehen.

Und wo liegt der Unterschied zwischen “normalen” Jagdhunden und diesen jagenden Hunden? Ganz einfach: Alle anderen Jagdhunderassen arbeiten in irgendeiner Weise mit ihren Besitzer:innen zusammen. Doch Bracken sollen mit ihrer guten Nase das Wild laut und über lange Strecken gezielt verfolgen. Daher ist es völlig normal, dass sie kilometerweit entfernt und auf sich gestellt ihre Arbeit verrichten. Durch ihren guten Orientierungssinn finden sie auf ihrer eigenen Fährte sicher wieder zurück. Das macht sie zu sehr wertvollen Jagdgefährten, allerdings ist der alltägliche Spaziergang oft eine Herausforderung.

Und welche Jagdhunde gibt es bei Forst Erklärt?

Ardelle die Kopov Bracke

Ardelle von der Ziegenalm, Felix‘ Hündin

Als Felix seine Slowakische Schwarzwildbracke (Slovenský Kopov) Ardelle von der Ziegenalm abgeholt hatte, wusste er noch nicht, welche kleine Diva bei ihm zuhause Einzug hält. Früh zeigt sich Ardelle sehr verschmust und sensibel – testet aber auch mit Intelligenz und Sturheit aus, wo Felix vor lauter Welpenblicke weich wird… Später entpuppt sie sich als Fernaufklärerin und jagt typisch für die Bracke kilometerweit und über eine lange Zeit. Krönung ist dann, dass sie nach vier Stunden “eigenständigem Spazierengehen” vor seiner Haustür wartet. Naja, eine gute Orientierung hat sie also.

Maira eine Deutsch Kurzhaar Hündin

Maira, Simons Hündin, wird bald schon 1!

Für Simon ist der Deutsch Kurzhaar immer ein Traumhund gewesen. Besonders gefällt ihm, dass diese Hunderasse so vielseitig einsetzbar ist und ganz eng mit dem/der Hundeführer:in zusammenarbeiten möchte. Nachdem dann der Termin beim Züchter anstand und Maira das erste Mal auf ihn zugelaufen kam, war die Wahl schon gar keine Frage mehr.   

Maus & Hank

Und auch Ich habe seit etwa drei Jahren einen vierbeinigen Helfer. Meine Save-Bracke (Posavski Gonic) namens “Maus” ist eine in Deutschland sehr seltene Brackenrasse. Ganz brackentypisch ist sie ein kleines Sensibelchen und manchmal auch sehr dickköpfig. Dafür macht sie aber wirklich jeden Blödsinn mit, der mir so einfällt, und mit den Jahren sind wir ein super Team geworden. Und seit einigen Wochen ergänzt der kleine “Hank vom Dollgraben” unser Team. Er ist genauso wie Ardelle eine Slowakische Schwarzwildbracke und wird hoffentlich ein ganz toller Hund für die Nachsuche auf verletztes Wild.

Eine große Verantwortung für die Jagdhunde

Die Jagdhunde sind also wirklich in jedem Bereich der Jagd von großer Bedeutung. Ohne sie könnte man die Jagd nicht so effektiv und vor allem tierschutzgerecht durchführen. Dieser Wichtigkeit sind wir Jäger:innen uns zum Glück sehr bewusst und haben dementsprechend hohe Anforderungen an die Zucht und Ausbildung der Vierbeiner. 

Quellen:

http://www.jghv.de/images/Dokumente/2020/JGHV_Rassenuebersicht2020_08.pdf
http://www.voris.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&query=JagdG+ND&psml=bsvorisprod.psml&max=true&aiz=true
Vorlesungsunterlagen der HAWK
https://www.jagdverband.de/rund-um-die-jagd/jagdhundewesen/hunderassen-einsatzgebiete/bracken
https://schwarzwildbracke.de/rasse/geschichte/

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