Vor fast 100 Jahren kam der Waschbär (Procyon lotor) nach Deutschland. Seither hat er sich fest in unseren Ökosystemen etabliert und stark vermehrt. Heute ist er eines der häufigsten Raubtiere in Deutschland mit geschätzt circa 1,5 Millionen Individuen. Wieso diese kleinen Bären nicht so süß sind, wie sie wirken, und wie sie ganze Arten auslöschen, erfahrt Ihr in diesem Artikel! 

Wo wäscht der Waschbär? 

Waschbären gehören zu den Kleinbären. Die aus Nordamerika stammenden Tiere leben in Laub- und Mischwäldern und sind nachtaktiv. In freier Wildbahn schlafen Waschbären in alten Baumhöhlen oder verlassenen Fuchsbauten. Als Kulturfolger finden wir sie aber auch auf Müllhalden, in Städten oder ganz ärgerlich: Auf dem eigenen Dachboden. Die schlauen Tiere fingern mit ihren kleinen Händen an allem rum, was nicht niet- und nagelfest ist. So muss man Mülltonnen durch Schlösser oder Regenrinnen durch Kletterstops sichern. 

Wäscht so der Waschbär?

Wusstest Du schon…?
Waschbären sind durchaus zutraulich gegenüber Menschen. Wenn sie sich Euch nähern, solltet Ihr sie jedoch nicht berühren oder füttern. Die anfängliche Freundlichkeit kann schnell zu einem Biss werden. Die Tiere übertragen darüber hinaus auch Parasiten, wie den Waschbärspulwurm, der auf Menschen und Hunde übergeht.

Waschbären werden, ohne den Schwanz einzurechnen, zwischen 40 und 70 cm groß. Sie haben eine gräuliche Fellfärbung und einen geringelten Schwanz. Dazu tragen sie eine schwarze Maske um die Augen und laufen auf ihren vier fünffingrigen Pfoten. 10 kg können sie auf die Waage bringen und bis zu 15 Jahre alt werden. Normalerweise bekommen die Kleinbären im Frühjahr ihren Nachwuchs. Sie können in unseren milden Gefilden jedoch über das ganze Jahr hinweg Junge bekommen. Meist sind es drei. Bei einer starken Reduzierung des Bestandes, z.B. durch die Jagd, werden sie jedoch trotzig und erhöhen ihre Reproduktionsrate. Ihre Fähigkeit, den Menschen auf der Nase herumtanzen, muss man also wirklich bewundern.

High five – Mit ihren fünffingrigen Pfoten haben Waschbären echtes Ganoven Potential!

Gesellige kleine Draufgänger

Die Welpen (so nennt man die Waschbär-Babies) bleiben die ersten fünf Wochen im Nest und ziehen danach mit dem Weibchen um die Häuser. So lernen sie alles Wichtige, um sich durchschlagen zu können. Die männlichen Waschbären (mal wieder Rüden genannt) setzen sich nach circa 4 Monaten von ihrer Familie ab und suchen sich ein eigenes Revier. Sie sind dennoch so gesellig, dass sie sich für die Jagd mit einem Kumpel zusammen tun. 

Während sie in Amerika von Luchs oder Kojote gefressen werden, haben sie in Deutschland bislang noch keine Feinde. Das ist ein Grund dafür, die Rückkehr des Luchses zu unterstützen.

Kein wählerischer Kerl 

Waschbären schnabulieren eigentlich alles. Sie plündern die Nester von Vögeln und essen die Eier oder gleich die Flieger selbst. Im seichten Wasser tasten sie auch gerne nach Wasserlebewesen wie Fröschen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um Grasfrösche oder geschützte Gelbbauchunken oder Feuersalamander handelt. Sogar Schlangen verspeisen sie. So auch die geschützte und vom Aussterben bedrohte Äskulapnatter. Würmer und Schnecken suchen sie unentwegt und wenn sie es finden, naschen Waschbären auch Obst und Nüsse. Sie lieben darüber hinaus unsere Essensreste, weswegen man sie öfter in Mülltonnen rumoren hört. 

Ob da jemand auf dem Weg zu einem Vogelnest ist?

Wusstest Du schon…?
Die schlauen Tiere betasten mit ihren Händen alles, was sie finden und erkunden sehr gerne neue Dinge. Das hin und her drehen in ihren Händen hat ihnen ihren Namen “Waschbär” beschert. Der Name kommt nicht daher, dass der Waschbär seine Nahrung vorm Verzehr waschen würde. Das ist ein Verhalten, das nur in Gefangenschaft auftritt.

Wie der Waschbär zu uns kam

Ursprünglich kamen Waschbären wegen ihres Pelzes nach Europa. Wie in allen Pelzfarmen gibt es dabei immer Tiere, die sich befreien können und dann außerhalb der Farmen ihr Leben leben. Unabhängig davon haben forstliche Mitarbeiter die ersten Waschbären 1934 in Hessen, nahe Kassel, ausgesetzt. Die Tiere kamen zwar ursprünglich aus einer Pelzzucht, der Inhaber hat sie jedoch an das Forstamt verschenkt, um die Natur zu “bereichern”. Obwohl man die Zustimmung für die Freilassung eingeholt hat, ließen die Waschbär-Besitzer sie schon vorher frei. Ein Argument dafür: Die bereits trächtigen Bärinnen sollten ihre Jungen in Freiheit bekommen. Die Genehmigung wurde trotz Protest von Zoologen kurz nach der Freilassung ausgesprochen. 

Eigentlich sollten die Waschbären, ihr Verhalten und ihre Wirkung auf das Ökosystem dokumentiert werden, doch durch den Beginn des zweiten Weltkrieges geriet diese Aufgabe in Vergessenheit. 

In den 50er-Jahren wurde dann klar, dass der Waschbär ein kleiner Störenfried ist. Wegen seiner Schäden an Ernten, Gärten oder Häusern hat man ihn 1954 in das Jagdrecht aufgenommen und seither bejagt. Ohne natürliche Fressfeinde und eine optimale Anpassung an das Ökosystem hierzulande – welches dem in Nordamerika sehr ähnlich ist – war die Waschbärpopulation jedoch schon außer Kontrolle geraten. 

Heute steht er auf der Liste der invasiven Tierarten in der EU und das Problem mit ihm ist weit verbreitet. Die EU-Staaten haben sich deswegen dazu verpflichtet, die Populationen einzudämmen, doch das gestaltet sich sehr schwierig. 

Er guckt ganz lieb und ist doch ein kleiner Störenfried.

Wusstest Du schon…?
Schätzungen der Goethe-Universität in Frankfurt zufolge gibt es in Deutschland zwei Millionen Waschbären.

Waschbärjagd oder Waschbärmanagement? 

Weitere Ausbrüche aus Pelzfarmen oder Auswilderungen wie zum Beispiel in der Eifel befeuerten das Problem mit dem gewieften Bären. 

Expert:innen sind sich mittlerweile einig, dass sich der Waschbär nicht mehr nur durch eine Bejagung aus unserem Ökosystem entfernen lässt. Der Fokus liegt nun also eher auf dem Schutz der Lebensräume von einheimischen Tieren und nicht mehr auf der Bejagung. Gleichzeitig ist die Jagd das effizienteste Mittel, um geschützte Tierarten vor Waschbären zu schützen. Denn je geringer der Bestand der Waschbären ist, desto geringer auch die Veränderungen, die er in Ökosystemen hinterlässt.

Ein Beispiel für den starken Einfluss von Waschbären auf Ökosysteme ist sein Konsum von Gelbbauchunken (oder auch der Erdkröte). Diese geschützte Unkenart ist durch ihre giftige Haut vor den hiesigen potentiellen Fressfeinden gesichert. Der schlaue Waschbär schält sie jedoch und verspeist sie ohne ihre Haut. So umgeht er geschickt das Problem.  

Nun stellt er eine der größten Gefahren für die Tierart dar und hat sie in einigen Teilen bereits vollständig ausgerottet. Möchte man ihn von den Kleingewässern abhalten, müsste man sie alle umständlich umzäunen und gründlich überwachen. Denn nur eine entschlossene Sau reißt den Zaun entzwei. 

Wachbärinnen zu klug für Fallen

Doch auch größeren Tieren klaut er den Nachwuchs vor der Nase weg. Obwohl man meinen könnte, dass Uhus oder Störche stärker sind und durch ihre Flugkünste einige Vorteile gegenüber den Waschbären haben, irrt man sich hierbei gewaltig. Der kleine Bär beklettert Nistkästen oder hohe Bäume und räubert die Nester aus. Dies reduziert die Bestände der sowieso schon geschützten und gefährdeten Arten immer mehr. Wenn Ihr so einen Raub mal auf Video sehen wollt, könnt Ihr hier klicken.

Auf der Suche nach etwas Essbarem streift ein Waschbär durch das Gebüsch. 

Wusstest Du schon…? 
Für die Waschbärjagd benötigt man ganz bestimmte Fallen. Damit die Falle nur bei den Waschbären auslöst, sollte diese einen Zugmechanismus haben. Auf dem Markt sind diese Fallen bislang noch nicht reichlich vertreten, sodass man sie oft noch selbst bauen muss. 

Außerdem sind viele weibliche Waschbärinnen zu klug, um in die Falle zu gehen. Sie halten ihren Nachwuchs teilweise sogar davon ab und bringen ihnen bei, die Fallen zu meiden. Wenn man dann doch einmal einen Waschbären fängt, sind es zumeist nur die Männchen. 

Habt Ihr schon Erfahrungen mit Waschbären gemacht? Im Haus oder im Wald? 

Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen.

Quellen:

https://www.hessenschau.de/panorama/erste-auswilderung-vor-90-jahren-wie-der-waschbaer-in-nordhessen-zu-einer-plage-wurde-v1,90-jahre-waschbaeren-ausgesetzt-100.html#

https://naturdetektive.bfn.de/lexikon/zum-lesen/tiere/saeugetiere/waschbaeren.html

https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/sonstige-saeugetiere/18751.html

https://www.wildtierportal-bw.de/de/frontend/product/detail?productId=8

https://www.nationalgeographic.de/tiere/2024/01/waschbaeren-in-deutschland-was-die-invasiven-raubtiere-so-gefaehrlich-macht

https://www.swrfernsehen.de/marktcheck/waschbaeren-problem-invasive-art-100.html

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/waschbaeren-werden-zum-problem-a-1143839.html