Ameisen – starke Wundertiere

Es gibt circa 20 Billiarden Ameisen auf der Erde. Von ihren bis zu 15.000 Arten kommen nur 116 in Deutschland vor. Doch abgesehen von ihrer wahnwitzigen Stärke – Ameisen können das Vierzigfache ihres Gewichtes tragen – wissen die meisten nicht viel über die kleinen Wundertiere. Wie sie Allianzen mit Pilzen eingehen oder wie man ihre Nester umsetzt, erfahrt Ihr in diesem Artikel. 

Wusstest Du schon…?
Am meisten trifft man in Deutschland auf Wegameisen (Gattung Lasius) oder die Gemeine Rasenameise (Tetramorium caespitum). Am bekanntesten sind aber wohl die Bauten der Waldameisen (Gattung Formica).  

Sind alle Ameisen gleich?

Wenn wir eine Ameisenstraße in der Küche finden, interessieren sich wohl die Wenigsten für das Aussehen der Insekten. Neben ihren sechs Beinen und dem dreiteiligen Körperbau gibt es aber noch mehr an ihnen zu unterscheiden. Denn Ameise ist nicht gleich Ameise!

Trägt eine Ameise Flügel, handelt es sich entweder um ein geschlechtlich aktives Weibchen – auch Königin genannt – oder um ein Männchen. Die Königin wirft ihre Flügel ab, nachdem sie bei ihrem Flug durch die Luft von einem Männchen begattet wurde. Diese Ameise ist größer als die restlichen weiblichen Ameisen, die auch Arbeiterinnen genannt werden. Die Männchen sterben nach der Paarung und haben damit jeglichen Zweck erfüllt. 

Wusstest Du schon…? 
Ameisen folgen keinem Anführer, sondern festgelegten Regeln. Dadurch organisiert sich das Volk durch jedes Individuum selbst. Die sogenannten Kundschafter untersuchen ihre Umgebung und hinterlassen auf ihrem Weg ein Pheromon. Die erste Ameise, die Futter gefunden hat, kehrt zum Nest zurück und hinterlässt eine doppelte Duftspur. Die anderen Ameisen folgen dem Weg dieser Ameise.

Die Ameisen krabbeln auf der Suche nach Nahrung an einer Blume empor.

Die Arbeitsteilung der Profis

Die begattete Ameisenkönigin ist für die Produktion der Nachkommen eines Ameisenstaates verantwortlich. Sie gründet zumeist ein neues Ameisenvolk, welches zwischen mehreren Dutzend, Hundert oder Millionen Tieren groß sein kann. Das liegt unter anderem daran, dass die Königin von Frühling bis Herbst unentwegt Eier legt. In wärmeren Regionen am Äquatorialgürtel macht sie das teilweise auch das ganze Jahr über. Je nach Art können dies auch mal 100 am Tag sein. Rote Waldameisen können mehrere Jahre alt werden, also hat die Königin für eine lange Zeit einen sehr harten Job. 

Damit die Nachkommen auch überleben können, pflegen die Arbeiterinnen sie. Die Arbeiterinnen sind die Alleskönner ihrer Art. Neben der Futtersuche, dem Nestbau, der Nahrungsversorgung der Nachkommenschaft, verteidigen sie auch noch das Nest gegen mögliche Angriffe. Für eine Ameise wären das zu viele Aufgaben zugleich, deswegen werden auch hier feste Arbeitsfelder zugeteilt. Je nach Job gibt es kleine oder auch größere äußerliche Unterschiede. Die Ameisen, die das Nest gegen Feinde verteidigen, haben beispielsweise einen besonders starken Oberkiefer, um Feinde besser in die Flucht schlagen zu können.  

Wusstest Du schon…?
Es gibt nicht immer nur eine Königin in einem Ameisenvolk. Manche Königinnen gesellen sich auch zu einem schon bestehenden Ameisenvolk dazu. Sie erhalten daraufhin die gleiche Umsorgung wie die erste Königin. Das Ameisenvolk kann dadurch noch größer werden. Es gibt auch Ameisenvölker, die immer mehrere Königinnen haben.  

Dieser Ameisenhügel steht am Rand eines kleinen Waldweges. Die Sonne bescheint ihn oft durch die Lücken im Kronendach und durch das Licht vom Weg. 

Luxusappartements 

Ameisen nisten an vielen Orten und auf unterschiedliche Weise. Oft findet man sie in selbst erbauten Erdhügeln, in morschen Stämmen oder in anderen, selbstgebauten Meisterwerken. Doch sie können sich überall, wo sie genug Nahrung finden, häuslich einrichten. Und sei es die eigene Küche oder ein nahegelegener Stromkasten. 

Die Weberameise (Gattung Oecophylla) webt beispielsweise mit den Spinndrüsen der Ameisenlarven Blätter zusammen, sodass ein kleines Blätterhaus entsteht. 
Zumeist bestehen die Nester allerdings aus Gängen und Kammern, die die Ameisen für unterschiedliche Zwecke nutzen. Ob Vorratskammer oder Kinderstube, alles hat seinen festen Platz.

Das Klima in ihrem Zuhause passen die Ameisen selbst so an, dass sich eine konstante Temperatur halten kann. Ist es einmal zu warm, legen sie Belüftungslöcher an. Ist es zu kalt, sonnen sie sich draußen und geben die Wärme im Nest wieder ab.

Ein kleines Luftloch der Ameisen (Suchbild).

Ein schwer zu übersehenes Heim ist wohl der Ameisenhügel von Waldameisen (Gattung Formica). Dies sind Hügel unterschiedlicher Größe aus Erde und Pflanzenfasern.

Spannend ist, dass sie im Norden Mitteleuropas höher sind als im Süden. Das liegt daran, dass die Waldameisen Wärme lieben. Je größer der Ameisenhügel, desto mehr Sonne kann auf ihn strahlen und ihn aufwärmen. Da es in den nördlichen Regionen kälter ist, werden die Nester in die Höhe gebaut, damit sie mehr Sonnenlicht einfangen können. Doch auch in derselben Region können die Hügel je nach Exposition verschiedene Höhen haben. 

Ein großer Ameisenhügel in Norwegen. Mitten im Wald scheint die Sonne nicht immer auf ihn, deswegen ist er in seiner Größe angepasst.

Im Winter bietet das vermodernde Nistmaterial eine zusätzliche Wärmequelle. Durch die gute Isolation der Hügel sinkt die Temperatur auch in kalten Jahreszeiten nicht unter die für die Insekten bedrohlichen 10°C. 

Wusstest Du schon…?
Die Glänzende Holzameise (Lasius fuliginosus) geht eine hilfreiche Partnerschaft mit einem Pilz (Cladosporium myrmecophilum) ein. Ihre Nester baut sie oft in hohlen Bäumen und verwendet dazu Holzpartikel. Die Innenwände der Bauten sind durch das Geflecht von Pilzen – sozusagen ihren Versorgungssträngen – stabilisiert. Damit die Pilze weiterhin bestehen, kleiden die Ameisen die Gänge mit Honigtau oder anderen zuckerhaltigen Substanzen aus, welcher den Pilzen als Nahrung dient. 

Ameisen-Umzugsunternehmen

Unsere Natur ist bereits jetzt durch Bauwerke, Straßen oder Stromtrassen zerschnitten. Bei dem Bau einer neuen Straße kann da mal ein Ameisennest im Weg sein. Da Waldameisen zu den besonders geschützten Tieren gehören, darf man sie nicht einfach töten oder aus ihrem Heim vertreiben. Das behindert jedoch meistens nicht den Bau, die Tiere werden nach einem strengen Verfahren umgesiedelt, nachdem die Naturschutzbehörde dies genehmigt hat.

Das zeitige Frühjahr eignet sich für die Umsetzung am besten, da die Ameisen dann noch in ihren Nestern sind. So haben die Insekten noch genug Zeit, um sich ein neues Nest zu bauen und sich Speck für den Winter anzufressen. Außerdem sollte man das Nest lieber morgens umsetzen, damit man möglichst alle Ameisen im Bau antrifft und gemeinsam an einen neuen Ort bringen kann.

Hunderte Meter sind für Ameisen weit, weit weg

Der neue Neststandort muss möglichst weit weg vom Alten entfernt liegen, damit die Tiere ihr neues Zuhause annehmen und nicht das alte wieder aufbauen. Dabei darf die Entfernung nicht unter einigen Hundert Metern liegen. 

Die Umsiedlung findet innerhalb eines Tages statt. Bei dem Prozess muss man vor allem auf die Anwesenheit der Königin achten. Am neuen Standort wird eine Fütterung – ein Zucker Depot, meist in Form eines Ringes um das Nest – eingerichtet. Die Ameisen gewöhnen sich dadurch langsam an ihre Umgebung und die Futtermöglichkeiten. Obwohl die Lebensbedingungen denen des alten Standortes entsprechen sollten, müssen sich die Tiere zunächst mit der Umgebung vertraut machen. Ein paar regenfreie Tage nach der Umsiedlung ermöglichen den Insekten die besten Arbeitsbedingungen.

In der Woche nach dem Umbau sollte man den alten Ort des Ameisennestes aufsuchen. Übersehene Nachzügler beginnen zumeist sofort mit dem Wiederaufbau des alten Nestes, sodass man sie leicht orten kann. Auch diese müssen zu ihrem Volk überführt werden. 

Wusstest Du schon…?
Blattläuse entziehen Pflanzen den süßen, aus der Photosynthese entstehenden Pflanzensaft, der viel Zucker enthält. Ihre Ausscheidungen sind noch reich an Zucker. Die Ameisen schützen die Blattläuse vor Fressfeinden und dürfen im Gegenzug  die Ausscheidungen – den sogenannten “Honigtau” der Blattläuse – konsumieren. Man spricht auch vom Melken der Blattläuse durch die Ameisen. 

Eine Ameise genießt den Honigtau einer Blattlaus.

Nervensägen oder nützliche Helfer?

Alle kennen es: Ein schönes Picknick mit Süßgebäck und nach wenigen Minuten muss man vor einer Kohorte Ameisen fliehen. Oder die winzigen Tierchen folgen einer Limonaden-Spur in die Küche und wollen sich häuslich einrichten.

Doch so sehr sie uns auch manchmal nerven mögen, übernehmen sie doch wichtige Aufgaben in der Natur. Sie lockern den Boden auf und machen es Pflanzen so leichter, ihre Wurzeln durch den Boden wachsen zu lassen. Es kann wertvoller Humus entstehen. Durch ihre müßige Sammel-Suche von Nahrung verteilen sich auch Pflanzensamen, die so durch ihre Hilfe an anderen Orten anwachsen können. Außerdem halten sie unseren Wald sauber. Blätter oder Kadaver von Tieren werden in kleinen Teilen von Ameisen “abtransportiert” und für ihre Zwecke genutzt. Und Zack: Alles wieder blitzeblank! 

Neben diesen nützlichen Aufgaben sind sie aber auch die Lebensgrundlage anderer, größerer Tiere wie Vögel. 

Wusstest Du schon…?
Neben den größeren Fressfeinden der Ameisen gibt es auch ganz kleine Bösewichte. Der kleine Leberegel oder Lanzettelegel (Dicrocoelium dendriticum) gelangt oral in Form von Zerkarien in die Ameise. Sie entwickeln sich im Körper der Insekten weiter und warten darauf, von Weidetieren – dem eigentlichen Ziel – gefressen zu werden. Damit die Ameisen von den grasenden Tieren gefressen werden können, hat sich der Leberegel einen gruseligen Trick einfallen lassen. Eine Zerkarie dringt in das Nervensystem der Ameise ein. Tagsüber verhält sich diese ganz normal, doch abends kehrt sie nicht in das Nest zurück, sondern verbeißt sich an höherer Vegetation. So kann sie leichter gefressen werden.

An einem Blumenstängel tummeln sich Ameisen und Blattläuse.

Was haltet Ihr von Ameisen? Nerviger Störenfried oder doch interessant?
Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen!

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