Seit der Mensch sesshaft geworden ist, gestaltet er die Umwelt anders als zuvor. Dem folgten die Kultivierung von Feldern und die Haltung von Vieh. Um die Ansprüche der Menschen zu befriedigen, werden bis heute Wälder gerodet. Entweder um die Flächen umzuwandeln und neben der Nahrungssicherung Bauland zu gewinnen oder für die Gewinnung von Ressourcen, wie zum Beispiel Brenn- oder Bauholz.
Diese Umwandlung der ursprünglichen Landbedeckung – nämlich Wald – droht nun alle Grenzen zu sprengen und uns in große Gefahr zu bringen. Was es mit dem Landnutzungswandel auf sich hat und was wir gegen die Gefahren tun können, erfahrt Ihr in diesem Artikel. 

Weideland für Tiere spielt schon seit jeher eine wichtige Rolle. Früher wurden die Tiere auch in alte Eichenwälder getrieben, wo sie sich an den Eicheln satt fressen konnten. Wenn Ihr mehr über diese Hutewälder wissen möchtet, findet Ihr in unserem Artikel über die Eiche mehr dazu.

Wie wir den Wald an den Abgrund drängen

Mit Sicherheit haben die meisten von Euch schon Bilder von brennenden Regenwäldern gesehen. Von 2002 bis 2022 hat die Welt eine Waldfläche verloren, die circa 72,53 Millionen Hektar groß ist. Das ist eine größere Fläche als ganz Marocco. Alleine 2021 wurden jede Minute ungefähr 10 Fußballfelder an tropischem Regenwald vernichtet. Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass wir bei einigen tropischen Wäldern bald den Kipppunkt erreicht haben, an dem sie mehr Kohlenstoffdioxid (CO2) ausstoßen als speichern. Denn ist eine Fläche erstmal gerodet, entwickelt sich nicht wieder direkt die gleiche Artenvielfalt und Waldstruktur.

Wie in unseren heimischen Wäldern in Deutschland, siedeln sich zunächst die Arten an, die mit Freiflächen zurechtkommen. Darüber hinaus siedeln sich lediglich die Bäume an, deren Samen auch auf die Fläche kommen können. Nach einer Brandrodung sind dies viel weniger Arten, als dort ursprünglich vorgekommen sind. Auch die Bodenfunktionen sind geschädigt und durch die Verbrennung ist bereits ein großer Teil des gespeicherten CO2 freigesetzt worden.
Die meisten dieser Brände werden bewusst von Menschen gelegt, um Land für die Landwirtschaft oder Viehzucht zu gewinnen.

57 % des Waldverlustes konnte man unterschiedlichen Gründen zuordnen. Die Gewinnung von unterschiedlichen Rohstoffen wie Fleisch, Palmöl, Soja, Kakao, Kautschuk, Kaffee und Holzfasern wird hier anteilig dargestellt. 

Nicht nur Menschen essen Sojaprodukte

Wie die Abbildung vom “World Recources Institut” zeigt, macht die Viehwirtschaft alleine 36 % der Flächen aus und ist demnach der größte Treiber der Rodungen, gefolgt von Palmöl, welches sich zum Beispiel in Haarprodukten und Nutella versteckt. Das Soja, welches hier größtenteils angebaut wird, landet nicht – wie man jetzt denken könnte –  in vegetarischen oder veganen Produkten. Auch dieses Produkt ist hauptsächlich für die Fütterung in der Massentierhaltung.
Wie Ihr vielleicht schon merkt, ist unser Konsum in der globalisierten Welt das größte Problem für die Wälder in anderen Ländern. Wenn wir also möchten, dass sich in anderen Ländern etwas verändert, sollten wir uns zuerst an die eigene Nase fassen!  

Landnutzungswandel, um die Menschheit trotz Klimawandel zu ernähren

Abgesehen von den menschlichen Eingriffen, bedroht auch der menschengemachte Klimawandel unsere Wälder. Der Wald stirbt und es entstehen große Freiflächen. Gründe dafür sind Windwurf, Borkenkäfer oder auch Waldbrände
Doch wie wir schon in früheren Artikeln erläutert haben, speichert der Wald nicht nur CO2, sondern generiert auch Regen und speichert Wasser, befestigt Land durch Durchwurzelung und steigert die Biodiversität.

Dennoch gibt es mittlerweile so viele Menschen, dass die Versorgung mit Nahrungsmitteln eine große Rolle spielt. Genau aus diesem Grund müssen wir es schaffen, die vorhandene Landfläche multifunktional zu nutzen, ohne dabei die Grenzen unserer Erde zu überschreiten.   

Ein lichter Waldrand in einem Naturschutzgebiet bei Hildesheim. Hier wachsen im Frühjahr zwischen Perlgras Teppichen viele verschiedene Frühblüher wie Lerchensporn (Corydalis cava), Buschwindröschen (Anemone nemorosa) oder gelbe Windröschen (Anemone ranunculoides).

Wer definiert die Grenzen? 

Achtung, jetzt wird es erstmal wissenschaftlicher. Wir haben Euch in einem anderen Artikel bereits die planetaren Belastungsgrenzen vorgestellt. Wenn Euch das so gar nichts sagt, könnt Ihr hier mehr darüber erfahren. Als kleine Auffrischung des Themas gibt es jetzt aber nochmal die Kurzfassung: 

Die planetaren Belastungsgrenzen zeigen, wie weit Menschen die Ökosysteme beeinflussen und verändern können, bevor sie durch menschliches Umgestalten kollabieren. Überschreitet man die von Wissenschaftler:innen aufgestellten Grenzen, bewegt man sich außerhalb des sicheren Handlungsraums. Das bedeutet, dass die Auswirkungen des Handelns unabsehbar sind und ein hohes Risiko bergen.  

Die Risikostufen werden durch die Farbgebung dargestellt. Wird eine Grenze überschritten, wechselt die Farbe von Grün zu Gelb oder Rot (steigendes Risiko) bis zu dunkelrot (Hochrisiko-Zone). Die Landnutzungs- oder Landsystemwende Grenze ist bereits überschritten und nähert sich der Hochrisiko-Zone.

Landnutzungswandel

Der Landnutzungswandel oder auch Land-system-change ist eine von neun planetaren Belastungsgrenzen. Sie ist ebenfalls eine von sechs Grenzen, die wir bereits überschritten haben. Die Forscher:innen, welche die Belastungsgrenzen entwickelt haben, legen ihren Fokus beim Landnutzungswandel auf die verbleibenden Waldflächen.

Denn Waldflächen haben einen stärkeren Einfluss auf die Landoberfläche und die Atmosphäre als die meisten anderen Landsysteme. Seine Reduzierung steht repräsentativ für die Umwandlung von ursprünglichen Landsystemen und soll die Überwachung der Grenze vereinfachen. Der Fokus des Walderhalts liegt dabei auf den Wäldern, die nicht nur das regionale, sondern das Weltklima beeinflussen.

Wusstest Du schon…?
Es ist gar nicht so einfach herauszufinden, ob Waldflächen gerodet wurden. Forscher:innen können zwar Satellitenbilder auswerten, jedoch erkennt man auch hier nicht unbedingt, ob es sich um einen Regenwald oder eine Palmölplantage handelt. Auch gerodete Regenwaldflächen, auf denen sich wieder Wald entwickeln, sind auf Satellitenaufnahmen nur schwer von den ursprünglichen Wäldern zu unterscheiden. Nur durch einen Besuch vor Ort wird deutlich, wie viel Artenärmer die neuen Wälder sind. 

Auch in Deutschland haben wir viele Flächen für die Landwirtschaft oder den Anbau von bestimmten Baumarten entwässert. Auch viele Moorflächen wurden stillgelegt, um Platz für unsere Nahrungsversorgung und Weideland zu generieren. Das sollten wir nicht vergessen, wenn wir jetzt mit dem Finger auf andere Länder zeigen.

Das Problem mit dem CO2

Der tropische Regenwald ist das wohl bekannteste Beispiel dafür. Er speichert Unmengen an Kohlenstoffdioxid (CO2) und hat einen starken Einfluss auf die Verdunstung. Fallen die Wälder weg, verdunstet nicht mehr so viel Wasser, wodurch sich Regenfälle vermindern. Die ursprünglichen Regenwälder verwandeln sich so in trockene Savannen.

Doch auch den borealen Wäldern wird eine große Rolle zugeschrieben. Sie verhindern, dass Sonnenstrahlung die Böden erwärmen und CO2 frei wird. Temperierte Wälder haben voraussichtlich einen weniger starken Einfluss. 
Damit das regionale und globale Klima erhalten bleiben kann, sollte eine gewisse Waldbedeckung gegeben sein. Die Wissenschaftler:innen orientieren sich dabei an der Waldbedeckung, die vor der Industrialisierung vorhanden war – dies betrachten sie als hundertprozentige Bewaldung. 

Landnutzungswandel…zurück?

Was heißt das? Bevor der Mensch Industriegebiete und Kohlekraftwerke erbaute, war die Welt schöner und bewaldeter. Das war ein Zustand, der unserer Umwelt viel besser getan hat. Doch mit der Zeit hat der Mensch die Grenze für die ideale Waldbedeckung überschritten. Die Grenze (in der Abbildung der grüne Bereich, bevor es gelb wird) liegt für tropische und boreale Wälder bei 85 % und für temperierte bei 50 %. Ende 2023 haben wir all diese Grenzen überschritten. Für die tropischen Wälder liegen wir bereits außerhalb der Zone des wachsenden Risikos bei 59 %. 

Ende 2023 liegen die Anteile des tropischen Waldes bei 59 %, des Temperierten bei 41 % und des Borealen bei 63 %.

Was können wir verändern? 

Schon jetzt leben 8,16 Milliarden Menschen auf der Erde. Der Bedarf an Essen, Wohnraum und Energie wird in den nächsten Jahrzehnten nicht sinken. Die Landfläche selbst wird demnach auch immer knapper, weil sie viele Funktionen erfüllen soll. Doch um wie oben gesagt an der eigenen Nase anzufangen, richten wir den Blick wieder auf Deutschland.

Große Flächen wie Felder sind für die Landwirtschaft zum Beispiel sehr attraktiv. Sie bergen wenig Aufwand und demnach einen potentiell hohen Ertrag. Betrachtet man hingegen die Aspekte der Wasserwirtschaft, wird klar, dass offene Agrarflächen schneller aushagern und Stürmen schlechter trotzen können. Vor allem im Klimawandel, durch den Extremereignisse wie Stürme, Dürre oder Überflutungen immer mehr werden, müssen wir Alternativen finden. 

Auch die Artenvielfalt kann durch die großen Äcker leiden, dabei müssen sich biologische Vielfalt und Landwirtschaft nicht ausschließen. Schon Hecken und Blühstreifen zwischen den Feldern erhöhen die Artenvielfalt enorm. Davon profitieren sogar die Feldfrüchte, da mehr bestäubende Insekten vor Ort sind.

Wusstest Du schon…?
Viele Pflanzen sind auf die Bestäubung von Bienen oder anderen Insekten angewiesen. An den Samen in einer Rapsschote kann man zum Beispiel ablesen, wie erfolgreich und somit zahlreich die Bestäubung der jeweiligen Blüten war. 

Wenn Ihr mal wieder in der Feldmark spazieren seid und Euch der Wind um die Ohren pustet, könnt Ihr mal versuchen auf Hecken in der Nähe zu achten. Oftmals ist es dahinter sehr viel windstiller. 

Ab durch die Hecke

Ist ein Feld von einer Hecke umsäumt, ist es viel besser geschützt. Hecken nehmen aber natürlich bewirtschaftete Fläche weg.
Agroforstsysteme beschäftigen sich unter anderem damit, solche Hecken zu nutzen. Bei diesem Prinzip geht es – wie der Name schon verrät – um eine Mischung aus Land- und Forstwirtschaft. Man kann also nicht nur Feldfrüchte, sondern auch schnellwachsende Pappeln oder Weiden auf den Feldern anpflanzen. Sie schützen die Feldfrüchte vor Winderosion und spenden im Sommer Schatten. Ihr Holz können wir darüber hinaus nutzen. Wenn Euch dieses Thema interessiert, findet Ihr hier einen ganzen Artikel dazu! 

In wärmeren Ländern sind Agroforstsysteme schon weiter verbreitet. In Frankreich werden zum Beispiel Feldfrüchte zusammen mit Walnussbäumen angebaut. So erntet man zusätzlich die Walnüsse und kann das Holz der Bäume nutzen, wenn sie keinen guten Ertrag mehr liefern. Außerdem schützen sie die Fläche vorm Austrocknen und bremsen den Wind auf der Fläche. Über dem Feld auf dem Bild stehen Olivenbäume.

Abgesehen vom Schutz der Feldfrüchte und der Doppelnutzung von angebauten Rohstoffen geht es um den Schutz des Bodens, damit wir den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid reduzieren. Um die Landflächen multifunktional zu nutzen, hat der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (sehr viel kürzer ausgedrückt: Der WBGU) ein Konzept entwickelt. Damit Euer Kopf jetzt nicht anfängt zu rauchen, sparen wir uns das für einen anderen Artikel auf.

Das war jetzt wieder mal viel Input auf einmal. Hat Euch das Thema Landnutzungswandel gefallen? Gibt es Fragen, die wir noch nicht beantwortet haben, oder weiterführende Artikel (zum Beispiel zu dem Konzept des WBGU), die Euch gefallen würden? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen! 

Quellen:

Helmholtz Centre for Environmental Research (UFZ) https://www.youtube.com/watch?v=AtJUBIBzf5k 

WBGU: Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration (o.J.), URL: https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/landwende 

https://research.wri.org/gfr/forest-extent-indicators/deforestation-agriculture#how-much-forest-has-been-replaced-by-specific-agricultural-commodities

Schulz, C.: Planetare Grenzen – Über die Belastbarkeitsgrenzen der Erde (2023), in: CareElite, URL: https://www.careelite.de/planetare-grenzen/ 

Stockholm Resilience Centre: Planetary boundaries (2023), URL: https://www.stockholmresilience.org/research/planetary-boundaries.html