Ob als Dachstuhl, Tisch oder Fußboden – Holz umgibt uns im Alltag. Doch Plastik und nicht erneuerbare Rohstoffe ganz genauso. Wie cool wäre es, wenn wir es schaffen würden, viel mehr Stoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz herzustellen? Jetzt sagt Ihr vielleicht: Wir holzen den Wald doch schon sehr stark ab und legen jetzt den anderen Teil der Wälder still, wie soll das denn gehen? Genau das erfahrt Ihr im heutigen Artikel! 

Auch aus faulen Holzstämmen kann man hübsche Sachen machen. Die Lücken dieses Tisches wurden mit Epoxidharz ausgefüllt.

Krumm und schief ist schön!

Ihr habt recht, wir verwenden bereits viel Holz. Dafür nutzen wir nicht nur deutsche Wälder, sondern importieren auch Unmengen aus dem Ausland. Das für unzureichend befundene Holz oder Holz, das sich besser im Ausland verkaufen lässt, exportieren wir. Aber davon abgesehen stellt sich die Frage: Nutzen wir das geerntete Holz ausreichend? 

Für Dachstühle kann man nur gerade und astfreie Balken verwenden. Abgesehen davon gibt es jedoch viele Produkte, bei denen diese Aspekte nicht nur irrelevant sind, sondern sogar zu ihrer Schönheit beitragen! Eine lebendige Maserung mit Ästen und ungleichen Jahrringen wirkt unglaublich ansprechend auf die meisten Betrachter:innen. Ein Couchtisch oder Schneidebrett erfüllen auch ihren Zweck, wenn sie eine Astnarbe haben. Das Streben nach einem fehlerfreien und – let´s be honest – langweiligem Holz ist also eigentlich nicht nötig. 

Natürlich brauchen wir auch Brennholz, aber es gibt noch viel mehr Möglichkeiten, was man mit Holz alles machen kann. 

Die Inneneinrichtung ist bislang nur in sehr teuren Autos aus Holz. Wie gefällt Euch dieser Stil?

In Deutschland verschiebt sich momentan der Rohholzmarkt. Das bedeutet, dass durch das Absterben der wirtschaftlich wichtigen Fichte und des fortschreitenden Klimawandel mehr Laubbäume gepflanzt werden. Nadelholz wird jedoch vielerorts gebraucht. Das Holz von Laubbäumen hat andere Eigenschaften, als man sich in einigen Branchen wünscht.  

Die Forschung beschäftigt sich daher immer mehr damit, wie man Nadelholz durch Laubholz ersetzen kann, ohne dass gewünschte Eigenschaften des Holzes fehlen. Dazu verwenden sie das Holz in teilweise ganz anderen Formen, als wir es bis jetzt kennen.  

Viele Beispiele dafür findet man bei unterschiedlichen Fraunhofer Instituten.

Holzautos?

Zum Beispiel beim Projekt “FutureFlexPro”. Dort arbeiten mehrere Forschungsteams des Fraunhofer-Instituts an einem klimafreundlichen Innenleben von PKWs. Bei der Herstellung für Autos werden viel Energie  und nicht nachwachsende Rohstoffe verbraucht. Viele Teile eines Automobils müssen schnell austauschbar und robust sein. Das wollen die Forscher:innen durch die Verwendung von Holz entwickeln und dadurch auch gewährleisten, dass die Produkte länger halten, weniger Reparaturen benötigen und anschließend recycelt werden können. Das bedeutet, dass Eure zukünftige Touch Oberflächen – zum Beispiel das Navi –  im Auto demnächst aus Holz sein könnten. Dabei werden zum Beispiel Holzfurniere durchscheinend konstruiert, sodass man sie auf einer Holz-Touch Oberfläche bedienen kann.

Das sieht dann nicht nur super aus, sondern ist auch sehr viel klimafreundlicher als das Innenleben von jetzigen Automodellen.

Mit so einem Spielzeugauto haben bestimmt schon einige von euch als Kind gespielt. Ein Auto nur aus Holz wurde aber tatsächlich von Joe Harmon entwickelt. Er nannte das Auto “Splinter”, zu Deutsch also Splitter. Der Sportwagen soll laut Harmon zeigen, dass man Autos sehr wohl nur aus Holz bauen könnte.

Holzschaum als Dämmmaterial 

Die Dämmung eines Hauses ist überaus wichtig. Sie verhindert, dass Wärme durch die Wände oder das Dach nach außen entweicht. So muss man wesentlich weniger heizen und spart Energie. 

Die meisten Dämmungen bestehen jedoch aus Kunststoffen, die unsere Umwelt belasten. Forscher:innen vom WKI für Holzforschung in Braunschweig beschäftigen sich deswegen schon länger mit einer klimaverträglichen Alternative: Holzschaum. Seit 2014 entwickeln sie das Produkt und versuchen die Eigenschaften von Kunststoffen mit nachwachsenden Rohstoffen zu imitieren. Die bisherigen Dämmstoffe, die auf Holz basieren, wie unterschiedliche Flies-Dämmungen, fasern und sind nicht formstabil. Der Holzschaum hat diese Nachteile nicht! Darüber hinaus ist er klimafreundlicher, besteht aus Holzfasern und ist recycelbar. Er ist geruchsneutral und bildet beim Zuschneiden nur wenig Staub. Grundsätzlich kann man dafür auch jede Holzart – sogar als Mischung – einsetzen.  

Je nach Herstellung und verwendeter Baumart können die Forscher:innen unterschiedliche Dichten und somit unterschiedlich starke Dämmungen erzeugen. 

Hier seht Ihr fertig hergestellten Holzschaum.

Holz wie Sahne aufschlagen

Eine hohe Wasserzufuhr zersetzt das Holz in einem spezifischen Prozess zu kleineren Partikeln, sodass eine Art Brei entsteht. Gas bildende Stoffe wie CO2 schäumen diesen Brei auf. Das könnt Ihr Euch vorstellen, wie Sahne aufschlagen. Nur dass dieser Prozess nicht durch eure Rührkraft entsteht, sondern durch ein Gas. Der Schaum bleibt von alleine bestehen und härtet in einem Trockenschrank (wissenschaftlicher Begriff für einen coolen Backofen) aus. Der Schaum behält seine Form durch die holzeigenen Bindekräfte. Die gesundheitliche Belastung durch die Ausdünstung von Klebstoffen, die man in herkömmlichen Dämmungen verwendet, fällt also ebenfalls weg. 

Die Eigenschaften des Holzschaums sind bis jetzt noch nicht auf dem gleichen Niveau wie die des Kunststoffes, sind aber sehr nah dran! Und abgesehen davon birgt weitere Vorteile für Mensch und Natur. Wie kann das noch cooler werden? Ganz einfach! Der Holzschaum kann nicht nur für Dämmungen eingesetzt werden. Verpackungsmaterial kann man ebenfalls aus ihm herstellen und so schädliches Plastik ersetzen. 

Fertig hergestellte Dämmplatten kann man mit anderen Werkstoffen kombinieren. Zum Beispiel mit zwei Sperrholz-Außenplatten, damit der Holzschaum als fertige Wand oder Decke eingebaut werden kann.

Recycling kann auch innovativ sein! 

Wusstet Ihr, dass die Rotorblätter von Windkraftanlagen schon jetzt unter anderem aus Holz bestehen? Das dort verbaute Balsaholz wächst nur in wenigen Ländern. Ecuador ist der größte Exporteur des Rohstoffes und steuert 80-90% des am Weltmarkt verfügbaren Holzes bei. Der Rest kommt aus Indonesien oder Papua-Neuguinea. Abgesehen davon sind in den Rotoren glasfaserverstärkter Kunststoff und Kunststoffschaum mit Holz gemischt. Außerdem befinden sich kleine Kupferleitungen als Blitzableiter in den Rotorblättern. Die verwendeten Rohstoffe sind sehr leicht, wodurch die Blätter trotz ihrer Größe noch händelbar sind. Eventuell sollen in Zukunft noch weitere verstärkende Stoffe dazukommen, damit die Rotorblätter eine längere Laufzeit haben. 

Das Problem besteht jedoch darin, die Stoffe nach der Nutzung wieder zu trennen und korrekt zu recyceln. Bis jetzt wird der anfallende Müll in der Zementindustrie oder auf Müllhalden im Ausland verbrannt. Nicht sonderlich nachhaltig also…

Erneuerbare Energien sind im Vormarsch und sollen uns eine Zukunft sichern, in der wir klimaneutral leben.

Wusstest Du schon…?
Die Rotorblätter von Windkraftanlagen werden nach 10 – 20 Jahren erneuert. Die enthaltenen Stoffe werden aufgrund des Rohstoff-Mixes nicht wiederverwendet. 

Rückgewinnung von „verbrauchtem“ Holz

Das Projekt “ForCycle” beschäftigt sich mit der Trennung der verbauten Materialien. Die Rückgewinnung und Wiederverwendung von den verbauten Materialien bietet ökologische und ökonomische Vorteile. Vor allem das Balsaholz ist ein wertvoller nachwachsender Rohstoff, den man mehr als einmal nutzen könnte. Die Trennung des Holzes von den Glasfaser-Partikeln ist jedoch sehr aufwändig und schwierig, aber nicht unmöglich. 

Das Balsaholz eignet sich in der zweiten Nutzung zum Beispiel als Dämmmaterial des vorher schon aufgeführten Holzschaums! Dabei ist es bei dieser spezifischen Verwendung nicht sonderlich problematisch, wenn noch geringe Glasfaser-Partikel mit dem Holz verbunden sind.  

Projekte wie “ForCycle” helfen uns dabei die Klimaziele umzusetzen. Denn zu Produkten gehört auch stets ihre Herstellung und die klimafreundliche Rückführung der Ressourcen in unser Ökosystem.

Kennt Ihr noch andere innovative Holzprodukte, über die wir schreiben sollen? Was würdet Ihr von einem Auto mit hölzerner Innenausstattung halten? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!

Quellen:

Vorlesung im Modul “Multifunktionale Waldbewirtschaftung und innovative Waldprodukte” des Masterstudiengangs „Waldökosystemmanagement und forstliche Bioökonomie” der HAWK Göttingen – Fakultät Ressourcenmanagement; Dozierende: Prof. Dr. Bettina Kietz & Prof. Dr. Torsten Vor

Fraunhofer-Institut für Holzforschung WKI in Braunschweig

https://www.materials.fraunhofer.de/de/Geschaeftsfelder/Bauen-und-Wohnen/holzschaum.html

https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2014/Maerz/effektive-waermedaemmung.html

https://www.wki.fraunhofer.de/de/fachbereiche/hnt/verfahrenstechnik-holzwerkstoffe-und-alternative-rohstoffe.html

Projekt “FutureFlexPro” für das klimafreundliche Innenleben von PKWs

https://www.ist.fraunhofer.de/de/kompetenzen/flexible-produktionssysteme/smartes-modulares-nachhaltiges-interieur.html

Projekt “ForCycle” – Recycling von Rotorblättern

https://www.materials.fraunhofer.de/de/Geschaeftsfelder/Energie_Umwelt/recycling-von-grossformatigen-compositebauteilen–rotorblaettern.html

https://www.materials.fraunhofer.de/de/Geschaeftsfelder/Energie_Umwelt/recycling-von-balsaholz-aus-rotorblaettern-zur-herstellung-von-d.html