Beobachtet Ihr gerne seltene Vögel oder bestimmt in Eurer Freizeit Pflanzen und Tiere? Dann steckt in Euch ein richtiger Forscher oder Forscherin! Mit coolen “Citizen Science” Projekten könnt Ihr an verschiedensten interessanten Themen mitforschen – und das ganz ohne akademische Ausbildung. Wie Ihr in die Fußstapfen von Charles Darwin und Isaac Newton treten könnt, erfahrt Ihr in diesem Artikel.

Was ist Wissenschaft?

Es gibt viele Definitionen von Wissenschaft, doch keine einheitliche und allgemeingültige Beschreibung. Man kann sagen, dass die Wissenschaft eine Sammlung von menschlichem Wissen, Erkenntnissen und Erfahrungen ist, die stetig erweitert und gelehrt wird. Die Wissenschaft wird in die drei Kategorien Naturwissenschaften (z.B. Mathematik, Biologie), Sozialwissenschaften (z.B. Politik, Wirtschaft) und Geisteswissenschaften (z.B. Kunst, Geschichte) eingeteilt. Bei allen geht es immer um das Gewinnen von neuen Erkenntnissen (Forschung) und die Vermittlung der Erkenntnisse an die nächste Generation von Wissenschaftler:innen (Lehre).

Durch die Erfindung des Mikroskops, wurde den Menschen eine ganz neue Welt offenbart. Ohne Mikroskope wären viele Wissenschaftsbereiche überhaupt nicht möglich.

Um wissenschaftlich zu arbeiten, muss man sich an einige Regeln halten. Zu Beginn jeder wissenschaftlichen Arbeit steht die Beobachtung der Umgebung. Dabei fallen einem Sachen auf, die man versucht zu erklären. Das ist die sogenannte These. Diese These versucht man anschließend mit Hilfe der Forschung zu belegen. Bei sehr komplexen Sachverhalten dauert das schon mal mehrere Jahre. Sobald eine wissenschaftliche Arbeit abgeschlossen ist, veröffentlicht man sie und andere Wissenschaftler:innen können sie überprüfen. Dafür wiederholt man dieselbe Arbeit noch einmal, um zu sehen, ob sich auch die Ergebnisse wiederholen. Und jetzt kommt ein extrem wichtiger Faktor ins Spiel: die Reproduzierbarkeit. Um die Ergebnisse vergleichen zu können, müssen die Forschungen exakt gleich ablaufen. Aus diesem Grund spricht man der Methodik, also der Beschreibung dessen, wie die Wissenschaftler:innen vorgegangen sind, eine sehr hohe Priorität zu.

Wusstest Du schon…?
Wissenschaft kennt keine “absoluten Wahrheiten”. Es gibt also kein Richtig oder Falsch. Das bedeutet, es entwickeln sich immer wieder neue Erkenntnisse, die eine frühere Gewissheit widerlegen. 

Hobbywissenschaftler:innen

Viele bekannte Persönlichkeiten der Geschichte waren eigentlich Laien auf ihrem Gebiet. Charles Darwin, der Erfinder der Evolutionstheorie, war von Beruf Theologe. Auch Isaac Newton, Nobelpreisträger für Physik, beschäftigte sich lediglich in seiner Freizeit mit den Naturwissenschaften.

Charles Darwin, der Erfinder der Evolutionstheorie, war studierter Theologe. Nach seinem Studium bereiste er die Welt – zusammen mit seinem Beagle.

Dass man keine akademische Ausbildung benötigt, um wissenschaftlich arbeiten zu können, ist also nicht neu. Die natürliche Neugier der Menschen genügt schon. Eine von vielen beliebten Kategorien ist die Ornithologie. Es gibt unzählige begeisterte Hobby Ornitholog:innen, die ständig mit dem Fernglas auf der Suche nach seltenen Arten sind, um diese zu bestimmen. Oft haben sie sogar mehr Ahnung als promovierte Biologinnen und Biologen.

Jetzt zum eigentlichen Thema: Citizen Science

Die ins Deutsche übersetzte Bürgerwissenschaft macht sich die natürliche Neugier der Menschen zu Nutze. Das Prinzip ist, dass hauptberufliche Wissenschaftler:innen sich Unterstützung aus der Bevölkerung holen. Sowas funktioniert natürlich nicht bei jeder Art der Forschung. Doch unter bestimmten Umständen lassen sich dadurch Erkenntnisse gewinnen, die ohne die Unterstützung von vielen Personen überhaupt nicht möglich wären.

Hobby Ornitholog:innen kennen sich häufig sogar besser mit Vögeln aus als studierte Biolog:innen.

Der wesentliche Vorteil dieser Art der Forschung ist nämlich, dass große Datenmengen erzeugt werden können, die räumlich und zeitlich sehr flexibel sind. Laien können natürlich keine super komplexen Laboruntersuchungen durchführen, aber zumindest einfache Messungen durchführen oder Bilder auswerten. Die Wissenschaftler:innen können auch Schulungen durchführen oder Anleitungen erstellen, wie die Laien bei ihrer Arbeit vorgehen sollen.

Wovon redet der da?

Ihr könnt Euch noch nicht so richtig vorstellen, wovon ich überhaupt rede? Naja, nehmen wir mal Folgendes an: Ein Biologe möchte die Wassertemperatur aller deutschen Seen am 1. November um 8 Uhr morgens messen. Logischerweise ist das für ihn alleine überhaupt nicht möglich, er kann ja nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein. Eine Möglichkeit wäre, weitere Biolog:innen hinzuzuziehen, die ihn bei seiner Datenerhebung unterstützen. Allerdings ist das sehr unrealistisch, denn allzu viele Biolog:innen gibt es gar nicht. Eine vergleichsweise einfache Messung der Wassertemperatur können aber auch Laien durchführen. Dies könnte deutschlandweit zum Beispiel durch mehrere Grundschulklassen im Rahmen des Sachunterrichts durchgeführt werden. Die Lehrkräfte führen die Messungen durch und die Schulkinder haben Spaß und lernen etwas über die Ökologie von Gewässern. Eine Win-Win-Situation für Alle!

Die Temperatur abzulesen ist nicht schwer.

Im forstlichen Bereich wäre ein gutes Beispiel die Beobachtung, zu welchem Zeitpunkt im Herbst die Bäume in unterschiedlichen Gebieten der Bundesrepublik ihre Blätter abwerfen. Das könnte wichtige Erkenntnisse im Rahmen des Klimawandels geben. Die Allgemeinheit kann den Wissenschaftler:innen auch Inspiration durch ungewöhnliche Ideen und Methoden geben. Außerdem fördert die interaktive Arbeit die Transparenz und Akzeptanz in der Bevölkerung.

Wusstest Du schon…?
Überall, wo große Datenmengen entstehen, ist das Thema Datenschutz präsent. Besonders problematisch kann das im medizinischen Bereich sein, wenn es um Gesundheitsdaten von Patient:innen geht.

Coole Projekte

Vor einiger Zeit haben wir einen Artikel über Agroforst für Euch geschrieben. Dabei geht es um die Kombination von Ackerflächen, Wiesen und Weiden mit Bäumen und Sträuchern. Daraus können sich viele wirtschaftliche und auch ökologische Vorteile ergeben. Diese Bewirtschaftungsform ist allerdings nicht neu, sondern gab es schon vor vielen Jahrhunderten, zum Beispiel in Form von Hutewäldern und Streuobstwiesen. Das Citizen Science Projekt “agroforst-monitoring” erforscht den Einfluss von Agroforst auf unsere Landschaft, vor allem in Bezug auf Boden- und Klimaschutz und die Biodiversität. Das Projekt hat die Westfälische Wilhelms-Universität Münster ins Leben gerufen. Ihr könnt bei den Aufnahmen auf den teilnehmenden Bauernhöfen mithelfen – ganz ohne Vorkenntnisse.

Agroforst Konzepte können eine gute Alternative zugunsten der Biodiversität sein.

Jede Beobachtung zählt! Bei dem Projekt “naturgucker.de” kann ebenfalls jede:r von Euch mitmachen, und zwar immer und überall. Das Projekt existiert schon seit 2008 und dient einem langfristigen Monitoring unserer Tier- und Pflanzenwelt. Um mitzumachen, müsst Ihr nur die Online-Plattform öffnen und Eure Beobachtungen vom letzten Spaziergang, der Urlaubsreise oder dem Wochenendausflug eintragen. Dabei ist es egal, ob es sich um häufige Vogelarten wie Amsel und Taube oder seltene Säugetiere wie Feldhamster und Fischotter handelt. Durch die Masse an Beobachtungen kann man eine interaktive Karte erstellen. So kann man langfristige Rückgänge von Tierarten in einem bestimmten Gebiet frühzeitig erkennen. Das Ganze gilt natürlich nicht nur für Tiere, sondern auch für alle möglichen Pflanzen.

Ihr beobachtet die Natur gerne ganz genau? Dann ist Citizen Science vielleicht was für Euch!

Kanntet Ihr das System Citizen Science schon? Vielleicht beobachtet Ihr ja auch gerne Vögel oder interessiert Euch für ganz andere Themengebiete. Es gibt in allen möglichen Wissenschaftsbereichen solche Bürgerprojekte. Probiert es doch einmal aus und forscht zusammen mit Gleichgesinnten an einem Projekt Eurer Wahl. Vielleicht könnt Ihr sogar zu interessanten neuen Erkenntnissen beitragen!