Bestimmt habt Ihr schon mal ein Reh oder vielleicht sogar ein Wildschwein im Wald oder auf den Feldern beobachten können. Aber wie sieht es mit einem Damhirsch aus? Das ursprünglich bei uns auf der nördlichen Halbkugel heimische Damwild (Wissenschaftlicher Name: Dama dama) verschwand während der letzten Eiszeit vor etwa 15.000 Jahren. Das kalte Klima hat es bis in den wärmeren östlichen Mittelmeerraum zurückgedrängt, doch sie sind nach der Eiszeit nie wieder zurückgekehrt. Wieso Damwild heute trotzdem wieder bei uns zu finden ist und ob sie damit als Neozoen gelten oder nicht, klären wir in diesem Artikel.
So erkennt Ihr Damwild
Das Damwild ist die zweitgrößte Hirschart in unseren Wäldern. Damhirsche lassen sich mit ihren maximal 90 Kilogramm Gewicht daher eigentlich nicht mit ihrem zwei- bis dreimal größeren Verwandten, dem “König der Wälder”, verwechseln. Die Fellfarbe kann beim Damwild sehr verschieden sein. Neben der “Wildform” mit einer rötlich-braunen Grundfarbe und weißen Flecken gibt es auch schwarze und weiße Farbvarianten. Ein gutes Erkennungsmerkmal ist der schwarze Aalstrich, der über den kompletten Rücken bis zur Schwanzspitze reicht. Die männlichen Tiere tragen ein Geweih. Hirsche, die ein Jahr alt sind, bilden zunächst einfache Stangen aus, die sich mit den Jahren nach jedem Geweihabwurf weiterentwickeln. Im vollen Entwicklungsstadium formt das Geweih halbrunde, schaufelähnliche Mulden, weshalb man ausgewachsene Damhirsche auch Schaufler nennt.
Wusstest Du schon…?
Weißes Damwild kommt durchaus öfter vor. Deshalb ist es allerdings noch kein Albino. Albinos sind in der Natur extrem selten und neben der weißen Farbe am einfachsten an ihren roten Augen zu erkennen
Gefahr in Sicht
Damwild hat drei sehr gut ausgebildete Sinne. Es riecht, hört und sieht hervorragend. Das ist im Tierreich nicht besonders häufig. Wildschweine können beispielsweise sehr gut riechen und hören, allerdings bräuchten sie beinahe eine Brille, um nicht vor den nächsten Baum zu laufen. Trotz Bejagung ist Damwild hauptsächlich tagaktiv, weil sie sich stark auf ihre Augen verlassen. Der bevorzugte Lebensraum besteht aus parkähnlichen Landschaften mit Wäldern und Offenlandflächen, wo die Tiere weit gucken und Feinde frühzeitig erkennen können.
Damwild lebt teilweise in sehr großen Rudeln, getrennt nach Geschlecht. Wenn ein Feind entdeckt wurde, tritt das Damwild mit schnellen Sprüngen die Flucht an. Dabei stellt es seinen Schwanz aufrecht, damit alle anderen Rudelmitglieder die weiße Fläche am Hinterteil sehen können. Sie ist durch ihre helle Farbe extrem auffällig, weshalb sie in der Jägersprache auch als “Spiegel” bezeichnet wird. Durch sie wird allen Rudelmitgliedern signalisiert, ebenfalls die Flucht zu ergreifen
Mischkost für das Damwild
Bei unserem heimischen wiederkäuenden Schalenwild gibt es drei unterschiedliche Nahrungstypen. Das Reh ist ein Konzentratselektierer und ernährt sich hauptsächlich von hochwertigen Knospen oder Kräutern. Die Raufutterfresser nehmen Gräser zu sich, ähnlich wie Kühe auf einer Weide. Diese ökologische Nische hat in unseren Wäldern das Muffelwild eingenommen. Ein Mittelding bezeichnen die sogenannten Intermediärtypen, zu denen das Damwild und auch das Rotwild zählen. Sie können, stark abhängig von der Jahreszeit, von beiden Nahrungsangeboten leben. Gibt es reichlich schmackhafte Knospen junger Triebe, frische Kräuter auf einer Waldwiese oder Feldfrüchte auf dem Acker – Damwild könnte sich von allem ernähren. Und wenn es mal nichts anderes gibt, fressen sie sogar die Rinde von Bäumen. Bei sehr hohen Wilddichten führt das zu sogenannten Schälschäden, die die Bäume schädigen und teilweise sogar absterben lassen. Und wenn es keine Beutegreifer übernehmen, muss diesen Schäden durch die Jagd entgegengewirkt werden.
Wusstest Du schon…?
Wölfe haben die Ansiedlung von Damwild im Baltikum gänzlich verhindert und in Rumänien werden die Bestände allein durch Wölfe reguliert.
Damwild im Jahresverlauf
Das Licht der Welt erblicken Damwildkälber im Juni. Nun erfolgt eine etwa dreimonatige Säugezeit, bis die Kälber sich immer mehr von pflanzlicher Kost ernähren. Die Geweihentwicklung der Hirsche ist im August abgeschlossen und die Basthaut wird verfegt. Mitte Oktober beginnt dann die etwa zweiwöchige Paarungszeit, die man als Brunft bezeichnet. Nachdem die Revierkämpfe der Hirsche um den besten Brunftplatz abgeschlossen sind, setzen sie sich in ihre Brunftkuhle und warten auf die Ladies. Diese lassen sich von dem Hirsch anziehen, der für sie am besten duftet. Dafür urinieren die Hirsche sogar in ihre Brunftkuhle und suhlen sich darin, um noch verführerischer zu riechen. In den Wintermonaten verringert sich die Aktivität des Damwildes, um Energie zu sparen. Im April werfen die Hirsche dann ihre Geweihe ab und beginnen direkt mit der Entwicklung des neuen Geweihs. Im Juni kommen dann die Resultate der Brunftzeit zur Welt.
Wusstest Du schon…?
Durch die große Anstrengung und wenig Schlaf während der Paarungszeit verlieren Hirsche innerhalb dieser zwei Wochen bis zu 20 Kilogramm ihres Gewichts. Man bezeichnet sie dann als “abgebrunftet”.
Kein Neubürger und schmackhaftes Fleisch
Die Römer haben das Damwild erstmalig in Westeuropa angesiedelt, um eine neue Wildart einzuführen. Das war wesentlich vor dem Jahr 1492, in dem Kolumbus die “Neue Welt” entdeckte. Alle Wildarten, die zu diesem Zeitpunkt bereits heimisch waren, gelten als einheimisch. Andere Tiere, die erst später zu uns kamen, wie zum Beispiel der Waschbär oder Marderhund, sind sogenannte Neubürger bzw. Neozoen. Im 16. Jahrhundert hat man Damwild aus Dänemark nach Deutschland importiert, woher es auch seinen Namen hat. Erstmalig als “Dänenwild” bezeichnet, wurde daraus mit den Jahren das “Damwild”.
Damwild hat man schon immer gerne in Gattern zur Wildfleischproduktion gehalten. Sie sind gut in größeren Rudeln zu halten und vergleichsweise resistent gegen Krankheiten. Und nicht zuletzt schmeckt das zarte Fleisch den meisten Menschen sehr gut. Wenn Ihr also Damwildfleisch in einem Restaurant bestellen könnt, handelt es sich oft um ein solches Gatterwild und nicht um ein wildlebendes Tier aus der Natur. Aus diesem Grund zählt das Betreiben solcher Wildgatter auch zur Landwirtschaft, genau wie bei Schweinen, Kühen und Schafen. Wenn Ihr also Damwild aus der Natur essen möchtet, meldet Euch am besten beim nächsten Forstamt oder dem Jäger bzw. der Jägerin aus Eurer Nachbarschaft.
Für uns ist das Damwild eine faszinierende Wildart, die vor allem aus fotografischer Sicht besonders attraktiv ist. Aufgrund ihrer Tagaktivität kann man sie sehr gut bei bestem Licht fotografieren. Und jetzt Ihr, welche Wildart gehört zu Euren Lieblingen?
Quellen:
Hespeler, B.: Vor und nach der Jägerprüfung. Krebs Verlag