Sicherlich ist jeder von Euch schon mal an einem Wildschwein vorbeigelaufen – und zwar ohne es überhaupt zu merken. Denn diese schlauen Tiere haben gelernt, dass es am sichersten für sie ist, einfach in ihrem Versteck liegen zu bleiben bis die Gefahr, in diesem Fall Ihr, vorüber ist. Ihr würdet Euch wundern welch offensichtliche Tagesverstecke die Wildschweine haben. Dank der guten Tarnung werdet Ihr sie dennoch nicht zu Gesicht bekommen. Aber wo leben diese Tiere eigentlich und was mache ich, wenn ich mal einem begegne? Das und Vieles mehr erfahrt Ihr in diesem Artikel.

So erkennt Ihr Wildschweine

Jeder von Euch weiß, wie ein Wildschwein aussieht. Es gibt nämlich kein vergleichbares Tier in unseren Breitengraden. Das harte und borstige Fell ist vor allem im Winter dunkelbraun bis schwarz gefärbt, weswegen die Jäger:innen es auch Schwarzwild getauft haben. Frischlinge in ihren ersten Lebensmonaten sind dagegen sehr hell gefärbt und haben Streifen auf ihrem Körper. Die eindrucksvollen Eckzähne von ausgewachsenen Tieren können über 20 cm lang werden und sind durch das Aneinanderreiben messerscharf. Das Gewicht ist sehr stark vom Nahrungsangebot abhängig und variiert dementsprechend. Große männliche Wildschweine, die Keiler, können bis zu 200 kg auf die Waage bringen, genauso viel wie ein ausgewachsener Rothirsch. Wildschweine sehen in der Dämmerung zwar immer noch besser als wir Menschen, doch liegen ihre Stärken eher im Hören und vor allem im Riechen.

Anpassungskünstler Wildschwein

Natürlicherweise sind Wildschweine tagaktiv, doch hat der Mensch sie durch hohen Jagd- und Besucherdruck größtenteils zu nachtaktiven Tieren gemacht. Die Anpassungsfähigkeit an neue Situationen macht sie so erfolgreich. Deshalb können sie in fast jeder Umgebung überleben, sogar in Städten. Besonders Berlin ist bekannt für seine urbane Wildschweinpopulation, wo sie Vorgärten umwühlen und Mülltonnen plündern. Als Omnivore können sie auch so gut wie alles fressen. Zu ihren Lieblingsgerichten im Wald zählt die sogenannte Baummast, also die Früchte der Bäume, wie zum Beispiel Eicheln und Bucheckern. Im Feld sorgen sie bei  Landwirten für großen Ärger, denn insbesondere im Mais und Weizen können sie großen Schaden anrichten. Aber auch tierische Kost in Form von Insekten oder Aas stehen auf dem Speiseplan. 

Besonders an heißen Tagen dienen solche Wasserlöcher den Tieren zur Abkühlung

Wildschweine sind sehr gesellige Tiere. Sie leben in Familienverbänden, den sogenannten Rotten, zusammen. Die Rotte besteht aus einem erfahrenen weiblichen Tier, der sogenannten Leitbache, ihren halbstarken Kindern, die Jäger:innen Überläufer nennt und den ganz kleinen Frischlingen. Männliche Überläufer sondern sich spätestens mit zwei Jahren von der Rotte ab und bilden mit anderen halbstarken Männchen eine Überläuferrotte. Ältere Keiler sind  als Einzelgänger unterwegs. Die Paarungszeit des Schwarzwildes findet natürlicherweise während der Wintermonate statt. Falsche Bejagungsstrategien, die das Rottengefüge zerstören und der Klimawandel, der für mildere Winter und ganzjährig ausreichend Äsung sorgt, können sie sich inzwischen allerdings ganzjährig fortpflanzen. Nach einer Tragzeit von knapp vier Monaten kommen dann zwischen drei und zehn Frischlinge auf die Welt. Sie werden anschließend weitere vier Monate von der Bache gesäugt. Diese hohe Reproduktionsrate kombiniert mit weiteren umweltbedingten Faktoren führen zu einem jährlichen Populationszuwachs von 150 – 300%.

Wusstest Du schon…?
Wildschweine sind sehr schlau. Sie geben positive und negative Erfahrungen an ihren Nachwuchs weiter. So lernen sie immer mehr dazu. So meiden Frischlinge beispielsweise Orte, an denen ihre Mutter Jäger:innen begegnet ist.

Jagd

Das Schwarzwild gehört zu den relevantesten Wildarten in Deutschland. Da sie vor allem in der Landwirtschaft große Schäden anrichten können, haben die Jäger:innen die Aufgabe, für eine angemessene Populationsgröße zu sorgen. Doch die Schlauheit und Nachtaktivität der Tiere machen dies zu einer sehr großen Herausforderung. Außerdem werden verhältnismäßig zu viele Keiler erlegt. Es ist äußerst schwierig, bei weiblichen Stücken zu erkennen, ob sie gerade Nachwuchs haben oder nicht. Und da dies ganzjährig der Fall sein kann, muss das Tier im Zweifel laufen gelassen werden. Nicht zuletzt hat das Wildschwein einen sehr hohen Stellenwert bei der Fleischgewinnung. Nach der obligatorischen Untersuchung auf Trichinen, das sind kleine Fadenwürmer, die auch auf Menschen übertragbar sind, lässt sich das Wildbret zu einem hervorragenden Lebensmittel verarbeiten.

 Hat das Wildschwein Feinde?

Natürliche Feinde haben Wildschweine bei uns praktisch nicht. Es kann zwar sein, dass Wölfe oder Luchse das ein oder andere Stück erwischen, allerdings suchen sich die Räuber in erster Linie leichtere Beute. Denn Wildschweine gehören zum wehrhaften Wild und können den Räubern schwere Verletzungen zufügen. Damit sind wir Menschen die einzigen wirklichen Feinde. Doch nicht nur  Jäger:innen zählen zu den Feinden des Schwarzwildes. Leider fordert auch der Verkehr jährlich viele Opfer – Tendenz steigend.

Was mache ich bei einer Begegnung mit einem Wildschwein?

Diese Frage stellt sich früher oder später wohl jeder mal, wenn er öfter im Wald unterwegs ist – spätestens wenn Ihr einmal einem Wildschwein im Wald begegnet seid. Hier können wir vorab schon mal Entwarnung geben, denn normalerweise ist eine Begegnung total ungefährlich. Die Tiere haben nämlich eine natürliche Scheu gegenüber dem Menschen und ergreifen die Flucht. Ganz ungefährlich sind sie jedoch auch nicht. Vor allem wenn die Tiere gefüttert wurden und sie dadurch ihre Scheu verlieren, kann es schnell zu einer brenzligen Situation kommen. Ansonsten wird es eigentlich nur brisant, wenn ein Wildschwein mal verletzt ist und sich in die Enge gedrängt fühlt oder eine Bache Gefahr für ihre Frischlinge befürchtet.

Wenn Ihr in so eine Situation kommt, dann solltet Ihr auch richtig reagieren können. Vor allem müsst Ihr hektische Bewegungen vermeiden und Euch langsam zurückziehen. Dabei haltet Ihr das Wildschwein aber immer im Blick und beobachtet seine Reaktion. Solltet Ihr ein tiefes Schnauben hören oder sehen, dass es den Schwanz aufrichtet, steht tatsächlich ein Angriff unmittelbar bevor. In diesem Fall heißt es schnell zu reagieren und bestenfalls auf einen Baum oder Hochsitz zu klettern. Wenn das nicht so schnell möglich ist, macht Euch groß, indem Ihr die Arme hochhebt und laute Geräusche macht. Um einem Angriff auszuweichen, reicht es oft auch schon aus. sich hinter einen Baum zu stellen. Das Schwarzwild ist nicht so wendig und wird sich höchstwahrscheinlich nach dem ersten (Schein) Angriff aus dem Staub machen.

Frischlinge erkennt man leicht an den Streifen – und an der Größe

Infobox: Afrikanische Schweinepest
Immer öfter hört man in den Medien von der Afrikanischen Schweinepest, kurz: ASP. Hierbei handelt es sich um eine aus Afrika stammende Tierseuche, die inzwischen auch Deutschland erreicht hat. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt oder Aufnahme von kontaminierten Speiseresten. Aber auch eine indirekte Übertragung durch PKW Reifen oder landwirtschaftliche Geräte ist möglich. Die ASP ist für den Menschen zwar ungefährlich, endet für Schweine dagegen in jedem Fall tödlich. Zur Bekämpfung der Seuche wurden die Gebiete, in denen sie nachgewiesen wurde, eingezäunt und als weiße Zone gekennzeichnet. Innerhalb dieser Zone ist das Ziel alle Wildschweine zu töten, um so die Verbreitung aufzuhalten.

Tipp für Euren nächsten Waldspaziergang

Wie Ihr seht, sind Wildschweine extrem schlaue und soziale Tiere. Sie profitieren von der Landwirtschaft und dem Klimawandel, während sie sich gleichzeitig an extreme Situationen in Großstädten anpassen können. Auch aus gefährlichen Situationen ziehen sie ihre Lehren und vermeiden diese zukünftig. Haltet bei Eurem nächsten Waldspaziergang doch mal Ausschau nach umgewühltem Erdboden. Oft könnt Ihr genau sehen, ob das Wildschwein nach Wurzeln gegraben oder sich Eicheln schmecken gelassen hat. Wenn Euch der Artikel gefallen hat, dann schaut auch gerne mal in unseren Artikel über das Reh, der wohl relevantesten Wildart für unsere Wälder.

Wildschweine sind anders als zB. Rehe keine Gefahr für junge Bäume

Quellen:

Alle Fotos in diesem Artikel sind von Sebastian Grell. Danke!
https://www.deutschewildtierstiftung.de/wildtiere/wildschwein
https://www.jagdverband.de/zahlen-fakten/tiersteckbriefe/wildschwein-sus-scrofa
https://www.jagdverband.de/sites/default/files/2021-01/2021-01_Infografik_Jahresjagdstrecke_Bundesrepublik_Deutschland_2019_2020.jpg
https://www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/afrikanische-schweinepest/