Ich habe mich eine ganze Zeit vegetarisch ernährt. Auch heute würde ich mich eher als „Pflanzenfresser“ bezeichnen. Durch die Jagd ist für mich allerdings eine völlig neue Möglichkeit des ethisch und ökologisch vertretbaren Fleischkonsums entstanden. Wenn ich in die Heimat fahre bringe ich meiner Familie oft Wildfleisch mit. Doch es ist gar nicht so einfach als Nicht-Jäger:in an dieses Fleisch zu kommen. Wo bekomme ich es her und wie teuer ist das überhaupt? Kann ich Wild auch selber verarbeiten? In diesem Artikel wollen wir Euch zeigen, warum Wildfleisch so ein tolles Lebensmittel ist und welche Möglichkeiten es für Euch gibt, dieses zu erwerben.

TRIGGERWARNUNG

Achtung! Am Ende dieses Artikels sind Bilder von der Verarbeitung eines Tieres. Wir machen das, um einen realistischen Einblick in die Fleischverarbeitung zu bieten. Es ist aber auch vollkommen okay, wenn Ihr das nicht sehen möchtet. Scrollt nicht weiter als bis zu den Quellen.

Was ist Wildfleisch?

Wildfleisch ist das Fleisch von jedem Tier, das dem Jagdrecht unterliegt. Außerdem werden alle damit verbundenen Bestandteile, wie Fell, Knochen und Innereien, als Wild bezeichnet. In der Regel handelt es sich dabei um tatsächlich in der Natur lebendes Wild. Wild lebt von Geburt bis zur Erlegung oder dem natürlichen Tod frei und ohne (direkte) Einschränkungen durch den Menschen. Es frisst ausschließlich das, was in der Natur vorkommt, wobei auch landwirtschaftliche Flächen gerne als all-you-can-eat Buffet wahrgenommen werden. Wildschweine vergehen sich zum Beispiel sehr gerne an Weizen- und Maisfeldern.

Simon mit Maira auf der Jagd.

Was ist das Besondere an Wildfleisch?

Leider kann Wildfleisch genau aus diesem Grund kein Bio-Siegel erhalten. Es kann eben nicht kontrolliert werden, was es genau frisst. Dennoch heißt es häufig: Mehr bio geht nicht! Für mich sind diese Punkte unter anderem Gründe, wieso Wildfleischkonsum ethisch und ökologisch vertretbar ist. Die Tiere sind in ihrem Lebensraum und in ihrer Entscheidung weitestgehend frei. Ihnen werden keine Antibiotika und andere Nahrungsergänzungen zugeführt. Und sie sind nicht auf den maximalen Fleischertrag gezüchtet. Die Tötung erfolgt nach höchstem tierschutzrechtlichen Gewissen und mit der Absicht, den schnellstmöglichen und leidfreien Tod herbeizuführen. Konventionelle Fleischproduktion ist zudem für einen großen Teil des Ausstoßes klimaschädlicher Gase verantwortlich und sorgt für die Verunreinigung von Gewässern und dem Grundwasser. Das Erlegen von einigen Wildtieren ist außerdem wichtig für die Entstehung und Schaffung klimastabiler und artenreicher Wälder. Die Tötung findet also sowohl zum Wohle der Wälder als auch zur Gewinnung eines hochwertigen Lebensmittels statt.

Einige Menschen empfinden Wildfleisch als geschmacklich sehr streng. Klar, ist alles eine Sache des Geschmacks, aber auch der Gewöhnung. Außerdem ist eben das auch der natürliche Geschmack von Fleisch, wenn die Ernährung des Tieres im naturnahen Rahmen abläuft. Wildbret ist zudem sehr mager, nährstoffreich und arm an Cholesterin.

Wusstest Du schon…?
Es gibt auch sogenanntes Gatterwild, sprich Wild, das wie Rinder auf einer landwirtschaftlichen Fläche gehalten wird. Das ist meist Rot- und Damwild. Häufig ist das im Supermarkt verkaufte Wild importiertes Gatterwild, bspw. aus Polen oder sogar Neuseeland. 

Auch die feinen Teile des Wilds können in die alltägliche Küche integriert werden.

Wie komme ich an Wildfleisch?

Wer keine jagenden Forststudierende oder befreundete Jäger:innen in greifbarer Nähe hat, der hat es meistens schwieriger, wenn es um die Beschaffung von Wildfleisch geht. Eine Lösung ist die Nachfrage beim örtlichen Forstamt. Dort könnt Ihr häufig bereits zerwirktes (Jägerspr.: in die Einzelteile zerlegtes) Wild erwerben. Manch ein Forstamt hat sogar einen eigenen kleinen Laden. In jedem Falle kann man  auch ein ganzes Stück Wild kaufen, dazu aber unten mehr. Als Stück bezeichnet der:die Jäger:in übrigens ein einzelnes Individuum Wild, bspw. ein Stück Rehwild. Eine weitere Möglichkeit stellt die Initiative Wild auf Wild (vom Deutschen Jagdverband) dar. Hier könnt Ihr Wildverkäufer:innen vor Ort ausfindig machen und kontaktieren.

Wie wird Wildfleisch verarbeitet?

Wie oben bereits angedeutet, gibt es unterschiedliche Verarbeitungsstufen, in denen Wild gekauft werden kann. Im Ganzen, in grob zerlegten Teilen, also am Knochen oder aber vollständig verarbeitet und eingeschweißt. Manch einer verkauft sogar fertigen Räucherschinken oder fertige Salamis. Hier wird aber häufig Fett vom Hausschwein dazu gemischt, da Wild zu wenig eigenes Fett enthält – Nachfragen lohnt sich also! In welcher Form Ihr Wildfleisch kauft, ist eine Frage des Preises und der Motivation, das Tier eigenständig weiter zu verarbeiten. Umso weiter/feiner das Wild verarbeitet wurde, desto teurer wird es. Dazu sind die jeweiligen Teile unterschiedlich teuer. Gulasch oder Hack sind selbstverständlich preisgünstiger als das Filet, schmecken aber mindestens genauso gut! Wichtig ist hier keine Angst vor der eigen- und vollständigen Verarbeitung zu haben! Großartige Fehler können Euch nicht passieren. Alles ist eine Frage der Übung. Der Deutsche Jagdverband zeigt in einer Reihe auf YouTube bspw. sehr anschaulich, wie Wild vom Laien vollends verwertet werden kann. Also: Nur Mut!

Aus Wildhack kann man unsere Wilde Bollo, Burger Patties und viele andere leckere Gerichte kochen.

Wusstest Du schon…?
In deutschen Haushalten werden jährlich knapp 60 Kilogramm Fleisch pro Kopf verzehrt. Wildfleisch hat mit nicht einmal 300 Gramm einen verschwindend geringen Anteil  – Zeit etwas daran zu ändern.

Wir hoffen wir konnten Euch verständlich erklären, wie Ihr Wildfleisch auch ohne jagdliche Kontakte kaufen könnt und welches Potential dahinter steckt. In unserem nächsten Artikel erklären wir Euch wie Wild letztendlich küchenfertig gemacht wird, damit es auch auf Eurem Teller landet. Spannende Rezepte für die Wilde Küche, findet Ihr in unserer Kategorie “Aus dem Wald in die Küche”.

Quellen:

Ammer C., Vor T., Knoke T. & S. Wagner (2010): Der Wald-Wild-Konflikt – Analyse und Lösungsansätze vor dem Hintergrund rechtlicher, ökologischer und ökonomischer Zusammenhänge. Band 5. Göttingen, Universitätsverlag. S. 184
Internetausg.: https://www.univerlag.uni-goettingen.de/bitstream/handle/3/isbn-978-3-941875-84-5/GoeForst5_Ammer.pdf?sequence=4&
Wildbretaufkommen: https://www.jagdverband.de/sites/default/files/2021-01/2021-01_Infografik_Wildbretaufkommen_2019_2020.jpg
Analytische Bestandteile Wildfleisch: https://www.medizinpopulaer.at/archiv/seele-sein/details/article/wohltat-wild.html
Wild auf Wild – Wildbretanbietersuche: https://www.wild-auf-wild.de/wildbretanbieter-suche?lat=52.3758916&lng=9.7320104&geolocation_geocoder_address=&field_rest_geo_proximity=60

Eine Jägerin zerwirkt das Stück grob.
Felix verarbeitet das Wild weiter.