Heute werfen wir mal wieder einen Blick nach unten. Es geht in den geheimen Untergrund im Wald, oder wie wir Forstleute sagen, um die Bodenkunde. Genauer schauen wir uns heute das sogenannte Edaphon an. Was das ist, warum kein Wald ohne Edaphon auskommt und was unter unseren Füßen alles so abgeht, erfahrt Ihr in diesem Artikel!

Grammophon im Boden?

Nein, Edaphon ist kein historisches Abspielgerät für Schallplatten. Unter Edaphon versteht man “die Gesamtheit aller Organismen, die im Boden leben”. Um das zu verstehen, müssen wir uns den Boden erstmal genauer angucken: Wenn wir im Wald ein Loch buddeln würden (Förster:innen machen sowas manchmal…), durchdringen wir verschiedene Schichten. Ganz oben müssen wir erstmal einiges an Laub und verrotteten Pflanzenteilen beiseiteschieben, um die sogenannte Humusauflage zu durchdringen. Darunter kommen dann verschiedene Bodenschichten, die sich aus unterschiedlichsten Bestandteilen zusammensetzen. Und ganz unten, in wenigen Metern Tiefe, finden wir in der Regel festes Gestein. 

Könnt Ihr erkennen, welche organischen Bestandteile sich hier verstecken?

Was ist 7 x 7? Feiner als Sand!

Unser Boden besteht zu großen Teilen aus mineralischem Material. Das ist im Grunde ein Überbegriff für Steine, Kies, Sand, Schluff und Ton. Im Grunde sind alle diese Begriffe nur verschiedene Namen für klein gemahlene Felsen. Je nachdem, wie klein das Material ist – man spricht hier auch von der Korngröße – bekommt es einen eigenen Namen. Ton ist also feiner als Sand, der wiederum feiner ist als Kies, und so weiter…
Wenn Ihr das ganz genau wissen wollt, schaut mal in die Tabelle unten, da könnt Ihr nachlesen, ab welcher Korngröße man von welchem Typ Bodenpartikel spricht.

Im Boden vermischen sich die einzelnen Bestandteile dann alle miteinander. Doch das ist noch lange nicht alles…

BodenpartikelKorngröße (Durchmesser)
Steine63mm-200mm
Kies2mm-63mm
Sand0,063mm-2mm
Schluff0,002mm-0,063mm
Ton<0,002mm

…denn neben diesen mineralischen Anteilen, finden wir im Boden auch jede Menge Zwischenräume. Ihr könnt Euch den Boden ein bisschen wie ein Müsliglas vorstellen. Neben den einzelnen Haferflocken und Cornflakes ist ja auch immer ein Zwischenraum. Und genau wie beim Müsli kann dieser Zwischenraum auf verschiedenste Weise gefüllt werden.

Im Müsli ist er je nach Geschmack mit Milch, O-Saft oder Luft gefüllt (Keine Ahnung, wer ernsthaft Müsli mit O-Saft isst, aber für unser Beispiel passt es ganz gut). Und im Boden sind diese Zwischenräume oft von Wasser oder eben auch Luft gefüllt. Das ist enorm wichtig, damit unser Waldboden viel Wasser speichern kann! Doch neben den Zwischenräumen und den Mineralien gibt es noch mehr im Boden zu finden!

Im Video erfahrt Ihr, wie das Edaphon Wasser speichert und filtert!

Ein Leben in der Unterwelt

Denn wie fast überall auf unserem Planeten finden wir auch im Boden bei genauerer Betrachtung Leben. Schon mit bloßem Auge werden Euch beim Buddeln verschiedene Regenwürmer, Käfer oder Engerlinge auffallen. Wenn Ihr dann genauer guckt, findet Ihr sicher auch Pilze und Wurzeln. Natürlich von den großen Bäumen, aber auch von kleineren Pflanzen wie zum Beispiel Gräsern.

Auch die Geophyten finden wir im Boden. Das sind Pflanzen, die wir eigentlich nur im Frühjahr in ihrer vollen Pracht sehen können. Den Winter verbringen sie als Zwiebel unter der Erde. Und spätestens wenn wir mal ein bisschen vom Boden mit ins Labor nehmen, sehen wir unter dem Mikroskop, was da unter unseren Füßen abgeht. Im Boden leben nämlich eine Vielzahl von Mikroben und Bakterien, Algen und einigen weiteren Kleinstlebewesen. Sie alle stehen in regem Austausch miteinander und leisten einen ganz wichtigen Beitrag zum Ökosystem Wald. Und dieser lebendige und essentielle Teil des Bodens, den nennen wir Edaphon.

Der Baum, der sich selbst frisst

Der Waldboden lebt!

Die verschiedenen Bestandteile des Edaphon übernehmen verschiedenste Aufgaben im Ökosystem Wald. Eine ganz Wichtige ist dabei die Zersetzung des organischen Materials. Denn irgendjemand muss ja dafür sorgen, dass aus den herabfallenden Blättern und Ästen auch wieder Nährstoffe werden, die die Bäume aufnehmen können. Ein Baum kann ja nicht einfach ein ganzes Blatt verdauen! Deswegen fressen Regenwürmer und Konsorten die Blätter auf und verdauen sie. Deren Verdautes wird dann wiederum von Mikroben zerkleinert, bis es so fein ist, dass die Bäume es mit ihren feinen Wurzeln wieder aufnehmen können. 

Algen, die im Dunkeln atmen

Im Edaphon geht es allerdings nicht nur um den Austausch von Nährstoffen. Da geht noch einiges mehr ab. Zum Beispiel finden wir dort eine Pflanzenart, die die meisten vermutlich eher in der Regentonne als im Waldboden vermutet hätten. Die Rede ist von Algen. Unter anderem betreiben manche Algen im Boden sogar Photosynthese! Aber Moment. Vielleicht ist euch hier jetzt was aufgefallen?! Denn Photosynthese ist ja (wie wir alle seit der 6. Klasse wissen) die Umwandlung von Licht in pflanzenverfügbare Energie und Sauerstoff. Im Untergrund ist es allerdings insgesamt ja doch eher dunkel. Wie kann das denn dann genau funktionieren? 

Samen wie diese Eichel bieten vielen Bodenorganismen Nahrung.

Einige Algen haben sich ziemlich gut an ihren Lebensraum angepasst und sind daher mixotroph. Das bedeutet, dass sie, wenn sie Licht bekommen (zum Beispiel weil sie weit oben an der Erdoberfläche vorkommen) Photosynthese betreiben können. Falls sie kein Licht bekommen, haben sie andere Arten entwickelt, Nährstoffe und Co2 aufzunehmen. Sie können sich neben Licht nämlich auch ähnlich wie wir Menschen von Nahrungspartikeln ernähren!

Der Boden der Tatsachen

Und das ist noch nicht alles, was so im Edaphon abgeht. Wir könnten hier noch stundenlang weiter erzählen. Von den gigantischen Netzwerken, die Pilze unter der Erde bauen, von den verschiedenen Stadien, die Insekten wie der Maikäfer durchleben, bevor sie aus der Erde auftauchen, von den vielen Flüchen, die Forststudierende loswerden, wenn sie durch die Bodenkundeklausur fliegen und, und, und…

Aus manchen Samen entstehen auch neue Pflanzen!

Wir werden uns hier auf dem Blog sicher noch einige Male dem Boden widmen. Bis es so weit ist, könnt Ihr ja mal raus in den Wald gehen, eine Lupe mitnehmen und den Waldboden und das Edaphon etwas genauer betrachten. Erzählt uns gerne von Euren Erfahrungen, indem Ihr einen Kommentar da lasst!

Auch dieses Video ist sehr gut!
Quellen:

Kadereit, J.W., Körner, C., Kost, B., Sonnewald, U.: Strasburger – Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften
Scheffer/Schachtschabel – Lehrbuch der Bodenkunde
Press/Siever – Allgemeine Geologie