Früher hat man sich in Deutschland eigentlich kaum Gedanken um Wasser im Wald gemacht. Regen fiel regelmäßig und es gab selten zu viel oder zu wenig Wasser. Doch das hat sich drastisch geändert. Niederschläge bleiben seit einiger Zeit in Deutschland meist über lange Zeiträume aus. Dazu kommen extreme Hitzewellen. Infolgedessen trocknet der Waldboden aus und die Bäume leiden unter sogenanntem Trockenstress. Und plötzlich kommen Starkregenereignisse, der Waldboden kann das Wasser kaum aufnehmen. Es rauscht in den nächsten Bach und der in den nächsten Fluss und in der umliegenden Ortschaft kommt es zu einer Überschwemmung. Aber wieso eigentlich? Wie kann Wald Wasser speichern und wieso nicht alles? Und wie kann Wald vor Hochwassern schützen?

Wie Wald Wasser speichert

Als Wald bezeichnen wir ja eigentlich die Bäume, die da alle gemeinsam vor sich hinwachsen. Aber Wald ist viel mehr als nur ein paar Bäume. Da gehören natürlich auch noch die Tiere, Pilze und all die anderen Pflanzen zu. Und der wichtigste Bestandteil – der Waldboden. Der Waldboden ist nämlich der Teil des Waldes, auf dem alles wächst und leben kann. Vom Waldboden ist unter anderem abhängig, ob Ihr dort Bärlauch findet oder welche anderen Frühblüher Ihr entdecken könnt. Boden ist nicht gleich Boden. Sandboden in Brandenburg ist etwas anderes als fetter Tonboden bei uns in Göttingen. Es gibt trockene und nasse Böden – reiche und arme. Aber woher kommen diese Bezeichnungen eigentlich?

Boden besteht eigentlich zum Großteil nur aus verwittertem Gestein. Das wird z.B. durch  Frost, Reibung oder Wasser nach und nach immer kleiner zersetzt. Und dann entstehen drei Kategorien von “kleinen Teilchen”. Sand, Schluff und Ton. Das sind nicht irgendwelche besonderen Partikel, sondern sogenannte Korngrößen. Sand ist “sehr groß” und grob. Wenn Ihr ihn zwischen den Fingern reibt oder ihn in den Mund nehmt (alter Witz von unseren Bodenkunde-Professoren) dann knirscht es. Schluff dagegen ist deutlich feiner. Zwischen den Fingerrillen setzt er sich wie feiner Mehlstaub ab. Und Ton ist noch kleiner und noch feiner. 

Diese Teilchen liegen nun dicht an dicht im Boden aneinander. Und dazwischen entstehen Hohlräume. Diese sind unterschiedlich groß. Man kann sich das vorstellen, als würde man eine Mischung aus Fußbällen, Tennisbällen und Golfbällen in ein Bällebecken werfen. Zwischen diesen ganzen Bällen sind dann unterschiedlich große Hohlräume. In der Bodenkunde sagt man Poren dazu. Es gibt Grobporen, Mittelporen und Feinporen. Und dort wird das Wasser gespeichert.

Bäume nehmen über ihre Wurzeln Wasser auf. Diese ziehen das Wasser aus den Mittelporen in denen das Wasser heften bleibt.

Wie Pflanzen Wasser tanken 

Die Grobporen sind so groß, dass das Wasser hindurch fließen kann. Ähnlich wie durch ein Rohrsystem fließt das Wasser dann von der Oberfläche des Waldbodens Richtung Grundwasser. Und auf diesem Weg trifft es immer wieder auf Mittelporen. Hier bleibt das Wasser hängen. Denn hier überwiegt die Adhäsion der Kohäsion. MOMENT STOP! 

Adhäsion bezeichnet in diesem Fall die Kraft, bzw. den Zustand, in dem Wasser an einer Oberfläche haften bleibt. Wie ein Regentropfen am Grashalm bleibt das Wasser an den Bodenpartikeln hängen. Und die Kohäsion bezeichnet das Aneinanderhaften von Wasser an sich selbst. Also ein Regentropfen an sich, der aus ganz vielen kleinen Wassermolekülen besteht. Also nochmal: Das Wasser fließt in die Mittelpore und bleibt dort “kleben” und fließt nicht weiter Richtung Grundwasser. Dort ist es dann für die Pflanzen verfügbar. In diese Mittelporen können die Bäume Wurzeln schlagen und ziehen dort das Wasser heraus. Und dann gibt es noch das sogenannte Totwasser. Das liegt in den Feinporen. Hier wird das Wasser so stark festgehalten, dass es nicht mehr durch den Baum aufgenommen werden kann.

Waldboden besteht natürlich nicht nur aus Sand, Schluff und Ton. Auch Pflanzenteile, kleine Tierchen, Pilzhyphen und vieles mehr, bilden gemeinsam den Boden.

Unterschiedliche wässrige Böden 

Nun wissen wir, dass Böden aus unterschiedlichen Teilchen und damit unterschiedlichen Poren bestehen. Doch auch die Zusammensetzung des Bodens an sich unterscheidet sich. Nehmen wir unseren Sandboden aus Brandenburg, dann ist es, als würde ich fast nur Fußbälle in das Bällebecken schmeißen. Viele “große” Teilchen und viele grobe Hohlräume, durch die das Wasser nur so rauscht. Regnet es nun, kann der Waldboden das Wasser nur zu einem geringen Teil festhalten. Die Böden sind also tendenziell immer trockener als beispielsweise die Böden in Göttingen (unter der Annahme, dass es gleich viel regnet). Denn in Göttingen haben wir viele kleine Schluffteilchen im Boden. Diese bilden mittelgroße Poren, in denen das Wasser festgehalten wird und lange für den Wald zur Verfügung steht.

Wusstest Du schon…?
Mit der Teilchengröße hängt nicht nur die Wasserspeicher-Fähigkeit sondern auch die Nährstoffspeicher-Fähigkeit zusammen. Je kleiner die Teilchen sind, desto höher die sogenannte spezifische Oberfläche. Kleinere Teilchen bedeuten mehr Oberfläche und damit auf mehr Platz für Nährstoffe, die sich dort anheften und später von Pflanzen aufgenommen werden können. Daher heißt es arme Sandböden und reiche Tonböden.

Nun zur Praxis

Nun wisst Ihr, wie Wald Wasser speichert. Aber wie schaffen wir es, dass Wald mehr Wasser speichert und dadurch Hochwasser abpuffert und lange Trockenperioden übersteht?
Zuerst einmal sollten Wälder dunkel gehalten werden. Ein Kahlschlag oder das Fällen vieler Bäume gleichzeitig lässt die Sonne ungebremst in den Wald und auf den Waldboden scheinen und trocknet ihn dadurch aus. Und wenn Boden einmal richtig ausgetrocknet ist, braucht er sehr lange, bis er wieder seine volle Speicherkapazität entfalten kann. Kommt es nach langer Trockenheit also zu starken Regenfällen, kann der Boden das Wasser kaum aufnehmen und der Regen rauscht gleich ins Grundwasser oder fließt oberirdisch ab und in den nächsten Fluss. So verstärken ausgetrocknete Böden nur Hochwasserereignisse.

Die Wälder sollten außerdem aus vielen Schichten und unterschiedlichen Baumarten bestehen. Nicht nur der Waldboden, sondern auch das Kronendach funktioniert wie ein Schwamm. Fällt viel Regen, dringt nicht alles gleichzeitig in den Boden ein, sondern wird vom Kronendach gestoppt und tropft nach und nach auf den Waldboden. So kann der Boden das Wasser langsam aufnehmen und langfristig speichern.
Außerdem sollte der Boden nicht zu stark von Maschinen befahren werden. Denn ein Schwamm, den man richtig zusammenpresst, kann auch kein Wasser aufnehmen. 

Und eine weitere Idee haben wir von einem unserer zahlreichen Drehs bei den Landesforsten Rheinland-Pfalz mitgenommen. Im Wald gibt es häufig eine Art Entwässerungsgraben. Dieser verläuft meist entlang von Wegen. Diese Gräben laufen dann meist in den nächsten Bach und das Wasser ist dann für den Wald verloren. Die Rheinland-Pfälzer haben daraufhin sogenannte Rigolen gebaut. Die Wegegräben werden unterbrochen und zurück in den Wald geleitet. Aber wie das alles genau funktioniert, erklärt Euch Förster Lorenz in dem Video oben.

Wir hoffen, Ihr konntet einiges über den Wald als Wasserspeicher lernen. Schreibt uns gerne in die Kommentare, welche Ideen ihr noch habt. Wir freuen uns über Euer Feedback.