In unserem letzten Artikel und unserem letzten Video haben wir Euch erklärt, wie man richtig Bäume pflanzt. Sind die Bäume im Boden und wachsen fröhlich vor sich hin, drohen die hungrigen Äser von Reh, Rotwild und Co. Diese fressen liebend gerne die Triebe junger Bäumchen und deren Knospen. Was also tun? In diesem Artikel und in unserem neusten Video erfahrt Ihr, wie man junge Pflanzen vor Wildtieren schützen kann. Wir erklären aber auch, welche Schwierigkeiten und Probleme der Zaunbau für Wald und Wild birgt.

Kleine Wiederholung:
Aus den Knospen von Bäumen wachsen jedes Jahr neue Triebe, Blätter und Blüten. Nicht nur die Knospen sondern auch die Blätter sind sehr energiereich und werden von Wildtieren, wie dem Reh gerne gefressen. Das nennt man Verbiss. Werden diese Knospen verbissen, kann besonders der junge Baum nicht richtig wachsen oder stirbt sogar ab. Natürlich brauchen Wildtiere Nahrung. Deswegen ist Verbiss in einem gewissen Maß auch völlig normal. Werden aber zu viele junge Pflanzen verbissen, kann der Wald nicht richtig nachwachsen.

Was hat die Jagd damit zu tun? 

Der größte Hebel zum Schutz der Jungpflanzen, an dem Försterinnen und Förster wirken können, ist die Jagd. Die Regulierung der Wildbestände auf eine waldverträgliche Höhe ist die effektivste Möglichkeit junge Bäume zu schützen. Denn dort, wo wenige Exemplare der Pflanzenfresser leben, werden auch wenig Bäumchen gefressen. Und diese jungen Bäume brauchen wir für den klimastabilen Mischwald von morgen. Wieso Jagd im Wald wichtig ist, könnt Ihr hier einmal nachlesen.

Die Regulierung durch die Jagd ist aber nicht immer möglich. Es kann zum Beispiel sein, dass ich als Waldbesitzer oder Waldbesitzerin gar nicht jagen darf, weil mein Wald zu klein ist. Oder aus dem Nachbarrevier kommt so viel Wild zu mir, dass die Jagd kaum eine Wirkung zeigt. Oder wie in unserem Video zum Thema Gatterbau: der Revierteil ist von Besucher:innen so hoch frequentiert, dass eine Jagd schlicht unmöglich und zu gefährlich ist.

Dieses Bild macht deutlich: Ist das Wild “ausgeschlossen” sprießen die junge Bäume. Egal ob gepflanzt oder natürlich verjüngt.

Wie kann ich schützen?

Um das Wild von meinen Pflanzen fern zu halten, gibt es zwei Möglichkeiten: Den Einzelschutz und den Flächenschutz. Beim Einzelschutz werden die Bäume einzeln geschützt und beim Flächenschutz ganze Flächen (Überraschung!).

Beim Schutz einzelner Bäume kann entweder der Terminaltrieb geschützt werden oder gleich die gesamte Pflanze. Für den Terminaltrieb gibt es z.B. Mittel, die mit einem Pinsel aufgetragen werden. Diese sind dann so unappetitlich, dass Rehe und Co. die Knospe, die für das Höhenwachstum verantwortlich ist, in Ruhe lassen. Dann gibt es noch Klipps aus Kunststoff. Diese werden um die Knospe gelegt und können nicht durchgebissen werden. Klipps müssen später wieder abgenommen werden, wenn der Baum hoch genug ist, denn wir wollen ja keinen Müll im Wald hinterlassen. Die ganze Pflanze kann man mit unterschiedlichen Hüllen schützen. Materialien wie Holz, Kunststoff oder Draht kommen hier zum Einsatz. Meist wird eine Hülle, mal weiter und mal enger, wie ein Zaun um die junge Pflanze gestellt. So können Wildtiere nicht an den Blättern und Knospen knabbern.

Sollen größere Flächen geschützt werden, kann man dazu unterschiedliche Zäune bauen. Manche sind aus Metall, andere aus Holz. Ein sogenanntes Hordengatter, also eine Art Holzzaun, haben wir mit Ricco, einem Forstwirtazubi gebaut. Unten könnt Ihr Euch anschauen, wie ich amateurhaft ein solches Holzmodul zusammenbaue.

Wusstest Du schon…?
Man kann auch alte Schafwolle zum Schutz der Terminaltriebe nutzen. Diese wickelt man um die oberste Knospe. Sie soll die Wiederkäuer vom Fressen abhalten. Haare im Essen sind nämlich nicht nur für Menschen unangenehm!

Vor- und Nachteile von Schutz

Zuerst einmal muss man sagen, dass Pflanzungen ohne Schutz am idealsten sind. Aber das geht natürlich nur, wenn nicht zu viele Wildtiere das Gebiet frequentieren. Der Schutz kostet Geld, ist aufwendig und bringt nie 100-prozentige Sicherheit vor Verbiss. Der Einzelschutz von Bäumen mit einer Kunststoffhülle kostet etwas 2,50 €. Der Baum und seine Pflanzung durch einen Forstwirt oder einer Forstwirtin nur ca. 1,50 €. Der Laufmeter Zaun kostet etwa 10,00 €. Zäunt Ihr einen Hektar Wald (100m x 100m) ein, kostet Euch das also 4.000 €. Ziemlich viel Geld, oder?

Jede Art des Schutzes hat seine Vor- und Nachteile. Der Vorteil vom Einzelschutz ist: Man kann wenige Bäume, und die sehr verteilt, pflanzen, ohne gleich einen ganzen Zaun bauen zu müssen. Außerdem kann sich das Wild im Wald trotz der Schutzmaßnahmen von den restlichen Pflanzen auf der Fläche ernähren. Brombeeren und Co., die für Förster:innen eher lästig sind, bieten weiterhin eine Nahrungsquelle. Das ist gleichzeitig der Nachteil von Zäunen. Das Wild wird von der einen Fläche verdrängt und sammelt sich nun an anderer Stelle. Mehr Tiere fressen auch mehr und so gefährden sie vielleicht dort das Überleben junger Bäume noch stärker. Ein Vorteil wiederum vom Zaun ist: man kann viele Pflanzen auf großer Fläche schützen. In der Regel gilt, je größer die Fläche, desto eher lohnt sich der Zaunbau. Hordengattern aus Holz verrotten außerdem irgendwann von selbst. Drahtzäune oder Einzelschütze aus Kunststoff oder Metall hingegen muss man abbauen, wenn die Bäume alt genug sind und sie nicht mehr aufgefressen werden können.

Zaun in den Wald und fertig?

Wird der Zaun nicht abgebaut, verbleibt er lange im Wald und wird zur Gefahr für Wildtiere: Verheddert sich der Rehbock im Draht, geht er elendig zu Grunde. Ein Wald ohne Zaun ist natürlich die optimale Lösung, ist aber leider nicht überall möglich. Wir müssen alles dafür geben, neuen Wald zu begründen, besonders auf den so zahlreichen Freiflächen. Wälder sollen vor allem klimastabil werden, also brauchen wir Schutzvorrichtungen für die jungen Bäumchen. Welcher Schutz am besten für eine Pflanzung passt, ist meist eine Frage des Standorts, der Größe und des Geldes.

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Quellen

https://www.univerlag.uni-goettingen.de/bitstream/3/isbn-978-3-941875-84-5/4/GoeForst5_Ammer.pdf
https://www.biowildprojekt.de/media/flyer_anleitung_zum_weisergatterbau.pdf