“Wasser marsch!” So lautete der Wahl-Slogan des Kandidaten für die Wahl zum Vogel des Jahres. Als Gewinner setzte er sich dann tatsächlich durch und so wählte man den Kiebitz in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal zum Vogel des Jahres. Damit möchte man vor allem auf die Gefährdung des Kiebitz’ aufmerksam machen, denn der Vogel hat zunehmend mit dem Verlust seines Lebensraums zu kämpfen. Vor allem die Trockenlegung von feuchten Wiesen macht dem Vogel zu schaffen. Wo Ihr den Luftakrobaten entdecken und erkennen könnt und wie man versucht, den Kiebitz zu schützen, erfahrt Ihr in diesem Artikel.
Wusstest Du schon…?
Kiebitze sind tag- und nachtaktiv. Auch nachts könnt Ihr also den Ruf “Ki-Witt” des Luftakrobaten hören.
Wo wohnt der Kiebitz?
Der Kiebitz gehört zur Familie der Regenpfeifer. Die Verbreitung ist vorwiegend in der gemäßigten und mediterranen Zone innerhalb Westeuropas, wobei Skandinavien und Nordafrika die nördlichen und südlichen Verbreitungsgrenzen bilden. Vor allem in Flussniederungen ist der Vogel stark verbreitet. Den weltweiten Bestand schätzt man auf 5,6 bis 10,5 Millionen Vögel. In Europa gibt es die größten Brutbestände in Großbritannien mit ca. 100.000 Brutpaaren.
Sehr bekannt ist der Wattvogel, den man häufig in offenen, flachen und feuchten Wiesen, Vordeichwiesen und Überschwemmungsgebieten findet, für seine spektakulären Balzflüge. Der Kiebitz ist eine global bedrohte Vogelart und steht seit 2015 auf der internationalen Liste für bedrohte Vogelarten. Nachdem er bereits 1996 zum Vogel des Jahres gewählt wurde, ist er nun 2024 wieder auserkoren. Neben dem Kiebitz gibt es jedes Jahr auch andere verschiedene Tier- und Pflanzenarten, die auf der Liste der Natur des Jahres stehen. Damit möchte man auf diese Arten öffentlich aufmerksam machen. Die Natur des Jahres wird bereits seit einigen Jahren, auch in Österreich und der Schweiz, gekürt. Im Jahr 1971 wählte man in Deutschland zum ersten Mal den Vogel des Jahres. Warum ist es so wichtig, auf den Kiebitz aufmerksam zu machen? Mehr dazu erfahrt Ihr im Artikel zur Natur des Jahres.
So erkennt Ihr den Kiebitz
Der Kiebitz ist ca. 30 cm groß und damit ungefähr so groß wie eine Taube. Die Spannweite der Flügel ist ca. 67 bis 72 cm. Der Vogel ist schwarzweiß gefärbt und sein Gefieder glänzt im Licht metallisch in grünen oder violetten Tönen. Der Kopf des Kiebitz’ ist weiß, wobei die Stirn schwarz gefärbt ist. Auch der Bauch hat eine weißliche Färbung, der Hals und die Flügel erscheinen allerdings schwarz schimmernd. Ein besonderes Erkennungsmerkmal ist die sogenannte “Holle” auf dem Kopf des Vogels. Diese Haube besteht aus zwei lang zulaufenden Spitzen.
Im Prachtkleid kann man die männlichen Vögel durch eine längere “Holle” von den weiblichen Vögeln unterscheiden. Im Schlichtkleid sind sowohl die weiblichen und die männlichen die Kiebitze am Vorderhals und am Kinn weiß und die Federn der Schultern sind eher blass graubraun gefärbt. Die Holle ist außerdem deutlich kürzer.
Junge (juvenile) Kiebitze sehen aus wie erwachsene (adulte) Vögel im Schlichtkleid. Allerdings ist die Brust bei den jungen Vögeln bräunlich gefärbt.
Wusstest Du schon…?
Bei Vögeln unterscheidet man ein Pracht- oder Brutkleid und Schlichtkleid. Während der Paarungszeit, im Prachtkleid, geht es darum, aufzufallen und eine Partnerin zu umwerben. Außerhalb der Paarungszeit geht es eben etwas “schlichter” her.
Das Flugverhalten des Kiebitz wird als locker und gemächlich beschrieben. Am weißen Bauch und den schwarzen Flügeln kann man die Vögel meist bereits aus einiger Entfernung gut erkennen.
Vor allem zur Balzzeit fallen die Vögel durch auffällige Rufe und Flugmanöver auf.
Der Kiebitz ein Kulturfolger?
Kiebitze leben in Deutschland in feuchten, offenen Wiesenlandschaften. Die Vögel bevorzugen Flächen mit niedriger Vegetation ohne größere Waldgebiete und Sichteinschränkungen. Ursprünglich lebten sie vor allem in Feuchtgebieten und Mooren.
Diese Landschaften fehlen heute jedoch, da sie oftmals trocken gelegt wurden, damit man dort Landwirtschaft betreiben kann. Der Kiebitz hat sich als sogenannter Kulturfolger daran angepasst. Da seine natürlichen Lebensräume immer mehr verloren gingen, folgte er dem Menschen. Heute findet man den Vogel vor allem auf bewirtschafteten Äckern und feuchten Wiesen. Deshalb macht vor allem die hohe Intensität der Landwirtschaft dem Kiebitz zu schaffen. Wiesen und Äcker werden häufig mehrere Male im Jahr bearbeitet. Dadurch ist der Bruterfolg der Vögel stark gefährdet.
Wusstest Du schon…?
Kiebitze fressen vor allem Insekten und deren Larven. Teilweise aber auch Getreide, Früchte und Samen. Die pflanzliche Nahrung macht allerdings nur einen geringen Teil ihres “Speiseplans” aus.
Spektakuläre Flugmanöver am Brutplatz
Kiebitze sind Bodenbrüter. Ihr Nest ist also eigentlich nur eine kleine Bodenmulde, die mit etwas weicher Polsterung aus Gras geschützt wird. Die Vögel brüten in der Regel nur einmal im Jahr und legen meistens vier Eier. Diese sind gut getarnt vor Fressfeinden. Die Form der Eier erinnert an eine Birne und die Farbe ist braungrünlich mit schwarze Flecken.
Die Hauptbrutzeit ist von April bis Mai. Am Brutplatz der Kiebitze kann man häufig spektakuläre Flugmanöver der Vögel beobachten. Dabei machen sie auch ganz spezielle Laute. Diese Laute, die sich wie ein “Ki-witt” anhören, brachten dem Kiebitz ihren Namen ein.
Die Küken des Kiebitz schlüpfen nach ca. 26 bis 29 Tagen. Als sogenannte Nestflüchter sind sie bereits nach 35 bis 40 Tagen fähig zu fliegen und selbstständig. Im Sommer schließen sie sich dann zu größeren Trupps zusammen und bereiten sich auf die große “Wanderung” im Herbst vor.
Wusstest Du schon…?
Etwa 60 % der jungen Vögel überleben ihr erstes Jahr und brüten dann bereits zu Beginn ihres zweiten Lebensjahres.
Die in Deutschland brütenden Kiebitze sind Teilzieher. Das bedeutet, nicht alle Vögel ziehen im Winter in den Süden. Einige verbringen die kalte Jahreszeit bei milden Temperaturen in Deutschland. Ansonsten überwintern die Kiebitze in Frankreich, Spanien, Großbritannien und auch in den Niederlanden. Kiebitze, die aus weiter östlich liegenden Gebieten kommen, überwintern teilweise auch an den Küsten in Deutschland.
Zu den wichtigsten Rastplätzen in Deutschland zählen unter anderem das Elbtal in Mecklenburg-Vorpommern, der Greifswalder Bodden, der Jadebusen und vor allem das gesamte Wattenmeer.
Deshalb ist der Kiebitz gefährdet
In Deutschland brüteten 2016 nach Angaben des Dachverbands Deutscher Avifaunisten zwischen 42.000 und 67.000 Brutpaare. Zwischen 1996 und 2016 ist der Bestand der Vögel nach Angaben des DDA um 88% zurückgegangen. In vielen Regionen Deutschlands gilt der Kiebitz heute als vom Aussterben bedroht. Der Vogel gilt in Deutschland deshalb als stark gefährdete Art.
Neben dem Verlust des Lebensraums und Störungen durch landwirtschaftliche Maßnahmen während der Brut, gehört auch der Verlust von Insekten und damit der Nahrung des Kiebitz zu den Gefährdungen. In einigen Ländern innerhalb Europas darf der Kiebitz sogar immer noch gejagt werden und das obwohl die Art laut IUCN weltweit auf der Vornwarnliste gefährdeter Arten steht (International Union for Conservation of Nature). Jährlich werden immer noch um die 100.000 Kiebitze gejagt und getötet.
Eine weitere natürliche Gefährdung sind natürliche Fressfeinde wie der Rotfuchs oder auch Krähen, die an die Nester der Kiebitze gehen. Die Kiebitze haben sich evolutionär an diese natürlichen Verluste angepasst und konnten in der Vergangenheit trotzdem genug Bruterfolge erzielen. Die Rotfuchspopulation ist jedoch seit 1990 stark angestiegen. Zudem ist der Kiebitz durch Lebensraum- und Nahrungsverlust mit immer mehr “Problemen” konfrontiert.
Wie schützt man den Luftakrobaten?
2014 ist ein Schutzprojekt im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt für den Kiebitz gestartet. Der Nabu und weitere Partner testeten dabei mit Landwirt:innen verschiedene Schutzmaßnahmen, die dem Kiebitz helfen sollen.
Vor allem bewährt hat sich die Anlage von sogenannten Kiebitzinseln auf Äckern. Dabei sparen die Landwirt:innen einen Bereich auf dem Acker mit der Einsaat aus. Dieser Bereich soll den Kiebitzen dann als Rückzugsort dienen, um in Ruhe zu brüten und Nahrung zu suchen.
Im Grünland gilt die Wiedervernässung als beste Schutzmaßnahme. Dazu versucht man, durch das Schließen von Entwässerungsgräben oder durch das Abflachen der Gräben wieder Wasser anzustauen. Dadurch können Wasser- und Schlammflächen entstehen, die für den Kiebitz ein idealer Lebensraum sind.
Um die Nester der Kiebitze vor landwirtschaftlicher Bearbeitung zu schützen, gibt es auch die Möglichkeit, durch Stöcke die Nester anzuzeigen. Dies bezeichnet man als sogenannten Gelegeschutz. Die Stöcke dienen den Landwirt:innen als Anzeige: Achtung, hier ist ein Kiebitznest. So können sie diese dann großzügig umfahren.
Wir hoffen, Ihr konntet in diesem Artikel einiges über den Kiebitz lernen. Habt Ihr diese selten gewordene Vogelart bereits beobachten können?
Quellen:
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/portraets/kiebitz/
https://de.wikipedia.org/wiki/Kiebitz_(Art)
https://www.lbv.de/ratgeber/naturwissen/artenportraits/detail/kiebitz
https://www.avi-fauna.info/regenpfeiferartige/regenpfeifer/kiebitz
https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/vogelschutz/200407-nabu-kiebitzschutz-handbuch.pdf
https://praxistipps.lbv.de/praxistipps/hilfe-fuer-den-kiebitz/der-kiebitz.html