Habt Ihr Euch schon mal gefragt, warum es nicht nur einen Baum des Jahres, sondern auch einen Vogel und sogar einen Boden des Jahres gibt? Naturschutzverbände küren jedes Jahr verschiedene Tier- oder Pflanzenarten, teilweise auch Lebensräume zur Natur des Jahres. Damit möchte man auf diese Arten aufmerksam machen und zeigen, warum es so wichtig ist, sie zu schützen. Wir stellen Euch in diesem Artikel einige diesjährige Arten aus der “Natur des Jahres 2024” vor.

Wieso gibt es die Natur des Jahres?

Die Natur des Jahres wird jedes Jahr von Naturschutzverbänden ausgewählt. Aber nicht nur in Deutschland, auch in der Schweiz und Österreich gibt es die Natur des Jahres. In Deutschland wird seit 1971 der Vogel des Jahres durch den DBV/NABU gekürt. Mit den Jahren kamen immer mehr Arten dazu. So gibt es heute die Libelle, den Schmetterling, das Insekt, die Blume, die Orchidee, und und und (…) des Jahres.

Die Idee hinter der ganzen Sache ist, auf die Arten und/oder deren Lebensräume öffentlich aufmerksam zu machen. Meist benötigen sie besondere Aufmerksamkeit und Schutz, weil sie selten geworden sind oder gefährdet sind. Eine Übersicht zur gesamten gekürten Natur des Jahres 2024 findet Ihr hier.

Wir haben Euch im Folgenden noch einige Arten in einem kleinen Kurzportrait vorgestellt.

Natur des Jahres 2024 – Einige Arten im Kurzportrait

Der Baum des Jahres 2024: Die Echte Mehlbeere (Sorbus aria)

Die Echte Mehlbeere ist eine heimische Baumart, die die meisten von Euch wahrscheinlich gar nicht kennen. Sie ist wie die Wildbirne oder der Speierling ein Wildobst und wird als eher kleinere Baumart meist nur ca. 10 Meter hoch. Die Mehlbeere ist aber ein echter Hingucker: Ihre Blätter sind auf der Unterseite filzig behaart und erscheinen dadurch hell schimmernd. Im Herbst sticht die Mehlbeere durch ihre rötlichen Früchte hervor. Diese sind übrigens auch für viele Tierarten bedeutsam. Eine wissenschaftliche Untersuchung in England kam zu dem Ergebnis, dass insgesamt 18 Vogelarten die Beeren der Mehlbeere verspeisten. Darunter unter anderem die Wacholderdrossel, Mönchsgrasmücke (das ist kein Insekt, sondern eine bei uns heimische Vogelart!) und das Rotkehlchen. Auch an anderen Baumarten, die zur Gattung Sorbus (bspw. die Vogelbeere) gehören, konnten Wissenschaftler:innen viele pflanzenfressende Insekten nachweisen. Da diese Baumart als sonnenliebend gilt, wird sie auch gerne in Städten und Parks gepflanzt. Ansonsten findet man sie in sonnigen Wäldern, auch auf Felsen und in bergigen Gebieten. Am besten geht es der Mehlbeere auf trockenen und kalkreichen Standorten. Auch im Klimawandel können wir vermutlich auf die Mehlbeere setzen, denn als Sonnenanbeterin verträgt sie Trockenheit ziemlich gut. 

Das Blatt der Echten Mehlbeere ist auf der Oberseite grün. Die Unterseite ist heller und leicht behaart.

Der Vogel des Jahres 2024: Der Kiebitz (Vanellus vanellus)

Der Kiebitz gilt als Wiederholungstäter! Bereits 1996 kürte der NABU ihn zum Vogel des Jahres. Warum möchte man nun erneut auf diese Art aufmerksam machen? Der Kiebitz war in Deutschland eigentlich eine häufig anzutreffende Art. Doch sein Lebensraum verschwand mehr und mehr. Der Kiebitz benötigt Feuchtwiesen. Diese wurden für landwirtschaftliche Nutzungen jedoch vielerorts trocken gelegt. Ein weiteres Problem ist die frühere Mahd von Wiesen und zu schnell wachsende Kulturen, wodurch dem Kiebitz geeignete Lebensräume zum Brüten fehlen. 

Der Kiebitz ist gut an seiner Haube auf seinem Kopf zu erkennen, die auch als Holle bezeichnet wird.

Ursprünglich fand man Kiebitze vor allem in Mooren oder auf Feuchtwiesen. In ihrem Lebensraum brauchen sie vor allem kurze Vegetation und Gehölzstrukturen wie Baumstümpfe als Sichtschutz. Aufgrund des Verlustes dieser Lebensräume leben Kiebitze heute häufig auf Äckern und Wiesen. Vielleicht habt Ihr das Glück, dort einen Kiebitz zu entdecken. Ihr erkennt ihn an seinem namensgebenden Ruf: “Kie-wiet”! und an der kuhlen Tolle und den fetzigen Flugmanövern.

Der Pilz des Jahres 2024 – Der Schopftintling (Coprinus comatus)

Der Schopftintling gilt als beliebter Speisepilz. Eile ist allerdings gefragt, denn nur die jungen Exemplare sind zum Verzehr geeignet. Wenn die Pilzfruchtkörper, also das, was Ihr als Pilz über dem Boden erkennen könnt, älter sind, zerfließen sie regelrecht. Diese Masse erinnert dann an Tintenflüssigkeit, weshalb man den Pilz auch als Tintenpilz bezeichnet. Während andere Pilzarten unter hohem Nährstoffeintrag in die Böden durch Düngemittel leiden, macht das dem Schopf-Tintling nichts aus. Im Gegenteil sogar. Den Schopf-Tintling findet Ihr vor allem auf stickstoffreichen Wiesen, auch häufig in Städten, das ist zum Beispiel auf gedüngten Rasenflächen oder in Wohnsiedlungen der Fall! Klingt komisch, ist aber so: Der Pilz ernährt sich neben totem, organischem Material auch von Fadenwürmern im Boden. Er betäubt sie zunächst mit Gift, ummantelt sie dann mit seinem Pilzgeflecht und wächst dann sozusagen in sie hinein und verdaut sie. Na dann, guten Appetit! Mehr zum Thema Pilze im Wald und was Ihr beim Sammeln beachten solltet, könnt Ihr hier nachlesen.

Der junge Schopftintlig ist hier noch weitesgehend cremefarben. Am unteren Rand des Hutes erkennt man jedoch schon die einsetzende bläuliche Verfärbung.

Das Wildtier des Jahres 2024 – Der Igel (Erinaceus europaeus)

Der Igel ist wohl für alle ein vertrautes “Wildtier”. So manche:r hatte ihn schon bei sich im Garten, wo er gerne in einem Laubhaufen überwintert. Die nachtaktiven Tiere hört man oftmals abends genüsslich schmatzen, wenn sie gerade Regenwürmer oder andere Insekten vertilgen. Sogar Mäuse und Frösche stehen beim Igel auf dem Speiseplan. Während des Winterschlafs nehmen die Tiere dann gar keine Nahrung mehr zu sich – dann darf man die Tiere auch auf keinen Fall stören. Die Igel zieht es immer mehr zu uns in die Siedlungen, denn hier finden sie ausreichend Nahrung und Unterschlupf. Doch vor allem durch die Zunahme von Straßen sind sie immer mehr gefährdet. Jährlich verenden bis zu 100.000 Igel im Straßenverkehr. Auch das Ausbringen von Schneckenkorn oder Rattengift kann den Igel zum Verhängnis werden. Außerdem fehlt es ihnen zunehmend an Nahrung und Unterschlupf – auch in unseren Gärten. Es gibt also einiges, was wir selbst tun können, um Igel zu schützen!

Wusstest Du schon…?
Auch Rasenmähroboter sind für Igel sehr gefährlich, wenn man sie in der Dämmerung oder nachts fahren lässt. Ihr helft dem Igel also, wenn Ihr Eure Gartenpflege auf den Tag verlegt. Seit neuestem ist übrigens Joko Winterscheidt, bekannter Moderator und Podcaster, Igel-Botschafter für den NABU. Das ist eine weitere Aktion, um auf diese Themen aufmerksam zu machen.

Der Igel ist vermehrt in Siedlungen und Gärten anzutreffen, wo er Unterschlupf und Nahrung findet.

Der Boden des Jahres 2024: Der Waldboden

Tatsächlich werden auch die Böden des Jahres gekürt. In diesem Jahr ist es der Waldboden. Wenn Ihr fleißige “Forst erklärt”-Leser:innen seid, dann wisst Ihr schon, was die Besonderheiten des Waldbodens sind. Der Boden im Wald ist nicht nur ein wichtiger Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten, er ist auch ein wichtiger Faktor bei der Bildung von sauberem Trinkwasser und dem Rückhalt und der Speicherung von Wasser und schützt vor Erosion – denn auf diesem Boden wachsen Bäume, die mit ihren Wurzeln den Boden “festhalten” und Nährstoffe im Boden halten. Mehr zum Thema Boden findet Ihr bereits in diesem Artikel. Auch das Thema Wasserspeicherung im Boden haben wir für Euch thematisiert. Oder Ihr schaut Euch dieses coole Video hier an!

Für die meisten von uns bleibt er oft im Verborgenen, dabei übernimmt der Waldboden so wichtige Funktionen wie Wasserspeicherung oder Schutz vor Erosion.