Orchideen kennen wir vor allem als ansehnliche Zimmerpflanzen. Durch ihren geringen Wasserbedarf sind sie auch bei den faulen Pflanzen-Fans beliebt. Doch die “Königin der Blumen” kommt nicht nur in Töpfen auf Muttis Fensterbank vor. Orchideen findet man außer in der Antarktis überall auf der Welt. Sie unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht, doch der Aufbau ihrer Blüte ist ihre große Gemeinsamkeit. Auch in unseren heimischen Wäldern können wir sie antreffen. 

Die Weiße Waldhyazinthe (Platanthera bifolia) hat Jan beim Videodreh im Hunsrück auf einer Wiese im Wald entdecken können. Diese Art wird besonders durch eine intensive Landwirtschaft gefährdet. 

Anspruchslose Naturburschen

Obgleich Orchideen keine großen Ansprüche haben, können sie eines gar nicht leiden: Den Menschen. Das Vorkommen der Blumen ist in Deutschland ein Zeichen für einen naturnahen Lebensraum, da sie in Gebieten mit intensiver Waldbewirtschaftung zumeist gar nicht erst vorkommen oder durch den Eingriff in ihren Lebensraum ein Ende finden. Die unterschiedlichen Orchideenarten blühen zu verschiedenen Zeiten von April bis September.  

Auf der Suche nach ihnen hat man hierzulande oft auf kalkhaltigen Standorten in naturnahen Buchenwäldern Erfolg. Aber auch andere Standorte mit tendenziell schwierigen Lebensbedingungen wie Moore, Feuchtwiesen oder Trockenrasen werden gerne von ihnen besiedelt. Man merkt also: Diese Blume ist ein Spezialist und wächst auf solchen Standorten, die für die meisten Pflanzen zu anspruchsvoll sind.  

Das sollte ja nicht zu schwierig sein, oder? Leider doch.

In einer Welt, in der das Wirken des Menschen allgegenwärtig ist, hat die anspruchslose Pflanze daher ihre Probleme. Abgase oder Düngungen in der Landwirtschaft können ihr fragiles Ökosystem zerstören.

Wusstest Du schon…? 
Blumenfreunde pflücken die schönen Orchideen gerne und Freizeitgärtner graben sie für ihren Garten aus. Da die Blumen jedoch besonders unberührte Waldgebiete lieben und genau an ihren Standort angepasst sind, gehen sie in den Gärten zumeist ein. Um die gefährdeten Arten nicht weiter zu reduzieren, sollte man sie in ihrem gewohnten Umfeld belassen und Mitmenschen auf ihren Fehler aufmerksam machen. Die meisten Arten sind durch ihre Seltenheit bereits geschützt, wodurch man sich durch das Sammeln sogar strafbar macht.

Das unauffällige Große Zweiblatt (Neottia ovata) findet man sowohl in Mooren als auch in Wäldern. Diese Orchidee fühlt sich auf Island, Sizilien, in Deutschland oder im Himalaya pudelwohl.

Unzertrennliche Freunde

Orchideen produzieren viele Samen. Da diese die Nährstoffe nicht aus der Photosynthese bekommen, benötigen sie zum Keimen die Hilfe eines Pilzes. Sie sind als Mykorrhiza Pilze bekannt. Auch andere Pflanzen gehen diese Art der Symbiose ein, sind aber zumeist nicht darauf angewiesen. Ist die Orchidee fertig herangewachsen, kann sie sich auch allein durch ihre Wurzeln und Blätter ernähren.

Manche sind so sehr auf die Zusammenarbeit mit dem Pilz eingespielt, dass sie selbst keine Blätter entwickeln. Das verschafft ihnen den Vorteil, dass sie nicht auf die Photosynthese angewiesen sind und auch in dunklen Wäldern überleben können.   

Wunder der Evolution 

Niemand geringeres als Charles Darwin, der Godfather of Evolution, war einer der Ersten, der die Beziehung von Orchideen zu ihren bestäubenden Insekten untersuchte. Auch die Einrichtungen, welche die Orchideen für diese gebildet hatten, wurden dabei begutachtet. Die Blumen wurden zum Paradebeispiel der Evolution. Sie sind teilweise so stark auf ihre Bestäuber angepasst, dass nur wenige bestimmte oder sogar nur ein Insekt sie befruchten können. Dabei beschränken sie sich nicht auf Bienen, sondern auf viele unterschiedliche Insektenarten.  

So auch die Sternorchidee (Angraecum sesquipedale) aus Madagaskar. Ihr Nektar befindet sich in einem 40 Zentimeter langen Gang hinter der Blüte, die nur in der Nacht duftet. Darwin vermutete damals, dass es auch bei dieser Pflanze ein speziell angepasstes Tier geben müsse. Erst 40 Jahre später konnte man seine Aussage belegen, nachdem man einen Nachtfalter (Xanthopan morganii) fand, der einen über 22 Zentimeter langen Saugrüssel besitzt.

Das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) blüht von Mai bis Juni. Diese Orchidee fühlt sich auf feuchten Wiesen am wohlsten. Ein solcher  Lebensraum wird in Deutschland durch Landwirtschaft oder Straßenbau immer seltener.

Wusstest Du schon…? 
Beim Waldvöglein handelt es sich nicht um eine Vogelart, sondern um Orchideenarten. Es gibt das Weiße, das Rote oder das Schwertblättrige Waldvöglein.  

Trickbetrüger der Natur 

Wusstet Ihr, dass es sogenannte Täuscherblumen gibt? Wie der Name schon sagt, beschreibt dieses Wort Pflanzen, die ihren Bestäubern vorgaukeln etwas zu sein (wie zum Beispiel eine Biene), was sie nicht sind. 90 % der Täuscherblumen sind Orchideen und circa ein Drittel der Orchideenarten täuschen ihre Bestäuber. Doch wie führt eine Pflanze ein Insekt hinters Licht?  Die betroffenen Orchideen besitzen keinen Nektar und müssen ihre Bestäuberinsekten, wie zum Beispiel Bienen, anders anlocken. 

Einige bieten ihren Besuchern Duftstoffe an, andere tricksen durch ihr Aussehen. Die Blüte des gelben Frauenschuhs (Cypripedium calceolus) wirkt wie eine Art Falle. Die Insekten müssen sich wieder aus diesem “Fangkessel” befreien und nehmen dabei die Pollen der Orchidee auf. Das Insekt trägt den Blütenstaub dann zur nächsten Orchidee, wo er an der weiblichen Narbe haften bleibt. 

Orchideen, Glockenblumen oder doch Bienen?

Das Rote Waldvöglein (Cephalanthera rubra) hingegen ist ein Trickbetrüger. Diese Orchidee sieht einer Glockenblume ähnlich und wächst in ihrer Nähe. Das reicht den Bienen, um sie zu verwechseln. So wird das Waldvöglein bestäubt, obwohl es selbst keinen Nektar bietet.  

Eine andere Ähnlichkeit weist der Ragwurz (Ophrys agg.) auf. Für Bienen sieht diese Orchidee aus wie eine andere Biene. Die Blüten imitieren darüber hinaus den Geruch einer weiblichen Biene. In der Paarungszeit besuchen deswegen männliche Wildbienen die Blumen. Wenn die Blüte durch die Bienen bestäubt ist, verändert sie ihren Geruch. Nun ist sie für die Männchen unattraktiv, sodass die unbefruchteten Blüten angeflogen und befruchtet werden können. Andere Orchideenarten imitieren zum Teil auch unangenehme Gerüche wie Aas, Dung oder Pilze. Dadurch werden Insekten wie Fliegen, Mücken oder Käfer von ihnen angezogen.  

Der Blütenstand eines Breitblättrigen Ständelwurz (Epipactis helleborine agg.). Dieser gilt als nicht gefährdet, obwohl seine Zahl stetig sinkt. Diese Orchidee kann man aber auch mal im eigenen Vorgarten antreffen.

Wusstest Du schon…? 
Wissenschaftler:innen vermuten, dass der Duft der Orchideen ursprünglich dafür gedacht war, ihre Fressfeinde von sich fernzuhalten. Die Düfte können nämlich abwehrend auf schädigende Mikroorganismen wirken. 

Was wird für die Orchideen getan?

Damit ihre Zahl nicht weiter zurückgeht, werden gefährdete Pflanzenarten unter Schutz gestellt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass ihr Lebensraum nicht weiter reduziert wird. Standorte, auf denen geschützte Orchideen wachsen, unterliegen daraufhin strengen Auflagen. Darüber hinaus versuchen Umweltschützer besonders artenreiche Lebensräume wie Moore wiederherzustellen, um die heutzutage seltene Pflanzenwelt dieser zu fördern. Waldwiesen werden aus diesem Grund nicht einfach unbedacht gemäht. Auch hier gibt es spezielle Wirtschaftsformen, um sie als Lebensraum für Orchideen und andere wertvolle Blumen zu erhalten.

Ihr merkt vielleicht: Orchideen sind sehr besondere Pflanzen. Hättet Ihr gedacht, dass es sie auch in unseren heimischen Wäldern gibt?
Habt Ihr sie schon mal in der Natur gesehen oder zieren sie bei Euch die Fensterbänke? Lasst es uns doch gerne in den Kommentaren wissen.In unserem Video über die Leistungen der Wälder könnt ihr auch eine Wiese mit Orchideen begutachten. Schaut doch mal rein!