Die Silber-Pappel ist eine in der Forstwirtschaft häufig übersehene Baumart, da sie wirtschaftlich keinen großen Nutzen bringt. Ziehen wir uns unsere Biodiversitäts-Brillen an, dann können wir erkennen, dass die Silber-Pappel für eine Vielzahl an Insekten eine wichtige Nahrungsquelle ist. Hinzu kommt, dass die Silber-Pappel bei Wiederbewaldung hilft. Wenn Ihr wissen wollt, was diese unterschätzte Baumart noch alles kann, dann seid ihr hier genau richtig!
Eine kurze Vorstellung
Die Silber-Pappel gehört zur Familie der Weidengewächse. Sie ist ein vielfältiger Baum und kann je nach Standort ziemlich unterschiedlich aussehen. Seid Ihr z.B. an der Küste unterwegs, wo der Boden sandig und nährstoffarm ist, dann wächst die Silber-Pappel zu einem Strauch heran und nicht zu einem richtigen Baum. Am besten gefällt es ihr auf nassen und tonig-lehmigen Böden, weshalb sie häufig am Rand von Flüssen zu finden ist. Der Lebensraum, in dem sie vorkommt, wird auf schlau “Hartholzaue” genannt, d.h. sie mag es gerne auf nährstoffreichen Böden und mit halbschattiger Beleuchtung. Wenn Ihr mehr über Auwälder erfahren wollt, findet Ihr unseren Artikel dazu hier. Wächst die Silber-Pappel unter diesen idealen Bedingungen, kann sie bis zu 45 m hoch werden und sogar ihren 400. Geburtstag feiern.
Vom Aussehen könnt Ihr die Silber-Pappel gut identifizieren. Ein großer Baum mit einer runden und lockeren Krone, die an einer Seite stärker ausgeprägt ist. Dadurch bekommt der Baum Schlagseite und sieht asymmetrisch aus. Habt Ihr einen Baum gefunden, der ungefähr so aussieht, dann können wir uns als nächstes die Borke anschauen. Diese ist silbrig-grau gefärbt und ist übersät mit rautenförmigen Korkwarzen. Je nachdem, wie alt der Baum ist, können die Korkwarzen zu größeren Rissen werden. Bei älteren Bäumen ist oft der komplette untere Stammbereich verkorkt und die silbrige Färbung fängt erst weiter oben am Stamm an.
Immer noch unsicher?
Solltet Ihr Euch weiterhin nicht sicher sein, ob es sich bei Eurem Exemplar um eine Silber-Pappel handelt, dann schauen wir uns am besten das eindeutigste Merkmal an: die Blätter. Sie sind gegenständig und auf der Oberseite dunkelgrün gefärbt und glänzend. Auf der Unterseite bilden sie einen weißen Flaum aus, der ein wenig so aussieht, als ob jemand sie in Mehl gelegt hat. Außerdem sind sie drei- bis fünfteilig eingebuchtet und haben einige Ähnlichkeit mit den Blättern des Feldahorns. Nur mit weißen Härchen auf der Unterseite.
Wusstest Du schon…?
In der griechischen Mythologie symbolisiert die Zweifarbigkeit des Blattes die Aufgaben des Helden Herkules, welche er in der Ober- und der Unterwelt erfüllen musste.
Wie die Silber-Pappel sich ausbreitet
Bei der Silber-Pappel, wie bei allen Pappelarten, handelt es sich um eine Pionierbaumart (mehr dazu findet Ihr im Artikel zu Pionierbaumarten oder in diesem Youtube-Video). Ein Pionierbaum zu sein heißt unter anderem, schnell zu wachsen und leichte Samen zu haben, die der Wind weite Strecken transportiert. Die Silber-Pappel erfüllt diese Kriterien. Bevor die Samen sich überhaupt verbreiten, muss die Befruchtung stattfinden. Silber-Pappeln sind diözisch, d.h. es gibt rein männliche Vater-Bäume und rein weibliche Mutter-Bäume. Beide bilden Blütenstände aus, die herab hängen und aussehen wie längliche Weidenkätzchen. Die Bestäubung übernimmt der Wind. Das nennen wir Anemophilie. Die weiblichen Bäume bilden nach der Bestäubung Kapselfrüchte aus, in denen die Samen reif werden. Das passiert im Mai und Juni. Danach werden die Samen durch den Wind davongetragen, was auf schlau “Anemochorie” heißt.
Wusstest Du schon…?
Wörter, die mit “Anemo-” beginnen, haben immer etwas mit dem Wind zu tun, so wie Anemochorie oder Anemophilie. Der Ursprung dieser Wörter kommt aus dem Griechischen, wo anemos Windhauch oder Luft bedeutet.
Mit Hilfe des Windes gelangen die Samen der Silber-Pappel zu einer unbewaldeten Fläche. Weil die Silber-Pappel geringe Standortansprüche hat, kann sie dort anfangen zu wachsen. Nach und nach kommen andere vom Wind getragene Samen dazu und die Fläche sieht bald aus wie ein kleiner Wald. Dann folgen die Baumarten, die Schatten brauchen und deren Samen sich langsam ausbreiten, wie die Buche oder die Eiche. Mit der Zeit entsteht hier ein neuer Wald. Dieser Prozess der Wiederbewaldung heißt “natürliche Sukzession”. Pappeln, Birken, Weiden oder die Vogelbeere sind Baumarten, die wichtig für den ersten Schritt der Waldsukzession sind.
Durch die Biodiversitäts-Brille
In vielen Wäldern oder Kulturen, findet Ihr die Silber-Pappel vorwiegend im jungen Stadium, da sie für die Forstwirtschaft nicht relevant ist. Sie dient häufig der Befestigung von Dünen und Ihr habt sie wahrscheinlich schon in einem Park oder als Alleebaum gesehen. Diejenigen, die von ihr profitieren, sind klein: die Raupen. Es gibt verschiedene Schmetterlingsarten, deren Raupen sich von der Silber-Pappel ernähren. Dabei können wir zwischen drei Gruppen unterscheiden. Es gibt monophage Nutzer, die sich nur von dieser einen Baumart ernähren können. Die Raupe des Silberpappel-Kahneulchens (Earias vernana) zählt zu dieser Kategorie und kann nur überleben, solange es Silber-Pappeln gibt.
Die zweite Gruppe ernährt sich oligophag. Oligophag bedeutet, dass sich das Tier von verschiedenen Arten einer Gattung ernähren kann. Der Pappelschwärmer (Laothoe populi) frisst also von verschiedenen Pappelarten. Zuletzt gibt es Polyphagie. Die Schmetterlingsarten aus dieser Kategorie sind nicht für ihr Überleben auf die Silber-Pappel angewiesen, da sie sich nicht allein von den Pappelarten ernähren müssen. Ein Beispiel hierfür sind die Raupen des Abendpfauenauges (Smerinthus ocellata). Wie Ihr seht, gibt es eine Menge anderer Lebewesen, die von der Silber-Pappel profitieren.
Wenn Ihr in Eurem Garten eine Ecke wuchern lasst, fliegt vielleicht ein Samen einer Silber-Pappel an, um die natürliche Sukzession zu starten. Probiert es einfach mal aus und schreibt uns gerne Eure Erfolge in die Kommentare!
Quellen:
https://www.baumlexikon.com/pappel/silberpappel
https://de.wikipedia.org/wiki/Silber-Pappel
https://de.wiktionary.org/wiki/anemo-
P. Leins, C. Erbar: Bäume und Sträucher in Herbst und Winter erkennen, Schweizerbart, Stuttgart 2016