Wälder haben wir in vielen Formen und Farben. Eine sehr spannende Form sind die Auwälder. Doch was bedeutet das, wenn es absolut nichts mit Hobbits zu tun hat? Als Auwälder werden Pflanzengesellschaften entlang von Flüssen und Bächen bezeichnet, die stark von Überschwemmungen und einem hohen Grundwasserspiegel geprägt sind. Sie werden im Jahresverlauf immer wieder überschwemmt, zum Beispiel nach starken Regenfällen. Das zeichnet eine Aue gegenüber einem Bruchwald aus. Letzterer ist sehr sumpfig und wird dauerhaft vom Wasser beeinflusst. Heute wollen wir Euch erklären, welche Besonderheiten eine Aue bietet und welche seltenen Tiere und Pflanzen dort zuhause sind.

Die drei Zonen der Aue

Man kann Auen in drei Zonen einteilen. Die gehölzfreie Aue befindet sich direkt am Flussufer, oft eine Art Kiesstrand. Hier wachsen keine Bäume. Die Weichholzaue liegt ebenfalls direkt am Gewässer und beherbergt schnell wachsende und weniger lukrative Baumarten, die relativ weiches Holz besitzen. Das sind vor allem Weiden, Pappeln und Erlen. Bis zu 200 Tage pro Jahr können sie Überflutungen vertragen. Genau das grenzt sie von den Hartholzauen ab. Die hier vorkommenden Baumarten Eiche, Ulme und Esche wachsen auf besser nährstoffversorgten Böden, die nur eine kurze Zeit im Jahr überflutet werden. Sie sind häufiger an begradigten und regulierten Gewässern zu finden.

Die Weide ist ein typischer Vertreter der Weichholzauen.

Wusstest Du schon…?
Wasser ist für Bäume lebenswichtig. Aber zu viel kann tödlich sein, denn Bäume nehmen über die Wurzeln Sauerstoff auf. Wenn die Wurzeln dauerhaft mit Wasser bedeckt sind, beispielsweise weil ein Fluss den Boden überschwemmt hat, dann herrschen anaerobe Bedingungen. Für kurze Zeit ist das kein Problem, nach einiger Zeit sterben die Bäume aber ab. Ein guter Vergleich sind Zimmerpflanzen. Die mögen es zwar auch, gegossen zu werden. Stehen sie aber im Wasser, sterben sie ab.

Auwälder sind nur etwas für Spezialisten

Durch die verschieden starken Überschwemmungen findet man sehr unterschiedliche Lebensbedingungen. Deshalb gibt es hier auf einer kleinen Fläche eine besonders hohe Artenvielfalt. Auwälder sind oft der letzte Rückzugsraum für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Ein derart spezieller Standort erfordert eine gewisse Anpassung an die Bedingungen. Die in weiten Teilen Deutschlands natürlich vorherrschende Rot-Buche kommt mit dem hohen Wassergehalt nicht gut zurecht. Daraus ergibt sich die Chance für andere Baumarten, groß und stark zu werden.

Die Flatter-Ulme bildet auf nassen Standorten beispielsweise ein Herzwurzelsystem aus. Das heißt, ihre Wurzeln verbreiten sich vor allem horizontal und dringen nicht so tief in das Erdreich ein. Dadurch durchwurzeln sie einen größtmöglichen Teil des Bodens, der nicht vom Grundwasserspiegel beeinflusst ist. Die Erle hingegen hat eine andere Überlebensstrategie entwickelt. Durch besonders große Poren am Stamm können sie selbst dann noch atmen, wenn ihr ganzes Wurzelsystem überschwemmt ist. Diese sogenannten Lentizellen könnt Ihr sogar mit bloßem Auge erkennen.

Tierwelt der Auen

In den Gewässern der Auen tummeln sich verschiedene Muschel-, Krebs- und Fischarten. Sie locken Räuber wie den seltenen Eisvogel an. Der flinke Vogel wartet geduldig auf einem Ast und beobachtet das Wasser unter sich. Im richtigen Zeitpunkt setzt er zum Sturzflug an und schnappt sich seine Beute, indem er mit dem ganzen Körper untertaucht. Als Nisthilfe nutzt er lehmige Steilufer entlang der Flüsse. Ein weiterer interessanter Vogel des Auwaldes ist der Pirol. Die wenigsten von Euch haben ihn schon mal zu Gesicht bekommen. Aber vielleicht kennt Ihr ja seinen Gesang? Hört mal rein!

Viele seltene Vögel finden in den Auwäldern einen Rückzugsraum.

Neben der artenreichen Vogelwelt ist ein Säugetier zu erwähnen, das deutschlandweit wieder auf dem Vormarsch ist: Der Biber. Er steht unter Naturschutz, aber hat sich in einigen Teilen des Landes so stark verbreitet, dass er zu einem Problem für die Menschen werden kann. Über den Biber haben wir sogar einen eigenen Artikel geschrieben.

Wie der Mensch die Auwälder beeinflusst

Menschen besiedeln bevorzugt die Nähe von Flüssen. Natürliche Auwälder wurden zugunsten von Weideland abgeholzt und Flüsse für die Schifffahrt begradigt. Seit dem 18. Jahrhundert werden Flächen durch Gräben entwässert, um sie für die Landwirtschaft nutzbar zu machen und Gewässer werden zum Schutz vor Hochwasser reguliert. Heute erkennen die Menschen den hohen Wert der Auwälder und versuchen Vieles davon rückgängig zu machen, indem Bäche und Flussufer wieder renaturiert werden. Auwälder dienen als natürliche Pufferräume und als Überflutungsschutz. Wie Ihr bestimmt wisst, können Waldböden nämlich viel mehr Wasser aufnehmen und zurückhalten als landwirtschaftliche oder gar versiegelte Böden. Mehr dazu könnt Ihr hier nachlesen.

Auwälder in Gefahr

Durch uns Menschen gelangen immer wieder die verschiedensten Tier- und Pflanzenarten aus aller Welt in neue Länder. Meistens geschieht das unbewusst auf Containerschiffen oder im Flugzeug. Und zusammen mit ihnen gelangen auch Krankheitserreger wie Pilze, Bakterien und Viren in neue Gebiete. Auwälder haben es dabei besonders schwer, denn die Samen fremder Arten können eine große Strecke im Wasser überwinden und sich bei Überschwemmungen weiter ausbreiten.

Unsere Hartholzauen hat es stark getroffen. Die Esche wird durch das Eschentriebsterben seit einigen Jahren stark dezimiert. Ein aus Japan und China stammender Pilz führt zum Absterben des ganzen Baumes. Nur ein kleiner Prozentsatz unserer heimischen Eschen ist resistent gegen diesen Pilz. Neben der Esche hat es auch die Ulme getroffen. Ein aus Ostasien stammender Pilz führt hier zu einer starken Reduzierung der heimischen Berg-Ulme. In seiner Heimat macht der Pilz kaum einen Schaden, denn dort haben sich die Bäume bereits an diesen Pilz angepasst.

Der Biber ist ein typischer Vertreter der Flusslandschaften, aber kann leicht mit einem Nutria verwechselt werden.

Neue Arten erobern die Auen

Durch das Absterben von Ulme, Esche und anderen heimischen Bäumen entstehen Freiflächen, auf denen sich Neophyten etablieren können. So konnten sich in den Donauauen bereits die fremdländischen Arten Götterbaum, Eschenahorn oder Amerikanische Esche ansiedeln. Auch die Robinie verbreitet sich extrem rasch. Und alle Expert:innen stehen vor der Frage: Prozessschutz oder Bekämpfung der fremdländischen Arten? Schreibt uns Eure Meinungen und Vorschläge gerne in die Kommentare!