Landschaftsarchitektur ohne Studium? Das kann nur der Biber!

Landschaftsarchitektur kann man an vielen Universitäten und Hochschulen in einem dreijährigen Studium erlernen. Der Eurasische Biber (Castor fiber) hat das nicht nötig. Er gestaltet seinen Lebensraum ganz nach seinen Bedürfnissen. Durch Bäume fällen, Burgen und Dämme bauen und Bäche aufstauen hat der Biber das gleiche Motto wie Pippi Langstrumpf: Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt!

Verwechslungsgefahr

Biber (links) und Nutria (rechts) sehen sich zum Verwechseln ähnlich.
Vielen Dank an Hannah Billing für die Zeichnung!

Wie sieht ein Biber überhaupt aus? Ganz oft werden sie mit den Nutria verwechselt. Diese sehr viel häufiger anzutreffenden Neozoen haben große Ähnlichkeit mit dem Biber. Doch es gibt einige Merkmale, anhand derer sich die beiden Tiere gut unterscheiden lassen. Nutria haben sichtbare Ohren, weiße Barthaare, einen runden Schwanz und sind im direkten Vergleich kleiner als Biber. Er ist ein bis zu 30 Kilogramm schweres Nagetier mit einer ganzen Reihe an praktischen und besonderen Körperteilen.

Die Biber-Kelle – nicht für Suppen geeignet

Den schuppigen Schwanz des Bibers bezeichnet man als Biberkelle. Im Wasser dient er als Steuer beim Schwimmen, an Land als Stütze beim Sitzen, als Kommunikationsmittel und nicht zuletzt als Klimaanlage. Denn durch das Eintauchen des Schwanzes in kaltes Wasser kann der Biber sich ganz einfach an heißen Tagen abkühlen.

So sieht der typische Lebensraum des Bibers aus.

Das Fell – dicker Wintermantel und praktische Schwimmweste

Mit etwa 23.000 Haaren pro cm² hat der Biber einen der dichtesten Pelze überhaupt. Das ist ein Hauptgrund für die frühere starke Bejagung der Biber. Die oberen Haare bestehen aus langen Grannen und darunter befindet sich sehr dichte Unterwolle. Zwischen diesen beiden Schichten entsteht eine Luftschicht, die gleichzeitig isolierend wirkt und als Auftrieb im Wasser dient. Dadurch ist der Biber fast schwerelos im Wasser unterwegs.

Die Zähne – eine natürliche Schleifmaschine

Besonders im Winter lassen sich Biber auch gerne mal die Rinde von Bäumen schmecken.

Die Schneidezähne im Ober- und Unterkiefer des Bibers wachsen kontinuierlich ein ganzes Leben lang weiter. Die rote Farbe der Zähne kommt daher, dass sich im Zahnschmelz auf der Vorderseite Eisen befindet. Das macht die Vorderseite sehr viel härter als die Hinterseite. Dadurch werden die Zähne zu einem natürlichen Messerschärfer, wenn die harte Vorderseite des Oberkiefers gegen die weichere Hinterseite des Unterkiefers gerieben wird.

Die Lippen – Fressen unter Wasser

Biber können unter Wasser ihren Mund zum Fressen öffnen, obwohl sie keine Kiemen besitzen. Das ist so ziemlich einmalig unter Säugetieren. Möglich wird das dadurch, dass sie ihre Lippen durch eine Lücke zwischen den Schneide- und Backenzähnen zurückziehen können. Dadurch entsteht ein Vakuum und sie können fressen, ohne dass Wasser in ihren Mundraum eindringt.

Wusstest Du schon…?
Die Nager waren im Mittelalter bei Mönchen als Speise während der Fastenzeit sehr beliebt. Denn die katholische Kirche zählte den Biber wegen seines schuppigen Schwanzes nicht zu den Säugetieren, sondern zu den Fischen. Diese durfte man auch während des Fastens essen.

Wie lebt ein Biber?

Biber sind dämmerungs- und nachtaktiv. Tagsüber verbringen sie ihre Zeit in der Biberburg. Das ist meistens ein großer Haufen aus Ästen, mit dem sie sogar ganze Bäche stauen können. Der Eingang dieser Biberburg liegt – zum Schutz vor Seeadler, Uhu und Fuchs – unter Wasser. Im Winter müssen Biber den Ein- und Ausgang immer frei von Eis halten, damit sie zwischendurch auch mal an Land gehen können, um nach Nahrung zu suchen. Die Tierchen halten nämlich keinen Winterschlaf, sondern knabbern in der kalten Jahreszeit sehr gerne an leckeren Stämmen von Weiden oder Pappeln und bringen diese damit sogar zu Fall. Während der warmen Jahreszeit bevorzugen sie jedoch Blätter, Gräser oder auch Feldfrüchte.

Hier verlässt der Biber das Wasser, wenn er sich auf Nahrungssuche begibt.

Biber werden mit etwa zwei Jahren geschlechtsreif und begeben sich auf die Suche nach einem eigenen Revier. Wenn sich ein Biberpärchen gefunden hat, dann bleiben sich die beiden ein Leben lang treu. Sie bekommen bis zu 5 Junge pro Jahr, doch ein großer Teil der Jungtiere stirbt bereits früh durch Ertrinken, wenn es im Frühjahr wegen Starkregen oder Schneeschmelze zu Hochwasser und starken Strömungen kommt.

Konflikte mit uns Menschen

Im 19. Jahrhundert war der Biber in Deutschland und großen Teilen Europas nahezu ausgerottet. Ein kleiner Restbestand hat in der Mittelelbe überlebt. Dank vieler Schutzmaßnahmen und Auswilderungsprojekten hat sich die Population in den letzten Jahrzehnten jedoch erholt, sodass heute wieder etwa 25.000 Tiere an unseren Gewässern unterwegs sind. Doch auch wenn man sie heute kaum noch bejagt, sind wir Menschen immer noch für den Großteil der Todesfälle verantwortlich. Jungtiere auf der Suche nach ihrem eigenen Revier sind dazu gezwungen viele Straßen zu überqueren, wenn sie das nächste Gewässer erreichen wollen. Das führt zu vielen Unfällen. Der Straßenverkehr ist für bis zu 60 Prozent der Todesfälle verantwortlich. Das ist eine sehr traurige Statistik, doch gibt es wenig, was man dagegen tun kann. Falls Ihr coole Ideen habt wie man diese Zahl reduzieren könnte, schreibt es uns in den Kommentaren!

Wusstest Du schon…?
Das “Bibergeil” ist ein öliges Sekret aus den Drüsen am Hinterkörper des Bibers. Wegen der darin enthaltenen Salicylsäure wurde es als Potenz- und Schmerzmittel verwendet. Aus diesem Grund hat man Biber früher sehr stark bejagt. Auch heute findet das Bibergeil noch Verwendung in der Homöopathie und bei der Parfümherstellung.

Land- und Forstwirtschaft

Wegen seiner Neigung ganze Bäume zu fällen, verursachen Biber bei so manchen Förster:innen einigen Unmut. Noch viel größer ist das Problem allerdings bei den Landwirt:innen. Wenn die Ackerflächen bis an die Gewässer reichen, fehlen dem Nager die natürlichen Auenlandschaften, wo er Weiden und Pappeln findet, die er als Nahrung verwenden kann. Wenn sie nicht vorhanden sind, dann weicht er auf Feldfrüchte und auch Obstbäume aus. Außerdem bauen Biber liebend gern Tunnel. Wenn ein großer Traktor über so einen Tunnel fährt, kann dieser schnell einstürzen und große Schäden anrichten. Das Aufstauen von Gewässern führt zusätzlich zu einer Vernässung des Umlandes. Ihr seht also, der Biber ist nicht unbedingt der Liebling in der Land- und Forstwirtschaft.

Kleinere Bäume werden gefällt und für den Bau der Biberburg genutzt.

Natur-/ Katastrophenschutz mit dem Biber?

Ein Lösungsansatz für die Konflikte mit der Landwirtschaft könnte sein, dass man dem Biber wieder mehr von seinem natürlichen Lebensraum zur Verfügung stellt. Dazu dürften die Landwirt:innen ihre Felder nicht mehr bis an die Gewässerufer bestellen, sondern müssten stattdessen einen Uferstreifen seiner natürlichen Entwicklung überlassen.

Biber haben auch sehr nützliche Eigenschaften für uns Menschen. Was für Landwirt:innen zum Ärgernis wird, könnte im Rahmen des Klimawandels zukünftig große Bedeutung erlangen. Denn durch seine Fähigkeit Staudämme zu bauen und damit Wasser aufzustauen, dient der Biber dem Hochwasserschutz. Große Flutwellen können damit abgefangen und verlangsamt werden. Der einzige Haken an der Sache ist, dass wir dem Biber nicht sagen können, wo er einen für uns strategisch gut platzierten Staudamm bauen soll. Potential hat die Sache aber trotzdem.

Was meint Ihr? Ist der Biber ein Tier, das nur für Probleme sorgt oder seid Ihr genauso fasziniert von diesem kleinen Landschaftsarchitekten wie wir?

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