Allein auf weiter Flur – Solitärbäume

Im Wald stehen unsere Bäume dicht an dicht. Doch was passiert, wenn Bäume ganz alleine in der Landschaft thronen? Diese breitkronigen Riesen kennen wir aus Parkanlagen, Gärten oder Alleen. Sie stellen einen Blickfang dar und beeindrucken durch ihre besonderen oder sogar sonderbaren Wuchsformen. Diese Bäume nennt man Solitärbäume. Was sie so besonders macht, wo Ihr sie findet und durch welche Mythen sie den Weg in unsere Landschaft gefunden haben, erfahrt Ihr in diesem Artikel. 

Einsame Schönheiten

Das Wort solitär steht dafür, dass etwas alleine lebt oder abgelegen liegt. Bei Solitärpflanzen liegt das Augenmerk zudem darauf, dass sie optisch ins Auge fallen. In der Gartenkunst sind es zum Beispiel Bäume oder Pflanzen, die durch ihre Größe hervorstechen. In einem Beet niedrig wachsender Pflanzen kann dies zum Beispiel die farbenfrohe Lupine sein.

Bei Parkanlagen verwendet man Bäume, die durch ihre Blattfarbe, Form oder Blütenpracht auffallen. Dies sind Arten wie die Blutbuche (Fagus sylvatica f. purpurea), eine Variation der Rot-Buche (Fagus sylvatica), die rote Blätter aufweist. In vielen Parkanlagen verschönern diese Solitärbäume oder ausländische Arten die Landschaft mit ihrem außergewöhnlichen Aussehen.

Die Krone eines Solitärbaums ist oft besonders. Die Äste dieser alten Eiche reichen rund um den Stamm herum fast bis auf die Erde. Im Wald sieht man so etwas selten, da Waldbäume durch die Konkurrenz von außen meist höher wachsen.

Wo wachsen Solitärbäume?

Im Wald findet man meist keine Solitärbäume. In einem geschlossenen Waldbestand haben die Bäume nicht die Möglichkeit, unbegrenzt ausladende Kronen zu bilden. Die Anwesenheit anderer Bäume begrenzt sie und bietet Konkurrenz. Man sieht den Baum vor lauter Wald nicht.

Alleebäume, Obstgehölze und Gartenbäume sind oft Solitärbäume. Sie haben gemeinsam, dass sie stärker exponiert sind als Bäume in einem geschlossenen Bestand. Witterungsereignissen wie Sonne und Wind wirken mehr auf die Bäume ein, die dies von Anfang an gewohnt sein sollten. Denn auf plötzliche Einwirkungen dieser Witterungen kann sich der Baum nicht spontan einstellen und leidet daher schneller und mehr unter ihnen. Im Garten ist die Magnolie einer der beliebtesten Solitärbäume. Mit ihren rosafarbenen Blüten zieht sie alle Blicke auf sich. 

Eichen beeindrucken als Solitärbäume oftmals mit knorrigen Ästen und breiten Stämmen. Dieser alte Knochen steht auf Gut Güldenstein in Schleswig-Holstein. 

Das Recht der Bäume

In vielen Kulturen hat man Bäume als Orte der Rechtsprechung genutzt, wodurch sie einen historischen Wert aufweisen. Linden galten bei den Germanen zum Beispiel als Bäume der Weissagungsgöttin Freya. Der Glaube war, dass man unter diesen Bäumen stets die Wahrheit erfahren würde.

Unter den Linden fanden deswegen damals Gerichtsverhandlungen statt, die die Germanen als Thing bezeichneten. Bis heute nennt man die erhaltenen Bäume Gerichts- oder Thinglinden. Man erkennt sie unter anderem an ihren besonderen Standorten auf Hügeln, nahe Kirchen oder Burgen. Sie stehen aber nicht immer solitär, sondern kommen manchmal auch in Gruppen vor. Diese Lindengruppen aus meist sieben Bäumen bildeten ebenfalls Gerichtsplätze. 

Diese Linde steht auf dem Stadtwall in Göttingen. Der Wall ist vornehmlich mit Linden bepflanzt, die ein beachtliches Alter erreicht haben. Die Bismarck Linde wurde um 1765 gepflanzt. 

Wusstest Du schon…?
Eine bekannte Gerichtslinde könnt Ihr zum Beispiel bei Kasberg besichtigen. Die Kunigunnenlinde ist mit ihren über 1200 Jahren eine der ältesten Linden Europas. Auch die Collmer Linde in der Gemeinde Wermsdorf ist 1000 Jahre alt und nicht nur Gerichtslinde, sondern auch Naturdenkmal.

Was bedeuten uns die riesigen Solitärbäume?

Im Wald fällt es uns nicht direkt auf, wenn mal einer von vielen Bäumen fehlt. Doch Parkanlagen leben von ihren starken, alten Bäumen mit ihrem besonderen Aussehen. Wir erinnern uns an sie, weil sie das Landschaftsbild prägen. Sie haben meist astreiche Stämme und ausladende Kronen, unter denen man sich im Sommer zum Abkühlen treffen kann. Egal ob in einem Park oder in freier Landschaft, Solitärbäume bieten  Lebensräume für Tiere, Insekten und Pilze.

Diesen Baum würde man in einem Wald entnehmen. Die Buche hat einen sogenannten Drehwuchs, was ihr diese besondere Stammform verleiht. 

Stellt einer der Solitärbäume im Park eine Gefahr für Menschen dar, muss man ihn fällen. Bevor es jedoch zu diesem drastischen Schritt kommt, versuchen die Stadtförster:innen die Bäume zu erhalten. 

Nehmen wir mal an, dass in einem noch gut belaubten Ast eine Fäule ist. Diese stellt vielleicht erstmal keine akute Gefahr dar, kann jedoch bei fortschreitendem Prozess eine lebensgefährliche Bedrohung beim Spaziergang oder anderen Freizeitbeschäftigungen sein. Um Menschen und Baum gleichermaßen zu schützen, kann eine Kronensicherung zum Einsatz kommen. Diese Seilbefestigungen in der Krone sorgen dafür, dass der Ast beim Abbrechen nicht hinabstürzen kann, sondern dicht am Baum in dem Seil hängen bleibt. Außerdem minimiert sie die Last des Astes, sodass er länger am Baum verbleiben kann. An öffentlichen Plätzen lohnen sich diese Maßnahmen natürlich mehr als in einem Bestand, aus dem man gutes Holz beziehen möchte. 

Hier hilft auch keine Kronensicherung mehr! Die Ahlborn-Buche war lange Zeit ein besonderer Ort an den Schillerwiesen. Eine Fällung kam bei ihr also nicht in Frage, nachdem sie fast vollständig abgestorben war. Sie ziert nun als Totholz-Baum eine Wiese nahe dem Stadtwald. 

Wusstest Du schon…?
Gibt es eigentlich Stadtförster:innen? Teilweise ja. Viel wichtiger sind hier aber die Menschen, welche die Bäume im öffentlichen Raum pflegen. Diese nennt man Baumpfleger*innen oder Arboristen*innen. Arboristik ist in Göttingen sogar ein eigener Studiengang! 

Besonders alte und starke Bäume stehen oft unter Schutz und sind Naturdenkmäler. Man fällt sie nur, wenn sie eine zu große Gefahr darstellen und es keine andere Alternative mehr für sie gibt.

Das Schild vor der Eiche weist darauf hin, dass es sich bei dem Baum um ein Naturdenkmal handelt.
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