Unsere Bäume: Die Vogel-Kirsche (Prunus avium)

Wenn Ihr momentan in Wald und Flur unterwegs seid, sind Euch sicher die wundervollen Blüten unzähliger Obstgehölze aufgefallen, die in unserer Landschaft und in Gärten für besondere Farbtupfer sorgen. Auch im Wald könnt Ihr aktuell die weiße Blütenpracht der Vogel-Kirsche bestaunen. Was diese Baumart, außer schick auszusehen, noch so kann und wie Ihr sie sicher erkennen könnt, wollen wir Euch in unserem neuen Artikel erklären. Sie bietet unter anderem vielen Tierarten eine wichtige Nektar- und Nahrungsquelle. Doch auch in der Forstwirtschaft ist die Vogel-Kirsche eine äußerst gefragte Baumart. Warum Felix ein riesiger Kirschen-Fan ist und wieso Ameisen und Kirschbäume gute Freunde sind, erfahrt Ihr, wenn Ihr weiter lest.

Kirsche ist nicht gleich Kirsche

Vielleicht kennt Ihr die Vogel-Kirsche auch unter dem Namen Wild- oder Wald-Kirsche? Der wissenschaftliche Name dieser Baumart lautet Prunus avium. Avium leitet sich dabei vom lateinischen Wort avis – Vogel ab. Bei Vögeln sind die Früchte der Kirsche eine beliebte Nahrung. Es gibt auch kultivierte Formen der Wildkirsche. Diese zeichnen sich durch größere Blätter und größere Früchte aus, die darüber hinaus auch süßer schmecken. Im Volksmund spricht man dann meist einfach von der Süßkirsche. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich über fast ganz Europa. Dabei besiedelt die Art Höhen von bis zu 1.700 Metern. Die Vogel-Kirsche ist nicht besonders anspruchsvoll, das bedeutet, Ihr könnt diese Baumart in vielen verschiedenen Wäldern antreffen. Damit sie gut wächst benötigt sie jedoch frischere Böden, also Böden die genügend Wasser enthalten und nicht zu trocken sind. Die Kirsche ist außerdem eine Lichtbaumart, sie braucht also relativ viel davon, um gut wachsen zu können.

Wusstest Du schon…?
Zuchtformen der Vogel-Kirsche sind zum Beispiel die Knorpel- oder auch Herzkirsche. Deren Früchte schmecken auch deutlich süßer und sind deshalb bei uns eher als “Speise-Kirschen” beliebt.

Wie erkennt Ihr die Vogel-Kirsche?

Die Vogel-Kirsche ist anhand ihrer Rinde recht einfach zu erkennen. Ein besonders gut sichtbares Merkmal sind die farblich abgehobene Querstreifen an der Rinde. Diese werden auch als Lentizellen bezeichnet. Die Lentizellen werden bei fortschreitendem Alter der Bäume immer deutlicher und größer. Man spricht auch von der sogenannten Ringelborke. Im höheren Alter lösen sich diese Querstreifen dann teilweise etwas ab. Bei jüngeren Vogel-Kirschen ist die Rinde eher grün-gräulich gefärbt und sieht sehr glatt aus. Bei älteren Bäumen geht die Farbe meist in einen grauen und rötlichen Ton über. Vogel-Kirschen werden in der Regel 15 bis 20 Meter groß.

Wusstest Du schon…?
Lentizellen werden auch Korkwarzen genannt. Die obere Zellschicht ist dabei sozusagen aufgerissen und ermöglicht dem Baum so einen Gasaustausch mit der Umgebung. Lentizellen könnt Ihr neben der Vogel-Kirsche auch noch beim Schwarzen Holunder an der Rinde sehen.

So sieht die Kirsche aus

Zur Zeit der Blüte, etwa April bis Mai, erkennt Ihr die Vogel-Kirsche sehr gut an den weißen Blüten. Die Blätter der Vogel-Kirsche sind am rand gesägt und lang-oval geformt. Am Ende laufen sie spitz zu. Die Blattoberseite ist heller grün als die Unterseite. Zu den eindeutigsten Bestimmungsmerkmalen zählen aber natürlich die Früchte. Diese reifen etwa ab Juni/ Juli an den Bäumen und sind tief-rot, fast schwärzlich gefärbt. Die Früchte schmecken im Gegensatz zu normalen Süßkirschen aber etwas bitter.

Die Vogel-Kirsche als Nahrungsgeber

Zur Zeit der Blüte ist die Kirsche eine wichtige Nektarquelle für Bienen oder andere Insekten. Wenn die Kirsche später Früchte trägt, bietet sie außerdem Nahrung für viele Tierarten. Vor allem bei Vögeln wie Amseln oder Staren sind die Früchte sehr begehrt. Diese sorgen mit ihrem Verzehr und dem späteren Ausscheiden der Kerne gleichzeitig für die Verbreitung der Baumart. Aber auch andere Säugetiere wie Eichhörnchen, Dachse oder Füchse fressen gerne Kirschen. Aufgrund dieser ökologischen Eigenschaften ist die Kirsche bei Förster:innen eine sehr geschätzte Baumart zur Gestaltung des Waldrandes. Und ein Waldrand mit Kirschen in der Blütezeit sieht obendrein auch einfach sehr ästhetisch aus.

Wie sieht das Holz der Kirsche eigentlich aus?

Ihr erkennt das Holz an seiner rötlich-braunen Farbe. Oftmals hat das Holz auch einen leichten Grünstich, wodurch man es gut von anderen Obstgehölzen unterscheiden kann. Die Kirsche zählt als Obstholz zu sogenanntem Edellaubholz, wie beispielsweise auch Ahorne oder die Esche. Sehr beliebt ist ihr schönes Holz als Furnier- aber auch Massivholz und wird beispielsweise zur Verkleidung von Möbeln, wie Schränken oder auch Tischen genutzt. Auch im Innenausbau verwendet man die Kirsche für Parkett oder Vertäfelungen. Damit die Kirsche jedoch für diese vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten genutzt werden kann, benötigt sie ein gutes Auge von Förster:innen. Diese müssen durch waldbauliche Maßnahmen dafür sorgen, dass der Stamm des Baumes ohne Fehler – wie Löcher oder eine Krümmung – wachsen kann und später auch wirklich genutzt werden kann. Ein gut gewachsener Kirschholzstamm kann über 1000€ wert sein!

Was haben Kirschen und Ameisen miteinander zu tun?

Eine Besonderheit an den Blättern sind sogenannte Nektar-Drüsen – unter fleißigen Forststudierenden auch als extraflorale Nektarien bekannt. Diese sind rötlich gefärbt und sitzen am oberen Ende des Blattstiels. Was genau hat es damit auf sich?
Es handelt sich dabei um eine tolle Symbiose zwischen dem Kirschbaum und Ameisen. Die Nektarien enthalten Nektar. Dieser ist reich an Zuckern, enthält aber auch Aminosäuren und Proteine. Die Ameisen strömen also zum Baum, um dort an den leckeren Nektar zu gelangen. Gleichzeitig entwickeln sie ein “beschützerisches” Verhalten, denn sie wollen ihre gefundene Futterquelle natürlich ungern mit anderen Tieren teilen. Durch diese Ameisenarmee ist die Kirsche also vor Fressfeinden wie Raupen oder Fliegen besser geschützt.

An den Blattstielen der Vogel-Kirsche sind hier die kleinen rötlich gefärbten Nektarien zu erkennen.

Hat Felix einen Vogel?

Nee, eine Vogel-Kirsche! Auch Felix ist sehr begeistert vom Holz der Kirsche. Er hat sich vor kurzem aus einem Kirschbaum Bretter sägen lassen. Diese lässt er nun für 2-3 Jahre trocknen, um sich später aus den Brettern einen eigenen Schreibtisch zu bauen. Cooler Typ, oder?

Vom Kirschbaum zum Schreibtisch? Wenn Ihr mehr über den Werdegang von Felix‘ Kirschbrettern erfahren wollt, lasst es uns gerne wissen. Wir hoffen, wir konnten Euch in unserem Artikel eine weitere spannende und facettenreiche Baumart aus unseren Wäldern vorstellen. Habt Ihr in Eurer Umgebung bereits Vogel-Kirschen im Wald entdecken können oder vielleicht sogar Möbelstücke oder andere Produkte aus Kirschholz bei Euch Zuhause? Wir sind gespannt auf Euer Feedback zum Artikel und freuen uns über anregende Kommentare von Euch fleißigen Leser:innen!

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