Wenn jemand einer Maus begegnet, können die Reaktionen sich von “Aww wie niedlich!” bis hin zu “Ihh wie eklig!“ erstrecken. Sehen Förster:innen im Wald Mäuse, dann sind auch ihre Reaktionen gespalten. Mäuse erfüllen einerseits wichtige Ökosystemfunktionen, sie können aber auch Probleme verursachen. Wie diese kleinen Tiere es schaffen, Wiederbewaldung zu erschweren, und vieles mehr erfahrt Ihr in diesem Artikel.
Maus ist nicht gleich Maus
Mäuse zählen zu den Nagetieren, genauer zu der Familie der Mäuseartigen. Wir unterscheiden zwischen den Kurzschwanzmäusen und den Langschwanzmäusen. Kurzschwanzmäuse werden auch Wühlmäuse genannt und ein weiterer Name für Langschwanzmäuse ist “Echte Mäuse”.
Wusstest Du schon…?
Bei der Benennung von Spitzmäusen hat sich jemand gewaltig geirrt, denn Spitzmäuse sind gar keine Mäuse, sie zählen nicht mal zu den Nagetieren! Stattdessen gehören sie zu den Insektenfressern und sind somit dichter mit den Igeln oder den Maulwürfen verwandt, als mit den Mäuseartigen.
Kurzschwanzmäuse erkennt Ihr an ihrem gedrungenen Körperbau, sie sehen eher rund aus, wie kleine Fellkugeln. Ihre Augen und Ohren sind ziemlich klein und insbesondere die Ohren sind gut im Fell versteckt. Am markantesten ist natürlich ihr kurzer Schwanz, nach dem sie benannt wurden. Dieser ist gerade mal halb so lang wie der restliche Körper. Außerdem sieht es so aus, als würden sie auf einer unsichtbaren Linie laufen, wenn sie im Wald unterwegs sind. Forstlich relevante Kurzschwanzmäuse sind:
- Schermaus (Arvicola terrestris)
- Erdmaus (Microtus agrestis)
- Feldmaus (Microtus arvalis)
- Rötelmaus (Myodes glareolus)
Mäusemonitoring
Da Dr. Carlin Tröger und Felix sich mit dem Monitoring von Kurzschwanzmäusen beschäftigt haben (was Ihr Euch in diesem Video anschauen könnt), werde ich Euch am Ende des Artikels diese vier Arten ein wenig näher bringen.
Langschwanzmäuse stehen im Gegensatz zu den Kurzschwanzmäusen unter Naturschutz. Erkennen könnt Ihr sie – Überraschung! – an ihrem langen Schwanz. Dieser ist behaart und mindestens körperlang. Außerdem sind sie nicht so kugelig geformt wie die Kurzschwanzmäuse: Der Kopf ist deutlich vom restlichen Körper abgesetzt. Die Augen und Ohren sind groß und nicht im Fell versteckt, sie haben zusätzlich eine gespaltene Oberlippe. Wenn Ihr im Wald eine Maus seht, die vor Euch davon hüpft und nicht läuft, dann handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine Langschwanzmaus, da diese sich hüpfend fortbewegen. Die forstlich relevanten Langschwanzmäuse sind:
- Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis)
- Waldmaus (Apodemus sylvaticus)
Allerdings gehören zu dieser Familie sowohl die altbekannte Hausmaus (Mus domesticus), als auch die Haus- und Wanderratte (Rattus rattus & Rattus norvegicus).
Kleinvieh macht auch Mist
Das Monitoring von Kurzschwanzmäusen ist mittlerweile ein fester Bestandteil der forstlichen Praxis. Aber wieso wollen wir eigentlich wissen, wie viele Mäuse in einem bestimmten Gebiet vorkommen? In Zeiten des Klimawandels passiert es immer häufiger, dass z.B. durch den Borkenkäfer Wälder absterben und kahle Flächen entstehen. Von sich aus würde der Wald an diesen Orten wieder neu nachwachsen (mehr dazu hier), wären da nicht die Kurzschwanzmäuse.
Auch auf frisch aufgeforsteten Flächen oder in der Naturverjüngung richten nicht nur Hirsch und Reh, sondern auch die Kurzschwanzmäuse erheblichen Schaden an. Kurzschwanzmäuse ernähren sich nämlich von vielen verschiedenen Sachen: Beeren, Samen, Gräsern und teilweise von Insekten. Das wäre alles nicht so schlimm, sie futtern allerdings manchmal Wurzeln oder Rinde. Bei großen Bäumen fällt das nicht weiter auf, die haben genug von beidem. Kleine Bäumchen hingegen können sich nicht gut davon erholen, wenn ihnen das gesamte Wurzelwerk abgefressen oder die Rinde knapp oberhalb des Bodens angeknabbert wird (auf schlau “Ringeln”).
Das passiert besonders häufig, wenn Nahrungsmangel für die Mäuse besteht, wie z.B. in Dürrejahren. Sind nicht genug Beeren vorhanden, dann müssen sie sich nach etwas anderem umschauen. Nach milden Wintern oder Mastjahren kann das Gegenteil passieren: wenn immer genug Nahrung vorhanden ist, dann kommt es zu einer Massenvermehrung und die benötigte Menge an Futter steigt. Diese Massenvermehrungen treten allerdings nicht nur auf, wenn viel Futter vorhanden ist. Alle paar Jahre tritt regelmäßig je nach Mausart eine Massenvermehrung auf, bei den Feldmäusen zB alle 3-4 Jahre und bei den Schermäusen alle 6 Jahre.
Wusstest Du schon…?
Eine weibliche Maus bekommt pro Wurf ca. 10 Jungtiere und so kann innerhalb eines Sommers eine riesige Mäusefamilie entstehen mit 10 Kindern, 100 Enkeln und 1000 Urenkeln. Das sind mehrere tausend Nachkommen in einem Sommer!
Gras, Maus, Aus!
Das Monitoring ist deshalb wichtig, weil die Förster:innen dann wissen, ob bestimmte Flächen gefährdet sind. Ist der Populationsdruck hoch, dann können sie bestimmte Maßnahmen ergreifen, um die jungen Bäume zu schützen. Für eingezäunte Bereiche kann man beispielsweise Klappen im Zaun installieren, sodass Füchse und andere Beutegreifer hinein gelangen können. Außerdem stellen Förster:innen t-förmige Pflöcke auf, auf die sich Greifvögel wie der Mäusebussard setzen können. Von diesen sogenannten Julen, kann der Vogel seine Beute leichter erspähen. Waldbauliche Maßnahmen sind auch möglich, z.B. indem die Förster:innen die Entstehung von offenen Bereichen, besonders auf feuchten Böden, so gut es geht vermeiden. Dies können sie tun, indem sie dafür sorgen, dass bei der Holzernte keine großen Lücken entstehen, wodurch das Wachsen von Gras begünstigt wird. Dadurch entsteht überhaupt erst ein Lebensraum für Mäuse in großer Zahl. Ein bekannter Spruch ist nicht ohne Grund “Gras, Maus, Aus!”.
Mäuse sind Multitalente
Auf Freiflächen können sie Probleme verursachen, im Wald dagegen spielen sie eine wichtige Rolle im Ökosystem. Mäuse helfen nämlich bei der Verbreitung von Samen. Für viele Arten stellen die Mäuse außerdem eine wichtige Nahrungsgrundlage dar. Darunter fällt nicht nur der Fuchs (Vulpes vulpes) oder die Wildkatze (Felis sylvestris), auch andere geschützte Arten wie z.B. die Waldohreule (Asio otus) oder der Raufußkauz (Aegolius funereus) und diverse Schlangenarten ernähren sich von den Kleinsäugern. Wenn Ihr mehr über Eulen wissen wollt, dann checkt doch mal diesen Artikel aus. Zu viele Mäuse sind zwar schlecht für junge Bäume, aber viele Mäuse bedeuten auch viel Futter für gefährdete Eulen. Wie bei so vielem in einem gut funktionierenden Ökosystem, kommt es darauf an, im Gleichgewicht zu bleiben.
Wusstest Du schon…?
Weltweit gibt es ungefähr 40 Arten von Mäusen, davon sind ungefähr 15 Arten bei uns heimisch.
Forstlich interessante Mäusearten
Erdmaus
Nun zu ein paar der für Förster:innen interessanten Arten, beginnend mit der Erdmaus. Die tag- und nachtaktive Erdmaus wohnt am liebsten in sonnigen, aber feuchten Gegenden. Sie mag feuchte Böden mit vielen Pflanzen, am besten findet sie es, wenn alles von Gras überwachsen ist. Dort legt die Erdmaus Grastunnel und Nester an. Die Nester sind i.d.R. oberirdisch, außer es regnet stark den Sommer über. Dann zieht sie ein Nest unter der Erde, gut vom Regen geschützt vor. Dort wirft das Weibchen 3 bis 5 Mal pro Jahr 3 bis 8 Junge. Erdmäuse können außerdem maximal 3 Jahre alt werden.
Feldmaus
Da wir hier bei FORSTerklärt und nicht bei FELDerklärt sind, bringt Euch der Name FELDmaus vielleicht ins Stutzen. Die Feldmaus lebt tatsächlich hauptsächlich auf Feldern, Wiesen und in Gärten, allerdings wandert sie manchmal in den Wald oder zu Forstkulturen. Dies passiert meistens, wenn die Mäuse nichts zu futtern finden, weil ihre Nahrungsspeicher bei der Ernte durch landwirtschaftliche Geräte zerstört wurden. Deshalb nagen sie im Wald die Rinde von jungen Bäumen ab. Eigentlich ernährt sie sich hauptsächlich von allem, was auf Feldern zu finden ist: Gräser, Getreide, Feldfrüchte, Luzerne usw. Ihre Nester befinden sich unter der Erde und dort kommt das ganze Jahr über der Nachwuchs zur Welt. Außerdem sind Feldmäuse tag- und nachtaktiv.
Rötelmaus
Die Rötelmaus könnt Ihr gut an ihrem markanten rötlichen Fell und der schwarzen, pinselförmigen Schwanzspitze erkennen. Sie kommt überall im Wald vor, bevorzugt an Waldrändern und Lichtungen, wenn die Sträucher dort Beeren tragen. In einem guten Jahr legt sie Nahrungsvorräte an, in einem schlechten Jahr frisst sie Forstpflanzen. Die Rötelmaus baut ein kugeliges Gras- oder Blattnest, häufig unter Wurzeltellern, Reisig- oder Holzhaufen. Die Jungen, die dort zur Welt kommen sind nach 30 Tagen selbstständig und nach 9 Wochen geschlechtsreif. Rötelmäuse sind im Gegensatz zu Erd- und Feldmäusen nacht- und dämmerungsaktiv.
Schermaus
Bei der Schermaus erwarten uns einige Besonderheiten. Es gibt zwei sogenannte “Ökotpyen” , der erste Ökotyp ist der aquatische Typ, d.h. die Schermäuse leben in feuchten Gebieten, wie z.B. am Ufer eines Flusses oder eines Sees. Der zweite Ökotyp ist der terrestrische Typ. Dieser Typ lebt unabhängig vom Wasser an trockenen oder feuchten Standorten. Typischerweise leben die tag- und nachtaktiven Tiere in unterirdischen Gängen. Eine weitere Besonderheit der Schermaus ist ihr Fressverhalten über das Jahr gesehen. Im Sommer ist die Nahrung durch frische grüne Vegetation geprägt, wie Gräser, Kräuter oder Schilf. Im Winter hingegen steigt die Schermaus auf deftige Kost um und schnabuliert unter anderem Knollen, Rüben und die Wurzeln von Laub- und Nadelbäumen.
Wusstest Du schon…?
Die Maus aus “Der Sendung mit der Maus” ist leider keiner richtigen Maus nach empfunden, allerdings sieht sie der Rötelmaus noch am ähnlichsten mit ihrem orangenen Fell (welches die Rötelmaus nur auf dem Rücken hat) und dem kurzen Schwanz.
Ist Euch im Wald schon mal eine Maus begegnet? Konntet Ihr sie bestimmen? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!
Quellen:
https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/tiere-im-wald/saeugetiere/maeuse-im-wald
https://forst.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/ws_maeuse_2016.pdf
https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/tiere-im-wald/saeugetiere/langschwanzmaeuse
https://www.waldwissen.net/de/waldwirtschaft/schadensmanagement/nagetiere/lwf-merkblatt-nr-24