– Wie alles begann und wie die Jagd geregelt ist
Bevor wir Euch erklären wieso genau gejagt wird, möchten wir Euch eine Einführung in die Historie und die rechtlichen Rahmenbedingungen der Jagd geben.
Die Bejagung und Ausrottung (ca. 1850) von großen Raubsäugern, wie Luchs und Wolf, ließ im Ökosystem Wald ein Ungleichgewicht entstehen. Der von jagenden Menschen gestartete Versuch diese Balance wiederherzustellen, scheiterte in fast allen Regionen Deutschlands. Die Folge sind überhöhte Wildbestände in Wald und Flur. Diese stiegen ohne eindeutigen limitierenden Faktor (also durch Räuber) auf ein unnatürliches Niveau.
Bis 1850 war es nur dem Adel erlaubt, die Jagd auszuführen. Nach der Deutschen Revolution wurde dann das Jagdrecht an Grund und Boden gebunden. Damit war nun alle Grundbesitzenden berechtigt die Jagd auszuführen. Weil viele Bauern daraufhin selbst auf kleinster Fläche alles Wild zur Nahrungsgewinnung erlegten, wurde zum Schutz des Wildes die Mindestgröße eines Jagdreviers auf 75 Hektar festgelegt.
Heute gibt es ein eigenes Gesetz, dass Regeln zur Jagd in Deutschland aufstellt. Das Bundesjagdgesetz.
Die Bejagung zur Sicherung der nachhaltigen Nutzung und dem Erhalt natürlicher Lebensräume ist zum Beispiel in §1 Abs. 2 Bundesjagdgesetz geregelt:
„Die Hege [die Pflege der Wildbestände] hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepaßten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen. […] Die Hege muß so durchgeführt werden, daß Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden“
§1 Abs. 2 Bundesjagdgesetz
Der Jagdschein und alles was er mit sich bringt
Wer jagen will, braucht einen Jagdschein. Das dürfte vielen bekannt sein. Das Jägerzeugnis kann durch unterschiedlichste Kurse erworben werden. Dies ist allerdings ziemlich teuer. Intensiv-Kurse kosten knapp 2.000 €, bei der Kreisjägerschaft kann man einen Halbjahreskurs ab 700 € absolvieren. Die Jägerprüfung ist aber nicht ganz einfach zu bestehen. Denn die angehenden Jäger*innen erwarten circa 3000 Fragen zur Jagd, zum Leben und Verhalten von Wild und alles was damit zu tun hat. Jäger*in sein bedeutet also auch, dass man sich extrem gut mit den Tieren und der Natur auskennt! Außerdem muss man mindestens 18 Jahre (bzw. 16 mit bedeutenden Einschränkungen) alt sein und als zuverlässige Person gelten, sprich ein eintragsfreies Führungszeugnis vorlegen.
Die Sache mit der Waffe
Im Endeffekt ist man als Jäger*in berechtigt eine Waffe zu führen, da sollte einem sehr bewusst sein, was man tut. Möchte man dann auch eine Waffe besitzen, benötigt man eine Waffenbesitzkarte. Hier trägt die zuständige Behörde dann alle Waffen ein, die man erworben hat. Zur Aufbewahrung wird ein spezieller Waffenschrank benötigt. Dieser kann zu jeder Zeit von der Polizei kontrolliert werden. Der Transport und Umgang mit der Waffe ist außerdem strengstens geregelt. Beispielsweise muss die Waffe beim Transport immer in einem extra Futteral (also einer speziellen Transporttasche) verstaut werden. Sie darf in der Öffentlichkeit auf keinen Fall am Körper getragen werden.
Die Zuverlässigkeit eine Waffe zu besitzen ist schnell gefährdet. Wenn jemand bspw. unter Drogeneinfluss Auto fährt oder Straftaten begeht, ist man sehr schnell den Jagdschein los. Für Förster*innen bedeutet das auch häufig den Verlust des Jobs.
Regeln bei der Erlegung von Tieren
Beim Erlegen von Tieren sind zahlreiche Regeln zu beachten. Bei der Erlegung ist der schnellstmögliche Tod des Tieres herbeizuführen. Unnötige Schmerzen und Leiden sind zu vermeiden. Außerdem dürfen nur bestimmte Tierarten zu ganz bestimmten Zeiten bejagt werden. Jedes Bundesland regelt einzeln seine sog. Schonzeiten. Hier findest du bspw. die Schonzeiten in Niedersachsen. Diese sollen dem Wild vor allem die gefahrlose Aufzucht der Jungtiere oder die Mauser, also den Federwechsel bei Vögeln, garantieren. Und damit nicht zu viel von einer Art geschossen wird, gibt es Abschusspläne, die eine Maximalzahl an Erlegungen festlegen. Dieser Plan wird für jedes Revier einzeln aufgestellt.
Ziemlich stark reglementiert. Was wir in Deutschland ja schon gewohnt sind, scheint hier tatsächlich auch mal sinnvoll zu sein. Schließlich geht es hier um das Töten eines Lebewesens.
Dies ist der zweite Teil unserer Themenreihe zur Jagd. In unserem ersten Artikel bekommt ihr einen Überblick über die vielen Facetten der Jagd. Im nächsten Artikel berichten wir, was Wild für einen Einfluss auf den Wald hat.
Titelfoto: Foto: Sebastian Grell ; hellewelt.de
Daniel Beier
19. Juni 2021 — 09:58
Mein Vater ist auch Jäger und daher kenn ich auch die Sache mit den Waffen. Wir hatten immer jegliche Waffen und auch das Zubehör, wie Magazinerweiterung, im Schrank eingeschlossen. Daher wusste ich auch, dass die Polizei den Schrank jederzeit kontrollieren kommen kann. Ich finde das berechtigt und gut.
Felix
26. Juni 2021 — 12:13
Richtig! Waffen können in falschen Händen für aller Leben gefährlich werden. Schutz vor Fremdzugriff steht deshalb an oberster Stelle. Ich hoffe alle Jäger:innen sind so veratnwortungsvoll wie dein Vater!
Grüße
Felix
rolla
24. August 2021 — 11:08
Danke für den interessanten Beitrag über die Jagd. Ich hatte mich in der letzten Zeit, sehr viel mit dem Jagen auseinander gesetzt und wollte noch andere sichten kennen lernen.
Ich wusste nicht, dass der Jagdschein so umfangreich ist.
Felix
14. September 2021 — 11:20
Vielen Dank! Wir freuen uns, wenn wir mit unseren Beiträgen Wissen vermitteln können und damit die Grundlage für eine faktenbasierte Diskussion schaffen!
Grüße aus Göttingen
Hannes Bartschneider
14. Dezember 2021 — 19:45
In meiner Familie habe ich auch zwei Jäger, denen ich dieses Jahr auch Jagdschmuck zu Weihnachten schenke. Ich wusste jedoch gar nicht, dass die Waffenschränke jederzeit kontrolliert werden können. Aber macht natürlich Sinn.
Nina Hayder
31. Januar 2022 — 06:37
Nina
R.A.
15. Mai 2022 — 16:24
Vielen Dank für diese informative Seite. Ich beschäftige mich gerade mit dem Thema Jagd und der wirklichen Notwendigkeit von Ausmaß und Stil und den damit verbundenen Zahlen im Bezug auf den Holzhandel.
Mein Wunsch ist, dass es bei den Wäldern endlich weniger um die Wirtschaftlichkeit und die Kontrolle als Selbstläufer geht und mehr um die heimische Flora und Fauna. Arten sterben aus, das ist ganz natürlich – können aber auch irgendwann wieder kommen – wie schon so oft geschehen, wenn die Bedingungen wieder günstiger für sie sind. Solche Prozesse sollten nicht vom Menschen gesteuert werden, meiner Meinung nach. Die Artenvielfalt muss man nicht erhalten, da kümmert sich Mutter Natur im perfekten Maß drum und natürliche Selektion gab es schon immer.
Ich kann mir zudem nicht vorstellen, dass es hier wirklich so viele Wildtiere gibt die in Scharen alles abgrasen was an neuen Pflanzen heranwächst, dass es da für neue Triebe keine Überlebenschancen gibt. Das klingt für mich wie ein übertriebenes Horrorszenario zu Selbstrechtfertigung der eigenen Position. Ich habe gelesen, dass allein 135.000 (!) Wildtiere pro Jahr allein durch Kontakt mit Autos umkommen und hinzu kommen 300.000 Jäger, die auch noch ihren Teil beitragen… diese Dimensionen klingen extrem ungesund…
Habt Ihr da Statistiken über die Gesamtanzahl der Wildtiere in Deutschland und wieviele Tiere jährlich bejagt werden?
Wenn diese Logik stimmt, dass alles vom Menschen kontrolliert werden muss, wie kann es dann sein dass natürlich gewachsene Wälder wie zum Beispiel der Regenwald, Jahrtausende ohne Heerscharen von Jägern auskam und die üppigste Flora und Fauna hervorgebracht hat, die man sich vorstellen kann?
Ich habe den Eindruck, dass da immer noch viel zu viel Eingegriffen und kontrolliert wird, wo es nicht wirklich notwendig und gesund ist und natürliche Abläufe einfach nicht mehr verstanden und ‚ausgehalten‘ werden. Wenn Menschen vor ca. 150 Jahren die natürlichen Feinde des Rotwilds ausgelöscht haben, dann muss man auch mit der natürlichen Selbst-Regulierungsbewegung klarkommen, dass es erstmal zu viel Rotwild gibt – und diese Pendelbewegung muss gelebt werden durch die Natur Selbst. Man kann nicht ewig alles kontrollieren und steuern, den Daumen draufhalten oder wegtöten nur um die Auswirkungen von falschen Handlungen und Denkweisen aus der Vergangenheit zu bremsen. Irgendwann wird es so oder so durchbrechen. Das ist die Natur der Dinge, im Kleinen wie im Großen und je mehr man dagegen arbeitet umso heftiger wird die Gegenbewegung sein…
Mich würden auch Zahlen interessieren darüber wieviel Wälder es in Deutschland gibt, die den Tieren wirklich zur freien Verfügung stehen und wieviel Prozent des Forsts der Wirtschaftlichkeit dienen. Ich habe dazu hier leider keine Informationen, obgleich ich die Beiträge zum Holzhandel und der Jagd interessant und informativ fand.
Ich freue mich über Antworten.
Viele Grüße, R.A.
Felix
20. Juni 2022 — 11:24
Moin,
also, zuerst sollte klar sein, dass wir in einer Kulturlandschaft leben. Natürliche Verhältnisse zwischen Wolf/Luchs/Bär und Beute gibt es defacto nicht. Selbst wenn diese vorhanden wären, hätten die pflanzenfressenden Wildtiere so viel Nahrungsangebot, dass die Tiere Räuber gar nicht genug plädieren können. Insbesonderee gibt es auch Gebiete in denen die Räuber nicht leben (können).
Die Wirtschaftlichkeit der Wälder ist enorm wichtig. Nicht im Sinne des Geldes, sondern der Bereitstellung des Rohstoffs Holz. Dein Haus, Dein Tisch, Dein Bett. Sicher wird vieles bei Dir aus Holz sein. Ohne dieses Holz, würdest Du (und 80 Mio. andere) wahrscheinlich kaum leben können. Außerdem müssten diese Holzmengen durch sehr energiereiche Stoffe ersetzt werden, was dem Klimawandel schaden würde. Dazu weitere Artikel hier bei uns.
Die Jagd-Streckenergebnisse findest Du auf der Seite des Deutschen Jagdverbandes: https://www.jagdverband.de/zahlen-fakten/jagd-und-wildunfallstatistik/jagdstatistik-fuer-einzelne-wildarten
Dass die jungen Triebe und Bäume aufgefressen werden kannst Du gut an sogenannten Weisergattern erkennen. Auch sehr lesenswert ist der Wald-Wild-Konflikt: https://www.univerlag.uni-goettingen.de/bitstream/handle/3/isbn-978-3-941875-84-5/GoeForst5_Ammer.pdf;jsessionid=8C4AE777935BF24BC2D5F30F850D7E04?sequence=4
Der Regenwald bspw. im Amazonas ist in keinsterweise mit dem unserer Breitengrade vergleichbar. Einwirkungen von Gletschern und eine Jahrhunderte alte Überprägung durch Bewirtschaftung machen hier einen riesen Unterschied.
Die Rückkehr der natürlichen Prädatoren wird von vielen Försterinnen und Förstern befürwortet. Der Wille zur Regulation ist weniger vorhanden als Du dir vielleicht vorstellst. Das Arbeiten mit der Natur (Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft mal beispielhaft genannt) wird immer mehr „Standard“. Man muss auch sagen, dass viele Försterinnen und Förster sich „wünschen“ irgendwann nicht mehr zu jagen und das Wild von selbst reguliert wird. Aber wie gesagt, in einer Kulturlandschaft wie sie in Deutschland vorherrscht ist das nahezu unmöglich.
Wirklich den den Tieren überlassen werden wahrscheinlich nur die Nationalparke. Wobei auch hier häufig gejagt wird.
Beste Grüße
Felix
Nina Hayder
5. Dezember 2022 — 11:17
Ich wusste noch nicht, dass ein ungesunder Tierbestand dem Wald schädigt. Daher finde ich es gut, dass man durch geeignete Forsttechnik dies beseitigen kann. So bleibt der Wald gesund.