Heute geht es um die wohl am meisten bei uns in Verruf geratene Baumart aus der Reihe “Unsere Bäume” – Die Gemeine Fichte. Die in den Medien so genannten Fichtenplantagen sterben seit den letzten drei Jahren großflächig ab und hinterlassen riesige kahle Flächen. Der Hauptgrund: Der Klimawandel. Große Teile der Bevölkerung geben der Forstwirtschaft die Schuld für das heutige Waldsterben. Weshalb diese Vorurteile nicht ganz richtig sind und ob die Fichte noch eine Zukunft in unseren Wäldern hat, erfahrt Ihr in diesem Artikel!

So sieht eine bereits aufgeräumte Kalamitätsfläche aus. Lediglich die Laubbäume haben überlebt.

Was zeichnet die Fichte aus?

Die Fichte kann ein Alter von 600 Jahren, 50 Meter Höhe und zwei  Meter Durchmesser erreichen. Sie hat ihr natürliches Verbreitungsgebiet in der Taiga. Dort gibt es lange, schneereiche Winter und kühle Sommer mit wenig Niederschlag. In Deutschland beschränkt sich ihre natürliche Verbreitung auf die höheren Mittelgebirge, wie dem Harz oder Schwarzwald und die Alpen. Allerdings besteht aktuell etwa ¼ der Waldfläche Deutschlands aus Fichte. Durch ihren geringen Wasser- und Nährstoffbedarf gilt sie als eine sehr genügsame und robuste Baumart, die dafür weniger gut mit Trockenheit und Überflutungen zurecht kommt.

Wusstest Du schon…?
Eine Fichte von einer Tanne zu unterscheiden ist ganz leicht . Fasst einfach mal die Nadeln an. Wenn die Nadeln spitz sind und es sich unangenehm an der Hand anfühlt, handelt es sich um eine Fichte. Tannennadeln sind viel weicher, da sie eine abgerundete Spitze besitzen. Also merke: “Fichte sticht, Tanne nicht.”

Wie eine Baumart den deutschen Wald erobert

Wie ist es nur dazu gekommen, dass wir so riesige Fichtenbestände außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes haben? Um das zu beantworten, müssen wir ein paar Jahrhunderte in die Vergangenheit blicken. Unser Fichtenanbau begann im 18. Jahrhundert in Folge des extrem hohen Holzverbrauches durch Bergbau und anderen Branchen, denen viele Wälder zum Opfer fielen. Eine schnell wachsende Baumart musste also her. Die “Kleine Eiszeit” vom 15. bis 19. Jahrhundert, mit einer leicht kühleren Durchschnittstemperatur, brachte gute klimatische Voraussetzungen für die Fichte. 

Links vom Weg sieht man bereits viele abgestorbene Fichten. Rechts sehen sie eigentlich noch gesund aus. Doch der Schein trügt.

Ein Zeitsprung ins 20. Jahrhundert offenbart, dass viele Wälder während der beiden Weltkriege zerstört wurden. Darüber hinaus musste Deutschland im Rahmen der Reparationszahlungen 10 Prozent der deutschen Waldfläche kahl schlagen und an die Siegermächte des 2. Weltkrieges abgeben. Die entstandenen Freiflächen mussten irgendwie wieder bewaldet werden. Man setzte auf die Baumart, die auch schon die letzten Jahrhunderte gute Dienste geleistet hatte: Die Fichte. Die Baumartenwahl erfolgte also viel mehr aus der Not heraus, als dass sie gut durchdacht war. Und genau die Bäume aus dieser Zeit fallen den aktuellen Sturm- und Borkenkäferkalamitäten zum Opfer. Aber können wir den damaligen Entscheidungsträgern wirklich einen Vorwurf machen? Es ist doch viel wichtiger, aus diesen Erfahrungen zu lernen und es für die Zukunft anders zu machen! Falls Ihr noch mehr über unsere Forstgeschichte erfahren wollt, dann schaut doch gerne mal in unseren Artikel rein.

Was genau ist eigentlich das Problem der Fichte?

Wegen des ungeeignetes Standortes sind diese Fichten durch einen Sturm entwurzelt worden und umgekippt.

Hier kommen mehrere Faktoren zusammen. Sie kommt zwar gut mit Nährstoffmangel und Kälte zurecht, aber leider nicht mit Trockenheit oder Überflutung. Und genau diese letzten beiden Faktoren häufen sich durch den Klimawandel immer mehr: Lange Trockenperioden und kurze, aber heftige Regenschauer.

Durch die klimatischen Probleme, wie der lang anhaltenden Trockenheit oder zunehmende Sturmereignisse, haben Borkenkäfer bei den vorgeschädigten Fichten leichtes Spiel. Diese Sekundärschädlinge finden so viel geeignetes Brutmaterial, sodass es zu Massenvermehrungen kommt. Da die Fichten meistens in riesigen Reinbeständen dicht zusammenstehen, ist der Weg für die Käfer bis zum nächsten potentiellen Brutbaum nicht weit.

So sieht es in großen Teilen des Harzes aus. Die Trockenheit und der Borkenkäfer zollen ihren Tribut.

Und zum Schluss kommt als weiterer Faktor die Standortwahl hinzu. Viele Fichten stehen, unabhängig vom Klimawandel, auf ungeeigneten Standorten. Auf nährstoffreichen Kalk-, verdichteten oder vernässten Standorten kommt es zur Rotfäule und deswegen zu einer erhöhten Windwurfgefahr. Hier könnt Ihr noch mehr über den Boden erfahren.

Wusstest Du schon…?
Old Tjikko ist der vermutlich älteste Baum der Welt. Die rund 9.500 Jahre alte Fichte steht im schwedischen Fulufjället Nationalpark und wird dort streng geschützt. Besichtigungen sind nur im Rahmen einer Führung möglich.

Brotbaum der Forstwirtschaft

Diesen Titel verdankt die Fichte ihren besonderen Eigenschaften. Schnelles Wachstum und geringe Standortansprüche, gepaart mit guten Holzeigenschaften, machen diesen Baum zu der wichtigsten Baumart der letzten Jahrhunderte. Früher hat man sie hauptsächlich als Brenn- und Bauholz verwendet. Heutzutage erweitert sich diese Bandbreite um Paletten und Zellstoff, aber man nutzt Fichtenholz auch für den Bau von Instrumenten.

Weshalb setzen Waldbesitzer:innen immer noch auf Fichte?

Trotz der ganzen Probleme, die die Fichte zur Zeit hat, halten viele, vor allem private Waldbesitzer:innen, immer noch an ihr fest. Das kann verschiedene Gründe haben und hängt stark von den individuellen Zielen der Waldbesitzenden ab. Generell sind Nadelbäume anspruchsloser als viele Laubbaumarten und benötigen weniger Pflege. Außerdem können sich einige Leute eine Aufforstung der ganzen Freiflächen mit teuren Eichen oder Buchen einfach nicht leisten. Durch den Preiseinbruch beim Stammholz durch die riesige Menge an Kalamitätsholz wurde nicht genügend Profit generiert. Deshalb muss man auf Naturverjüngung setzen oder günstigere Baumarten pflanzen. Und da ist die Fichte mit etwa 2700 € pro Hektar die Günstigste. Zum Vergleich: Für einen Hektar Buchenkultur kann man mit etwa 8.400 Euro kalkulieren. Tatsächlich spricht grundsätzlich auch nichts gegen den Anbau von Fichte, wenn ein paar Grundregeln beachtet werden:

In den höheren Lagen der Mittelgebirge kann die Fichte auch in der Zukunft eine Chance haben.
  1. Nicht in Gebieten mit hoher Sturm- oder Überflutungsgefahr
  2. Nie auf Kalkstandorten
  3. Nicht in Gebieten mit sehr milden Wintern bzw. zu warmen Sommern
  4. Immer nur als Mischbaumart mit anderen Baumarten zusammen

Was haltet Ihr von der Fichte? Würdet Ihr dieser Baumart noch eine Chance geben oder denkt Ihr, sie hat in unseren Wäldern keine Zukunft mehr? Wir sind gespannt auf Eure Meinung!

Quellen:

Vorlesungsfolien Öder: Ökologie der Gehölze
Vorlesungsunterlagen Keune: Privat- und Körperschaftswald
https://www.wald.de/waldwissen/laubbaum-nadelbaum/nadelbaumarten/die-fichte-picea-abies-l/