Was ist Forstwirtschaft? Ein Überblick über die Arbeit von Förster:innen

Was machen eigentlich Förster:innen und was ist Forstwirtschaft? Diese Fragen waren vor zwei Jahren einer der Auslöser für unser Forst erklärt-Projekt. Seitdem ist es aber auch eine Frage, die uns in unserem Schaffen hier auf der Seite und auch bei Instagram oder YouTube immer wieder begleitet. Denn so richtig auserzählt ist die Antwort auf diese Frage wohl nie. In diesem Artikel wollen wir Euch erneut mitnehmen in die Arbeit von Förster:innen. Heute soll es um die Forstwirtschaft, also um die Holzernte und die Produktion von Holz als einen wertvollen, nachwachsenden Rohstoff gehen!

Ein Forstwirt auf dem Weg zur Arbeit.

Produktion, Wert, Rohstoff – Das klingt für Euch jetzt alles vielleicht erstmal etwas befremdlich und nicht nach dem, was die meisten Menschen mit dem Wald verbinden. Aber unsere Wälder sind eben nicht nur tolle Erholungsräume, Lebensräume, Wasserfilter und CO2-Speicher, sondern eben auch Holzproduzenten. Wir Forstleute sind in der Verantwortung all diese Funktionen zu wahren und ein Gleichgewicht herzustellen. Worauf wir dabei achten müssen, und was alles zur Forstwirtschaft dazu gehört wollen wir in den nächsten Zeilen erklären.

Wertvolles Holz aus der Forstwirtschaft

Wenn wir von “Holz” sprechen, dann ist das eigentlich ein viel zu umfassendes Thema, um es in diesem kleinen Artikel zu erklären. Zum Glück haben wir dazu schon einige andere Texte verfasst, die wir Euch wärmstens empfehlen wollen. In diesem Artikel geht es zum Beispiel darum, wie man mit Holz Geld verdient! Kurz zusammengefasst, brauchen wir in den meisten Fällen möglichst langes, gerades Holz mit wenigen Ästen. Stellt Euch nur mal einen Dachstuhl vor, der krumm und schief ist, oder ein Weinfass mit lauter Astlöchern. Umso gerader und astfreier Holz ist, Desto wertvoller ist es also auch. Der Verkauf von Holz ist die Haupteinnahmequelle in Forstbetrieben. Man kann fast sagen, dass mit dem Geld aus dem Holzverkauf alle anderen Aufgaben des Waldes finanziert werden. Daher ist es das Bestreben von Förster:innen, möglichst wertvolles Holz zu produzieren.

Wie produziert die Forstwirtschaft Holz?

Bei der Holzernte wird extrem auf die Arbeitssicherheit geachtet.

Um lange, gerade und astfreie Stämme ohne Schäden an der Borke zu schaffen, greifen wir Menschen der Natur oftmals unter die Arme. Denn von Natur aus wachsen Bäume (je nach Baumart) zwar gerade in den Himmel –  aber meistens nicht so perfekt wie es unser Holzbedarf verlangt. Dies sollte aber immer eine Arbeit mit der Natur sein. Förster:innen sprechen hier in der Verbindung von natürlichen Prozessen und forstlichem Handeln von “biologischer Automation”. Und diese Arbeit beginnt schon mit dem Keimen des Baumes. 

Selbstgewachsen oder Selbstgepflanzt?

Wenn ein neuer Wald heranwächst, sprechen Forstleute von der Bestandesbegründung. Diese kann entweder vollkommen natürlich entstehen, indem ältere Bäume ihren Samen verteilen, aus dem dann neue Bäume wachsen (die Rede ist dann von Naturverjüngung). Oder mit Hilfe von Forstwirt:innen, die neue Bäume aussäen oder kleine Bäume aus Baumschulen pflanzen.

Im Studium und im Wald: Ein Leben voller Konkurrenzdruck

Nachdem ein Baum gepflanzt wurde, oder von selbst durch Naturverjüngung gekeimt ist, beginnt sein Wachstum. Besonders in den ersten Jahren hat er es nicht leicht. Denn er konkurriert stets mit anderen Bäumen und Pflanzen um Wasser, Licht und Nährstoffe. Gerade während dieser Anfangsphase kommt es oft vor, dass andere Vertreter:innen des Ökosystems Wald die Bäume überholen und der jungen, aufstrebenden Pflanze ein jähes Ende setzen. Zu diesen Vertreter:innen zählt zum Beispiel unser Wild, welches besonders im Winter die Knospen der Bäume als schmackhafte Nahrungsquelle schätzt. Ist eine Knospe aber erstmal abgefressen, kann aus ihr kein neuer Zweig und kein neues Blatt entstehen. Hier greift der Mensch nun ein und reduziert durch die Bejagung des Wildes den Druck, den das Wild auf den Wald ausübt. Diese ganze Thematik ist natürlich extrem komplex. Wenn Ihr Euch damit weiter beschäftigen wollt, empfehlen wir unsere Artikelreihe “Warum wir jagen (müssen)”.

Doch das Wild ist nicht die einzige Herausforderung, die ein junger Baum zu bestehen hat. Besonders auf Freiflächen sind Kräuter und Büsche oft schneller im Wachstum und überwuchern die jungen Pflanzen. Auch hier greifen wir Menschen durch die Forstwirtschaft wieder ein, um unsere Bäume zu fördern und so einen Wald nach unseren Bedürfnissen zu schaffen. 

Abgestorbene Waldflächen können neu bepflanzt werden – oder die Arbeit wird der Natur überlassen, wie hier im Harz.

Ein beliebter Ferienjob für Studierende der Forstwirtschaft ist, in den Semesterferien frisch gepflanzte Waldflächen von Brombeeren und anderem Gestrüpp zu befreien, damit die Bäume ungehindert wachsen können. 

Rangeleien in der Pubertät

Wenn die Bäume dann größer werden, und Wild und Brombeeren nicht mehr eine so große Bedrohung darstellen (man spricht auch von “aus dem Äser”, also dem Maul der Rehe, gewachsen), beginnt die Konkurrenz der Bäume untereinander. Da wir als Förster:innen einen stabilen Mischwald begründen wollen, greifen wir auch hier wieder der Natur etwas unter die Arme. Wir entfernen die Bäume, die krumm und schwach sind, und andere, gut gewachsene Bäume bedrängen. Hierbei können wir auch Einfluss auf die Baumartenzusammensetzung unseres Waldes nehmen. Dies tun wir, indem wir Baumarten, die wir behalten möchten, fördern und Arten, von denen zu viele existieren oder die bspw. nicht mehr mit dem kommenden Klima zurechtkommen, fällen. Gleichzeitig entfernen wir bei manchen Bäumen auch die Äste, um ein möglichst langes, astfreies Stammstück zu erhalten. Man spricht hier auch von Wertastung.

Besonders im Jugendstadium haben Bäume viele Konkurrenten.

Bei all diesen Eingriffen ist es aber wichtig, nicht die anderen Funktionen des Waldes zu vergessen. So wird darauf geachtet, dass  Bäume, in denen Tiere leben, nicht gefällt werden. Das können Greifvögel-Horste sein, aber auch Bäume mit Baumhöhlen, in denen Fledermäuse, Siebenschläfer, Vögel und Insekten  leben. Gleichzeitig werden auch besonders gewachsene, besonders alte, besonders markante, oder einfach besonders schöne Bäume geschützt und als Habitatbaum gekennzeichnet. Und auf der anderen Seite müssen Bäume, die zu nah an Straßen stehen, oder die anderweitig eine Gefahr für Waldbesucher:innen darstellen können, gefällt werden. Und so gibt es verschiedenste Gründe, aus denen Bäume gefällt werden, und für die Förster:innen das Ökosystem Wald gestalten.

It’s a long way to the top

Es sind also ziemlich viele einzelne Schritte über einen sehr langen Zeitraum, die nötig sind, bis ein Baum einen hohen Wert erreicht. Viele Bäume haben gar nicht das Potenzial, überhaupt mal ein wertvolles Stück Holz zu werden. Das ist aber völlig okay, denn jeder einzelne Baum übernimmt eine wichtige Funktion im Ökosystem Wald. Wenn ein Baum dann aber hoch gewachsen und astfrei ist und eine ordentliche Stärke erreicht hat (Förster:innen sprechen hier von Zielstärke), dann kann er gefällt werden. Das läuft so ab, dass zunächst die Förster:innen die zu fällenden Bäume mit Sprühfarbe markieren. Als nächstes fällen dann Forstwirt:innen diese Bäume, teilen sie in Abschnitte, die zuvor vom Förster oder der Försterin vorgegeben wurden, und entfernen die Äste. Damit bei all diesen Arbeitsschritten kein Chaos entsteht, schreiben Förster:innen einen Arbeitsauftrag. Das ist eine Zusammenfassung aller Informationen, die Forstwirt:innen brauchen, wenn sie Bäume fällen. Ganz wichtig bei der Arbeit mit der Motorsäge ist die Arbeitssicherheit – deswegen sind im Arbeitsauftrag auch immer ein Rettungsweg, sowie weitere Informationen zur Sicherheit angegeben.

Wusstest du schon…?
Die Zielstärke ist der BHD, eines Baumes, bei dem er dick genug ist, um gefällt zu werden. Oft gibt das die Verwendung der Holzart vor. Das Höhenwachstum bei Bäumen verringert sich mit steigendem Alter immer weiter. Die genaue Zielstärke eines Baumes ist aber sowohl von der Baumart als auch von wirtschaftlichen Zielen abhängig.

Aus dem Wald an den Waldweg

Forwarder rücken das Holz zu so genannten Poltern.

Um die gefällten Bäume aus dem Wald zu bekommen, werden die Stämme zunächst von so genannten Rückemaschinen an den Waldweg transportiert. Das passiert entweder mit langen Stahlseilen oder auch mit Greifarmen, die an die Maschinen montiert sind. Am Waldweg bilden Forstleute dann verschiedene Sortimente. Auf so genannten Poltern sammeln Förster:innen Stämme, die eine:n gleichen Käufer:in haben. Da jeder Baum anders gewachsen ist und jede:r Holzkäufer:in eigene Ansprüche hat, ist das manchmal eine ziemliche Puzzelei, bis alle Polter gebildet sind. Förster:innen müssen dann den Holzkäufer:innen Bescheid geben, wo das Holz liegt, damit diese es mit LKWs aus dem Wald transportieren können. Ganz am Schluss kann der Förster oder die Försterin dann eine Rechnung für den Holzverkauf schreiben. Wenn Ihr wissen wollt, was für Zahlen auf so einer Rechnung stehen, schaut doch mal in unserem Artikel vorbei. Dabei denkt man oft an die vielen Jahre und Stunden an Arbeit, die in so einen Baumstamm geflossen sind.

Das Wort zum Sonntag

Wenn man sich die Holzgegenstände anschaut, die uns täglich umgeben, vergisst man oft, wie viel Zeit, Geld und Arbeit in diesem Holz steckt, und auch wie viele Faktoren auf das Wachstum des Baumes Einfluss hatten. Gleichzeitig neigt man manchmal auch dazu, die Nutzung von Holz und die Forstwirtschaft generell in Frage zu stellen und zu rufen “lasst den Wald doch einfach in Ruhe!”. Aber wir Menschen leben nunmal in einer vom Konsum geprägten Welt. Und Holz ist einer der wenigen wirklich nachhaltig zu erwirtschaftenden, nachwachsenden Rohstoffe, die wir haben. Zusätzlich speichert Holz auch noch Kohlenstoff und hilft uns so enorm im Kampf gegen den Klimawandel.

In unserem Studium und auch bei den vielen Filmdrehs durften wir überall in Deutschland Forstleute kennenlernen, die sich dafür einsetzen den Wald als wertvolles Ökosystem zu schützen und gleichzeitig auch das Holz zu nutzen. In vielen Wäldern kann man wunderbar sehen, dass beides gleichzeitig möglich ist. Und mit unserem Projekt möchten wir Euch zeigen, wie das aussieht. 
Hättet Ihr gedacht, dass es so viel Arbeit ist, bis man einen Baum fällen kann? Und war Euch klar, dass Forstwirtschaft immer eine Arbeit mit der Natur ist? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!

Quellen:

https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/bundeswaldinventur3.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Beruf Forstwirt. Joachim Morat. 7., aktualisierte Auflage 2019 ISBN 978-3-8186-0790-6. Waldbau auf ökologischer Grundlage von Ernst Röhrig, Norbert Bartsch, Burghard von Lüpke ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3825283100

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